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Die Woche in Bild und Ton…


Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Videoneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…

 

Pearl Jam – Sirens & ein Kurzfilm zum neuen Album „Lightning Bolt“

pearl jam - sirens

Wenn die eigene Lieblingsband ein neues Album veröffentlicht, dann ist es – Blog hin oder her – durchaus gestattet, ein gutes Stück der oft genug vorhandenen kritischen Haltung über Bord zu werfen und sich einfach mal der hemmungslos überbordenden Vorfreude hinzugeben… Zumindest sieht’s momentan so bei Pearl Jam und mir aus.

Wie bereits bekannt erscheint in gut zwei Wochen mit „Lightning Bolt“ Album Nummer zehn der ewig relevanten Grunge-Dinos. Nachdem die Band bereits das forsche „Mind Your Manners“ ins freudige Netzrund schickte, bekommt man nun mit „Sirens“ einen zweiten Song zu hören. Das Stück aus der Feder von Gitarrist Mike McCready ist zwar vergleichsweise ruhig geraten, aber – hach – irgendwie auch auf wunderbare Weise einfach… schön. Und wer mosert, dass das Video lediglich eine unspektakuläre Band-Performance im Gegenlicht zeigt, den darf ich gern daran erinnern, dass wir in diesem Punkt eine bandinterne Revolution im Kleinen erleben. Denn scheinbar haben Pearl Jam auch hier ein wenig Altersmilde walten lassen und zeigen sich, nach „Mind Your Manners“, bereits zum zweiten Mal in Folge selbst in einem Clip, nachdem man in den Neunzigern noch jegliche Zutraulichkeit den Medien gegenüber verweigerte…

Wer ein wenig mehr über „Lightning Bolt“ erfahren möchte, bekommt im neuen, knapp neunminütigen Kurzfilm (welcher, wie das Musikvideo zu „Sirens“ auch, von Musikregisseur Danny Clinch stammt) ein paar mehr Einsichten in die Inspirationen, Pearl Jams politisches wie soziales Bewusstsein, das Bandgefüge und den Zusammenhang zwischen Surfen und Songschreiben.

 

 

 

 

Junip – Walking Lightly

junip - walking lightly

Geradezu leichtfüßig und meditativ kommt „Walking Lightly“, die neue Single vom schwedischen Trio Junip, daher. Dass das dazugehörige selbstbetitelte Album durchaus große Qualitäten besitzt, weiß der regelmäßige Leser dieses Blogs natürlich. Trotzdem stehen diese von Regisseur Fredrik Egerstrand in Szene gesetzten Bilder der Band um Ausnahmestimme José González ausgezeichnet: Wald und Wiese, die Dämmerung kurz vor der Düsternis, schaler Lichtschein, Nebel. Die Band legt vor den Augen von Fuchs und Hase einen intimen Vortrag hin und bleibt am Ende in rot umleuchteter Fauna zurück…

 

 

 

Foals – Out Of The Woods

foals - out of the woods

A propos „Wald“, a propos „dem treuen Leser bekannt“: Das Unterholz trägt auch „Out Of The Woods“, seines Zeichens die nächste Auskopplung aus dem aktuellen, Anfang des Jahres erschienenen Foals-Album „Holy Fire„, im Namen. Doch wo bei Junip noch Ruhe und Gelassenheit herrschten, wartet hier auf die Protagonistin, welche auf ihren Wegen durchs triste Hochhauseinerlei auch Foals-Sänger Yannis Philippakis begegnet, am Ende eine vermeintlich böse Überraschung…

Übrigens: Wer nach drei bislang erschienenen Studioalben bereits auf eine neue Veröffentlichung des englischen Quintetts wartet, dem sei der ab Ende Oktober in den Regalen stehende Konzertfilm „Live at the Royal Albert Hall“ ans Hörerherz gelegt (den kurzen Trailer gibt’s ebenfalls hier und heute!)…

 

 

 

 

