Heute hätte Eunice Kathleen Waymon, die vielen wohl als Nina Simone bekannt war, ihren 90. Geburtstag gefeiert. Leider sorgt die legendäre US-amerikanische Jazz- und Blues-Sängerin, Pianistin, Songschreiberin und Bürgerrechtsaktivistin mittlerweile für Standing Ovations im Musikerhimmel, denn sie starb am 21. April 2003 im Alter von 70 Jahren. Hach, wie schön wäre es wenn viel mehr interessierte Ohren wüssten, dass die nahezu einzig wahre – Muse mal außen vor – Version von „Feeling Good“ von der Grande Dame des Jazz stammt (und nicht von diesem Schmonzetten-Bublé)…
Man mag ihr vieles vorhalten können, jedoch kaum, das Credo „Carpe diem“ nicht gelebt zu haben, bevor sie in den oft beschworenen (und unlängst von Thees Uhlmann auch besungenen) „Club 27“ einkehrte… Heute wäre Janis Joplin80 Jahre alt geworden.
Ach, guck mal – wieder ein Jahr rum… Natürlich würde dem voraussehbaren Anlass auch Gisbert zu Knyphausens „Neues Jahr“ ausgezeichnet zu Gesicht stehen. Oder auch Death Cab For Cuties ewiggrüner Jahresanfangseinläutungssong „The New Year„, welcher hier schon des öfteren die folgenden zwölf Monate einläuten durfte.
Aber warum nicht einmal mit ebenjenen Traditionen brechen und 2023 mit etwas lauteren und – die letzten Jahre waren ja in vielerlei Belang doch schon dezent suboptimal – übellaunigeren Tönen beginnen? Kannsteeigentlichnixgegensagen. Gerade auch, wenn selbige von Thursday stammen und im vergangenen Annum rundes zwanzigstes Jubiläum feierten (sowie zudem auch stimmungsmäßig viel von der aktuell vorherrschenden Grundstimmung widerspiegeln, wie die Ankündigung dieser Live-Version belegt). Jau, da macht das kleine Emo-Herz glatt ’nen Dreisprung! We call it a Klassiker.
Ja denn also: Einen ganz uneitlen Toast auf ANEWFRIEND, schließlich feiert dieser mein bescheidener Blog heute sein nunmehr 11. digitales Wiegenfest. Und auf uns. Und, natürlich: auf euch. Bleibt gesund und ganz ihr selbst – und schaut ab und an mal hier vorbei, wannimmer ihr Böcke auf etwas Zerstreuung habt… Merci vielmals, von Herzen. 🖤
Don’t even take a breath The air is cut with cyanide In honor of the new year
The press gives us cause to celebrate: These air raid sirens Flood barbed-wired skylines By artifical night As we sleep to burn the red From our bloodless lives Tonight we’re all time bombs on fault lines
Have we lost everything now? Walking like each others ghosts Around these silent streets (the seditatives tell you everything is alright) Like calendars dying at new year’s eve parties As we kiss hard on the lips And swear this year will be better than the last
Jet black – the ink that spells your name Jet black – the blood that’s in your veins Jet black – We say, ‚how long can we take this chance not to celebrate?‘
There’s music playing But we dance to the beat Of our own black hearts And draw diagrams Of suicide on each others wrists Then trace them with razorblades
Fire to flames ’strike match.‘ Burn these words from our lips As the dagger screams ‚Love is dead.‘ and it’s a ’newspaper tragedy.‘
Have we lost what we love? Have we said everything? Does it change everything? Stare at the clock Avoid at all costs This emptiness
Have we lost everything now? Walking like each others ghosts Around these silent streets (the seditatives tell you everything is alright) Like calendars dying at new year’s eve parties As we kiss hard on the lips And swear this year will be better than the last
Have we lost everything now? Walking like each others ghosts Around these silent streets (the seditatives tell you everything is alright) Like calendars dying at new year’s eve parties As we kiss hard on the lips And swear that this year… this year…
Ten seconds left until midnight nine chances to drown ourselves in black hair dye eight faces turned away from shock seven windows and six of them are locked five stories falling For ever and ever three cheers to the mirror now there are two of us. Can we have one last dance?
Jet black – the ink that spells your name Jet black – the blood that’s in your veins Jet black – We say, ‚how long can we take this chance not to celebrate?‘
Jet black – the ink that spells your name Jet black – the blood that’s in your veins Jet black – We say, ‚how long can we take this chance not to celebrate?'“
Hier geht es nicht um die Beatles. Doch, vielleicht – und nahezu unweigerlich – auch, ein bisschen, immer wieder. Aber in erster Linie soll er im Mittelpunkt stehen: ein Stehaufmännchen, seit über 60 Jahren. Ein scheinbar Unkaputtbarer in einer Welt, in der Erfolg und Misserfolg nicht mehr von Platten, sondern vielmehr von Klicks, Followern oder Streams abhängig sind. Ein Alleskönner, der zwar offiziell den Bass bedient, aber schon eine ganze Reihe von Alben völlig im Alleingang eingespielt hat. Natürlich ein analoger Dinosaurier, mitnichten zeitlos, sondern bewusst retro, immer mit einem sperrangelweit offenen Fenster in Richtung Vergangenheit, in der längst nicht alles, aber möglicherweise wenigstens die Musik besser war. Eine Novität? Nope, natürlich nicht. Das Phänomen ist nicht neu, wir kennen es von den Rolling Stones, Bruce Springsteen, Carlos Santana, Roger Waters, Elton John… Mal mehr, mal weniger in die Jahre gekommene Rockstars, die auch 2022 noch Massen anziehen und für Konzerte Höchstpreise aufrufen können (wer’s nicht glaubt, der darf sich gern mal zu Gemüte führen, was benannte Mick, Keef und Co. fürs Dabeisein bei ihrem diesjährigen Gastspiel in der Berliner Waldbühne verlangen). Da fragt man sich schon: Was machen sie anders als die Jungen?
Am Beispiel von Sir James Paul McCartney (dem nun sogar ein weiteres Upgrade im Adelsregister winkt), der vor 80 Jahren – am 18. Juni 1942 – in Liverpool als Sohn des Kaufmanns James McCartney und der Krankenschwester Mary Patricia McCartney zur Welt kam, lässt sich das Mysterium vielleicht entschlüsseln. Ihn gibt es gefühlt schon genauso lange wie die Chinesische Mauer, das Taj Mahal, den Mount Everest, die Queen. Den Mann heute noch auf der Bühne zu erleben, fühlt sich war in jedem Moment besonders und wie ein Privileg, jedoch irgendwie auch seltsam an, so als würde man einem Wesen aus einer anderen Zeit begegnen. Als hätte er ein unglaubliches Abenteuer überstanden – die Reise zum Mittelpunkt der Erde, 20.000 Meilen unter dem Meer, von der Erde zum Mond.
Ein Leben ohne die Songs des charmanten, oft noch immer spitzbübisch lächelnden Genies, das man mit Fug und Recht auf eine Stufe mit Mozart, Beethoven, Bach stellen kann? Undenkbar. Seit Generationen findet jeder – in Helsinki ebenso wie in Johannesburg, in Los Angeles ebenso wie in Berlin, Wladiwostok, Abu Dhabi, Peking, Dakar, Kopenhagen oder Lima, garantiert wenigstens eine „klassische“ McCartney-Komposition in seiner musikalischen DNA. „Yesterday“ zum Beispiel, „Let It Be“ oder „Lady Madonna“ etwa, die Kracher seiner 1970er-Band Wings wie „Live And Let Die“, „Jet“ und „Band On The Run“, die Achtziger-Hits „Say Say Say“, ein Duett mit dem anderen Superstar jener Zeit, Michael Jackson, oder „Ebony And Ivory“, bei dem wiederum ein gewisser Stevie Wonder mit ans Mikro trat, sowie „Hope Of Deliverance“ aus den frühen Neunzigern.