Arcade Fire – Reflektor

arcade fire - reflektor

Kaum eine Band hat in den letzten Jahrzehnten derart eindeutig ebenso Kritiker wie Hörer (also: die eigentlichen Endverbraucher) von der eigenen Qualität überzeugen können wie die Kanadier von Arcade Fire.  Mehr noch: Eventuell kam der kommerzielle Durchbruch gerade weil man sich bei all den tollen, eingängigen Melodien stets einen Schuss Kunst – in der Art, wie sie beflissene Hochschulabsolventen definieren würden – und Künstlichkeit bewahrt hat…

Da wundert es kaum, dass aktuell ein riesiger Bohei um den Nachfolger zum vor drei Jahren erschienenen und völlig zurecht mit massig Preisen dekorierten „The Suburbs“ gemacht wird: geheimnisvolle Graffitis zu Werbezwecken an Metropolen-Häuserwänden rund um den Globus, nicht weniger kryptische Twitter-Kurzformel, ein munteres Rätselraten um namenhafte potentielle Gastbeiträge, Albumtitel und Setlists… Ob „Reflektor“, Album Nummer vier von Win Butler, Régine Chassagne & Co., all die Aufregung wert ist, erfahren wir am 25. Oktober. Hier gibt’s schon einmal das Titelstück nebst würdevollem Schwarz-weiß-Video, für das kein Geringerer als Kultfotograf und Gelegenheitsregisseur Anton Corbijn die Verantwortung hinter den Kameras übernahm. Und: Ist im Stück da nicht irgendwo David Bowie zu hören? Arcade Fire bleiben rätselhaft…

„Just a reflection of a reflection of a reflection of a reflection of a reflection / But I see you on the other side / We all got things to hide…“

 

 

 

Sun Kil Moon – Richard Ramirez Died Today Of Natural Causes

kozelek

Wenn man aktuell wohl „Produktivität“ in Wikipedia nachschlägt, so könnte es gut sein, dass man unter der Entsprechung im musikalischen Sinn ein Foto von Mark Kozelek wiederfindet. Immerhin hat der ehemalige Red House Panters-Frontmann in diesem Jahr bereits drei Studioalben – das Soloalbum „Like Rats“, die fantastische Zusammenarbeit mit The Album Lear-Kopf Jimmy LaValle, „Perils From The Sea„, und zuletzt das ebenfalls tolle, gemeinsam mit Desertshore zustande gebrachte „Mark Kozelek & Desertshore“ – sowie etliche Livealben in die digitalen wie haptischen Plattenregale gestellt. Dabei kam jedoch seine derzeitige Quasi-Stammband Sun Kil Moon zu kurz, liegt doch deren letztes Album „Among The Leaves“ bereits über ein Jahr zurück (es erschien im Mai 2012 – im derzeitigen Kozelek’schen Veröffentlichungsrhythmus beinahe eine halbe Ewigkeit).

Das holt der umtriebige 46-jährige US-Songwriter nun nach und hat für Anfang 2014 mit „Benji“ Sun Kil Moon-Album Nummer sechs in Aussicht gestellt, zu welchem unter anderem Sonic Youth-Schlagzeuger Steve Shelley, Will Oldham (aka. Bonnie ‚Prince‘ Billy), Owen Ashworth (Casiotone For The Painfully Alone) und Jen Wood (Postal Service) musikalische Gastbeiträge geben werden. Mit dem ungewohnt spröden, unterschwellig aggressiven „Richard Ramirez Died Today Of Natural Causes“ gibt es hier bereits einen kleinen Vorgeschmack auf „Benji“…

 

 

 

Haim – Wrecking Ball

haim - live lounge

Gut, Miley Cyrus‘ Fremdschäm-Moment bei den VMAs ist ausreichend diskutiert worden, ihr Musikvideo zu „Wrecking Ball“ hat für nicht weniger pikierte Blicke und massig Nachahmer gesorgt – wenn man heutzutage als ehemaliger Disney-Star noch für Imagewechsel und Aufmerksamkeit sorgen möchte, dann muss man schon All In gehen, wie’s scheint… (siehe auch: Lindsey „Exzess“ Lohan. siehe auch: Britney „It’s Britney, bitch!“ Spears. siehe auch: Xtina „Latina-Rollmops“ Aguilera.)