Ohne Frage – der Mann ist längst eine lebende Legende. Warum? Nun, das Publikum liebt nun mal verlässliche Konventionen, es braucht standhafte Helden, die es ein Leben lang begleiten, selbst wenn jene Heroen am Schluss manches Mal als nahezu Halbtote auf die Bühne gerollt werden (müssen). Bei „Macca“, wie ihn seine Fans nennen, hat bislang zum Glück – beinahe – nur die Stimme gelitten, nicht jedoch sein Elan, seine beneidenswerte Neugier, sein verblüffender Geschmack und sein verlässlicher Sensor für aktuelle Trends. Beste Beispiele: „Cut Me Some Slack„, ein durchaus derber Rocker als Teil der sehenswerten 2013er „Sound City„-Musikdoku, für den er sich mit Dave Grohl, Krist Novoselic und Pat Smear (also im Grunde Nirvana ohne den verstorbenen Kurt Cobain) zusammentat, oder „FourFiveSeconds“, die ohrwurmige Kollaboration mit Kanye West und Rihanna von 2015. Ein gleichsam innovativer wie spinnerter Rapper, eine erfolgreiche R’n’B-Musikerin und ein Ex-Beatle – mon Dieu, was für eine Kombination!
Und es ist schlechterdings ja ohnehin unmöglich, Paul McCartneys Einfluss auf die Musikgeschichte und heutige Popmusikszene adäquat zu erfassen. Aber um es dennoch auf einen einfachen Nenner zu bringen: Schlichtweg alles, was nach 1966 in der U-Musik geschrieben wurde, wäre ohne sein Schaffen so kaum möglich gewesen. Selbst der Heavy Metal, der Bands wie Black Sabbath, Deep Purple oder Metallica nach oben spülte, geht, wenn man so mag, auf ihn zurück. 1968 las Paul, dass ein Musikkritiker die The Who-Nummer „I Can See For Miles“ als den „lautesten, unerträglichsten und obszönsten Song aller Zeiten“ niedermachte. Das reizte ihn. Also schrieb er seinerseits „das lauteste und härteste Lied aller Zeiten“: Es trug den Titel „Helter Skelter“, erschien 1968 auf dem „Weißen Album“ der Beatles und wurde kurz darauf von einem gewissen Charles Manson, seinerseits ein großer Verehrer der „Fab Four“, für dessen morbide Weltveränderungsfantasien zweckentfremdet. Ja, Musik nimmt manchmal seltsame Wege…
Dabei galt Paul McCartney oft genug eher als Weichspüler, lange nannten sie ihn „Haferschleimbubi“ (was auch daran liegen mag, dass sich der Brite seit vier Jahrzehnten vegan ernährt), „Schnulzenheini“ oder „Kitschbeauftragter“. Die jungen Revoluzzer hielten in Beatles-Gefilden mehr zu John, die alten Spießbürger mehr zum verlässlichen Paul. Und er war schon immer Jazzfan, was sich früher in einigen Songs („When I’m Sixty-Four“) und 2012 gar in einem ganzen Album („Kisses On The Bottom“) niederschlug.
Aber nun müssen wir uns doch ein wenig mit den Beatles beschäftigen. Und mit „Maccas“ wohlmöglich größtem Coup. Es geht um „Hey Jude“, jenen Song, den Paul am 29. Juli 1968 für Julian Lennon, den Sohn seines Mitstreiters und kongenialen Songwriting-Partners John, geschrieben hatte. Der litt – wie Paul selbst – unter der neuen Liebe von John zur Aktionskünstlerin Yoko Ono (für die John Lennon Julians Mutter Cynthia verließ). Für alle Jüngeren und Nicht-Hipster: Damals, in einer Zeit lang, lang vor YouTube, Spotify und Co., gab es Singles; kleine, schwarze Vinylscheiben mit 45 Umdrehungen, für deren Erwerb man sich noch höchstselbst in den nächstgelegenen Plattenladen des Vertrauens begeben musste. Und „Hey Jude“ galt zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung mit seinen über sieben Minuten als bislang längste Single der Musikgeschichte und zugleich größter finanzieller Erfolg der Beatles. Der Höhepunkt eines weltumspannenden Musikwunders und zugleich der Anfang vom Ende der „Beatlemania„.
Spätestens mit „Hey Jude“ stieg McCartney zum Alleinherrscher über die erfolgreichste Band des Planeten auf. In dem Song traf Sentiment auf Monomanie, Kitsch auf Kunst, und alles mündete darin, dass neunzehn Mal, wie ein Mantra, das die Welt retten sollte, der „Na-na-na“-Unsinnsvers wiederholt wurde. Der weitaus bessere, instinktbewusstere, kommerzorientiertere Musiker hatte über sein gleichsam charismatisches wie in seiner beständig überbordenden Kreativität chaotisches Alter Ego John Lennon gesiegt. Die Band spielte den Song nie wieder, und McCartney, erbost darüber, dass John, George und Ringo das Beatles-Imperium nach dem Tod von Brian Epstein dem zwielichtigen Manager Allen Klein in den Rachen geworfen hatten, verkündete schließlich im April 1970 das Aus der „Fab Four“ – und das auf sehr spezielle Weise: am 17. April – knapp einen Monat vor „Let It Be„, dem großen Album-Schwanengesang der Band – brachte „Macca“ nicht nur sein im Alleingang aufgenommenes Solo-Album „McCartney“ heraus, bei dem er bereits Abstand von den drei anderen Beatles gewonnen und sämtliche Instrumente selbst eingespielt hatte. Den ersten hundert Exemplaren legte er auch eine selbst verfasste Presseerklärung bei. Darin enthalten: Erstens Informationen zur Entstehung der LP; zweitens erklärte er in selbiger seinen Austritt bei den Beatles. *hach* Die Anfänge als junge, wilde Barband im verruchten Hamburger Stadtteil St. Pauli, erste Hits wie „Love Me Do“ und der schnelle, rasante Aufstieg zu Weltstars, die zwar irgendwann das Konzertspielen weitestgehend an den Nagel hängten (kein Wunder bei der Masse an hysterisch schreienden und reihenweise in Ohnmacht fallenden Teenagern), dafür jedoch das künstlerische Medium des „Albums“ auf ewig veränderten – alles hinlänglich bekannte Popmusikgeschichte.
Nach der freilich von ebenso viel Mediengetöse wie vielen Fantränen begleiteten Trennung der Beatles und ohne die Inspiration durch den Austausch mit John Lennon fiel McCartney kurzzeitig in ein tiefes kreatives Loch, zog sich mitsamt seiner Familie in die schottische Einöde zurück – und besann sich ebendort, fernab des Glamours und Rockmusikzirkus‘, auf seine Wurzeln. Und siehe da – die Kreativität hielt schnell wieder Einzug. Im August 1971 gründete Paul die Band Wings. Mit an seiner Seite war seine erste Ehefrau Linda McCartney, mit der er seit 1969 – und bis zu ihrem Krebstod im Jahr 1998 – verheiratet war. Mit den Wings platzierte McCartney zahlreiche Hits wie „Jet“, „Silly Love Songs“ oder „Band On The Run„. Es war das erfolgreichste Projekt eines Ex-Beatles. Allen Post-Beatle’schen John Lennon-Evergreens wie „Imagine“, „Give Peace A Chance“ oder „Working Class Hero“ hatte Paul es – wenngleich im inoffiziellen Fernduell – schon wieder geschafft. Mit 12 Top-Ten-Singles in Großbritannien sowie 14 Top-Ten-Hits in den USA, von denen es fünf auf die Nummer 1 schafften, machte er die Band zu einer der ruhmreichsten der Siebzigerjahre. „Live And Let Die“, der Titelsong zum 1973er James Bond-Film gleichen Titels, wurde für einen Oscar nominiert. Und mit „Mull Of Kintyre“ setzte er im Jahr 1977 einen weiteren, einmal mehr sehr speziellen Meilenstein: Der Song war nicht nur in zahlreichen Ländern ein Nummer-1-Hit, sondern auch die erste Single, die sich in Großbritannien über zwei Millionen Mal verkaufte. Der schottisch-folkloristisch angehauchte Popsong überrundete sogar die Beatles-Hits in den europäischen Listen der ewigen Bestseller.