Die drei jungen Rockhühner von Haim, die mit ihrem Debütalbum „Days Are Gone“ zufälligerweise auch ANEWFRIENDs aktuelles „Album der Woche“ stellen, haben das wohl derzeit – und auch in Zukunft – kaum nötig. Trotzdem haben sie sich im Rahmen ihres Besuchs bei der Radioshow des BBC-Senders Radio 1 nicht nehmen lassen, den Miley Cyrus-Gassenhauer „Wrecking Ball“ von der Nudisten-Abrissbirne zu kratzen und das Stück in eine amtliche Rocknummer verwandelt…

 

 

 

Rock and Roll.

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Wüstensöhne – Neues Foals-Video zu „Bad Habit“


still of Foal's "Bad Habit"

Von der rumänischen Unterwelt direkt in die Wüste… Schenkt man den Musikvideos der britischen Band um Frontmann Yannis Philippakis Glauben, dann haben es die Foals, deren aktuelles Album „Holy Fire“  im Februar ANEWFRIENDs „Album der Woche“ war, derzeit nicht leicht. Zum Glück (?) jagt Philippakis im Video zur neuen Single „Bad Habit“, für das sich erneut Regisseur Nabil verantwortlich zeichnet, einer ansprechenden Gestalt hinterher…

Und mal so nebenbei: kommt es nur mir so vor, oder hat die Band am Wüstenmotiv einen Narren gefressen?

 

 

Rock and Roll.

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Wir ficken, wir leben und sterben… – Neues Foals-Video zu „Late Night“


Foals - Late Night

Gute Wahl, gutes Video! Mit „Late Night“ veröffentlichen Foals die nächste Single aus „Holy Fire“, welches ANEWFRIEND unlängst zum „Album der Woche“ wählte.

Im dazugehörigen – und gleichsam krassen wie großartigen – Video (Regie führte Nabil) spielt die englische Band als Hausband in einem rumänischen Hotel, in dessen Zimmern sich spätnachts das beinahe komplette Spektrum menschlicher Emotionen – vom animalischen Sex über Selbstmord und gar eine Geburt  – spiegelt. Schon auf dem aktuellen Album stellt „Late Night“ das gefühlte Herzstück dar, und dieses Video unterstreicht noch einmal alle von Sänger Yannis Philippakis & Co. auf Band gebrachten intensiven Gefühle…

 

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


 Foals – Holy Fire (2013)

Foals - Holy Fire (Cover)-erschienen bei Warner Music-

Man stelle sich bitte einmal folgende Szene vor dem geistigen Auge vor: da steht der Wahl-Engländer Herbert Grönemeyer als Gastdozent vor den studentischen Reihen der Oxford University, Kurs „Musiktheorie“, und gibt seine Losung in feinstem Ruhrpott-Schnodderdeutsch zum Besten: „Stillstand ist der Tod / Geh‘ voran, bleibt alles anders“. Das in Oxford heimische Foals-Quintett aus Yannis Philippakis (Gesang, Gitarre), Jimmy Smith (Gitarre, Keyboard), Walter Gervers (Bass), Jack Bevan (Schlagzeug) und Edwin Congreave (Keyboard) sitzt begehrlich lauschend in der ersten Reihe, notiert Zeile um Zeile mit Graphitgriffel auf ihre Collegeblöcke und setzt die Losung alsbald in die Tat um. Denn tatsächlich lässt sich seit ihrem 2008 erschienenen Debüt „Antidotes“ kaum eine Wiederholung feststellen. Waren es anfangs noch die tendenziell hypernervösen NuRave-PostPunk-AftroBeat-Knaller wie „Mathletics“ oder „Hummer“, die Kritiker schier ausflippen ließen und nicht wenige mehr oder minder intellektuelle Indieanistas auf die Tanzflächen unterhalb der speckig-abgeranzten Diskokugeln zogen, erhoben die Foals bereits mit dem zwei Jahre darauf veröffentlichten Nachfolger „Total Life Forever“ süffisant einen Mittelfinger an die Erwartungshaltung und stellten ein Album in die Plattenläden, das keineswegs „nur“ mehr von diesen Rock tragenden Funk-Biestern lieferte, sondern weiter ausholte und reifere Tiefen ebenso zuließ wie clever austarierte Höhen, und mit dem Sieben-Minuten-Miniepos „Spanish Sahara“ mindestens einen dieser Songs, deren man wohl nie überdrüssig wird, in Petto hatte. Das Tolle: trotz aller Neuerungen, trotz allem Wachstum, trotz aller Steigerung behielten die Foals ein paar ihrer Trademarks bei… Nun, gerade genug, damit alle, die dem Vorgänger etwas abgewinnen konnten, sich in den neuen Songs ebenso wiederfanden. Zwei Top-Ten-Alben und einer Nominierung für den ehrwürdigen „Mercury Prize“ (für „Total Life Forever“) waren die Belohnung. Dass „Holy Fire„, das dritte Album der britischen Kritikerlieblinge, mit Vorschusslorbeeren bedacht werden würde, war abzusehen. Dass es diesen auch gerecht werden würde, stellte jedoch keine Selbstverständlichkeit dar…