Nun wurde er also amtliche 80 Lenze jung. Aber: ist er es überhaupt noch? Eines der vielen Gerüchte, das sich hartnäckig seit Ende der Sechzigerjahre hält, behauptet, McCartney sei bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt und durch einen Doppelgänger ersetzt worden. Vertreter dieser passenderweise „Paul is dead“ betitelten These verweisen auf das Cover von „Abbey Road“: Paul ist darauf mit halbgeschlossenen Augen abgebildet, barfuß (in England werden Tote ohne Schuhe beerdigt) und trägt die Zigarette als Linkshänder in der rechten Hand. Andere Fans sahen beispielsweise im Cover des „Revolver“- und „St. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“-Albums weitere Hinweise auf den Tod des Beatles. Krude Verschwörungstheorien, die der totgeschriebene Musiker selbst in einem Interview wie so oft mit seinem typisch britischen Humor nahm: „Wenn ich tot wäre, wäre ich der erste, der es wissen würde“. Mit Lennon und Harrison hat sich jener McCartney-Doppelgänger – oder vielleicht doch Paul höchstselbst? – noch vor deren Tod (John Lennon fiel im Dezember 1980 einem Attentat zum Opfer, George Harrison starb im November 2001 an Lungenkrebs) versöhnt. Ringo Starr, der vor knapp zwei Jahren als erster und ältester der Beatles die Achtzig knacken durfte, bezeichnet ihn heute als einen seiner besten Freunde und „treuesten Menschen, den ich kenne“.
Im Jahr 2020 stellte der freilich längst mit zig Grammy Awards, Ehrendoktortiteln, einem Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“ sowie sonstigen Auszeichnungen dekorierte und 1997 von der Queen höchstpersönlich zum Ritter geschlagene Paul McCartney mit „McCartney III“ sein nunmehr 19. Soloalbum in die (heutzutage vornehmlich digitalen) Plattenläden, war unlängst der bislang älteste Headliner des altehrwürdigen Glastonbury-Festivals (und holte dort besondere Gäste auf die Bühne) und spielte mit seiner freilich exzellent eingespielten Band davor einige Konzerte auf großer „GOT BACK“-US-Tour. Dabei beschloss er seine Shows (oder zumindest das reguläre Set vor dem Zugabenblock) stets mit „Hey Jude“, einem der Lieder, welche die Beatles, sein Leben und die Musikgeschichte verändert haben. Und um dem Ganzen die Gänsehaut-Krone aufzusetzen, ließ er das Publikum statt seiner singen. Denn all die Melodien, all die Worte, die sich ein junger Mann aus der Liverpooler Arbeiterschicht vor langer, langer Zeit mit seinen Band-Buddies zusammensponn, um wenig später die Musikwelt für immer zu verändern, sind längst nicht mehr seine. Sie gehören uns allen. Auch aus diesem Grund: Thank you, Sir Macca, and a belated happy birthday. Let’s hope for quite a few more…
Wer mehr wissen mag, dem sei zudem die ebenso sehenswerte wie informative Arte-Doku „Paul McCartney – Eine Beatles-Legende“ (findet man etwa hier oder hier) empfohlen.
Kapelle Petra, die sich selbst gern – und warum auch immer – „kAPEllE PEtra“ schreiben, legten anno 2019 mit “Nackt” ihr sechstes Album vor und zeigten sich auf dessen 41 Minuten nicht nur kreativ wie eh und je, sondern auch deutlich professioneller, was die Produktion und Musikalität der Songs betraf. Was anhand der Tatsache, dass die Poppunkindierock-Band aus Hamm hierzulande noch immer nicht übermäßig bekannt ist, doch etwas überraschen dürfte: Dieses „eh und je“ umfasst inzwischen bereits stolze 22 Jahre, in denen Sänger/Gitarrist Guido Scholz, Bassist Rainer Siepmann und Schlagzeuger Markus Schmidt zusammen musizieren und mit ihren Songs auf Kurzweil getrimmten Spaß bereiten.
Und jenen Spaß bescheren sie nicht nur ihren Fans, deren Zahl durch etliche Touren, Auftritte bei verschiedenen TV-Shows oder auch ihrem allein via YouTube mehr als vier Millionen mal gestreamten Song “Geburtstag”, der sich seit 2007 von der Indie-Kuriosität zum humorvollen Evergreen gemausert hat, stetig angewachsen ist. Spaß haben die drei auch selbst, das darf man wohl einfach mal galant unterstellen, denn auch die Songs von „Nackt“ tönen durchaus spielfreudig und stecken voll feiner Textideen, zu absolut soliden, mit ohrwurmigen Melodien versehenen, powerpoppigen Indie-Rock-Kompositionen.
“Da wo du stehst / Da wo du gehst / Ist immer Weltkulturerbe”, heißt es in der Single “Weltkulturerbe”, und diese brennt sich als wundervolle Ode an unbekümmerte Freunde oder einen unbeschwert lebenden Partner direkt ins Ohr, auch wenn die Interessen vielleicht mal unterschiedlich sind und hier Champagner mit Dosenbier anstößt. Darf man gern unter „weniger nervtötende Sportfreunde Stiller vor dem Radio-Kollaps“ einsortieren. Apropos Prosit: Mit “Also stoßen wir an” folgt eine weitere Hymne darauf, Freude im Leben zu haben und auch noch zu feiern, wenn man vielleicht keine zwanzig Jahre mehr jung ist. Und in dieser Richtung geht’s weiter. Nachdem die ersten Stücke also schon für dezent aufgehellte Stimmung gesorgt haben, schließt sich “Seitdem ich Johnny Cash bin” nahtlos an. Mit “Früher hab ich Getränke verkauft bei Rewe in Hamm-Westen / Heute verkaufe ich Getränke bei Rewe in Hamm-Westen / Ich liebe meinen Tellerrand und ich hasse es, was Neues zu testen / Doch vor zwei, drei Jahren hab ich mal was ausprobiert und jetzt gehör’ ich sogar zu den Besten…” startet der Song wortwitzig und erzählt dann von einer Karriere als Johnny-Cash-Imitator, die einen den Stargast-Auftritt bei Möbelhäuser- und Gartencenter-Einweihungen ebenso näher bringt wie bei Schützenverein-Jahreshauptversammlungen – ja, so kann’s eben laufen, als Doppelgänger-Provinzkosmopolit.
Auch die restlichen Songs des Langspielers wissen, zum versonnenen Mitwippen animierend, zu gefallen – ob sich nun der Hähnchen-Verkäufer zu Midtempo-Streicheruntermalung “Irgendwas ist blöd” denkt, wieder etwas flotter “Die Jugend heutzutage” beklagt wird oder man zurückblickend – und allem Erfolgsdruck zum Trotz – im Leben glücklich ist, weil einem halt eine schnöde “Bundesjugendspieleteilnahmebescheinigung” schon immer ausreichte, während andere alles dafür gaben, um mit Pokalen oder Urkunden nach Hause zu hetzen. Anderswo, in „An irgendeinem Tag wird die Welt untergehen“, channeln Kapelle Petra ihre innere Namaste-Mitte zwischen Monty Python und Peanuts-Comic: „An irgendeinem Tag wird die Welt untergeh’n / Doch an allen andern Tagen halt nicht / An irgendeinem Tag ist das alles vorbei / Aber jetzt ist noch nicht Schicht / Irgendwann geh’n irgendwie die Lichter aus / Und bis dahin machen wir das Beste draus“. Mit dem auf Crossover-Madsen getrimmten “Ich und mein Hund” mag sich vielleicht nicht jeder identifizieren können, ansonsten aber findet man auf der innerhalb weniger Tage unter Live-Bedingenen gemeinsam mit Produzent Tobias Röger (Wohlstandskinder) eingespielten Platte so einige Geschichten, beiläufige Wahrheiten und Beobachtungen aus dem alltäglichen Leben, stets garniert mit unaufdringlichen Ideen, wie man dieses im Zweifel etwas fröhlicher gestalten kann. Da darf man auch mal mit einem Digitalgerät ein “Perfektes Paar” bilden, ein plattes “Alles ist gut” hinterfragen oder als “Restart Mann” etwas länger brauchen, bis man aus dem persönlichen Winterschlaf erwacht. Gute Scheibe, deren Stücke in einer besseren Welt in Dauerschleife im Radio laufen würden und der auch der im vergangenen Jahr erschienene Nachfolger „Die vier Jahreszeiten“ in nichts nachsteht.