Foals #1

Und doch muss man zugeben: Foals haben es wieder einmal geschafft. Ihre Trademarks – die leicht nervösen Rhythmen, die Frickelgitarren, Philippakis‘ hoher Gesang – wurden auch aufs neue Werk „gerettet“, ansonsten macht sich so einiges an bandeigener Innovation in den elf neuen Songs breit. Und als „Großes und Ganzes“ machen die auch noch Sinn! Es fängt bereits beim Opener „Prelude“ an, bei dem mit Knistern, Knacken und einem entfernten Dröhnen Frickelgitarre, Percussion, Keyboard und Schlagzeug ins Studio marschieren und sich die Band mit einem kleinen Jam warm spielt, und setzt sich mit dem ersten vorab veröffentlichten Song „Inhaler“ fort, der wie eine Walze aus Rockinstrumentarium plus Keyboard alle Kritik nach mehr Eingängigkeit gen Tanzschuppenboden drückt. „Sticks and stones don’t break my bones“, stellt Philippakis klar, und warnt vor: „I can’t get enough space“. Da will’s einer wissen! „You don’t have my number / We don’t need each other now / We don’t need the city / The creed or the culture now / ‚Cause I feel / I feel alive / I feel, I feel alive / I feel that the streets are all pulling me down“ – „My Number“ ist gleich darauf der eventuell poppigste, (im gängigen Sinne) tanzbarste Moment der Platte, und erinnert nicht nur einmal mit „Uh-hu“-Chören ohne fremde Scham an The Cures „The Lovecats„. Überhaupt: The Cure! Das Vermächtnis der großartigen Dunkel-Waver um Frontmann Robert Smith lässt sich auch auf „Holy Fire“ wieder aus jeder Ritze der Studiowände kratzen, denn nicht nur ein Mal lassen Melodiegespür sowie Keyboard- und Gitarrenlinien hier die klaren Vorbilder erkennen – was ja an sich nichts Schlechtes heißen mag… „Bad Habit“ besticht mit metallischer Percussion als ein sich im Refrain öffnender Song, ab dessen Mittelteil hymnische Gitarren die Führung übernehmen und Philippakis sich zur eignen Verletzlichkeit, aber auch innerer Stärke, bekennt: „I’ve made my mistakes / And I feel something’s changed / And I know what’s at stake / Wash the stains away /…/ And I feel quite okay“. In „Everytime“ fügen sich elektronische Elemente gekonnt in den Gesamtsound ein, während der Text einen zarten Anflug von emotionalem Eskapismus probt („Every time I see you I wanna sail away“). Das klare Herzstück auf „Holy Fire“ ist, ähnlich wie 2010 „Spanish Sahara“ auf dem Vorgänger „Total Life Forever“, zweifellos „Late Night“: „Oh, I hoped that you were somebody / Someone I could count / To pull me to my feet again / When I was in doubt / Oh now mama, do you hear me / Calling out your name? / Now I’m the last cowboy in this town / Empty veins and my plastic, broken crown“. Philippakis gibt den fragilen Bluesboy, während die Gitarre sich deep und soulful eingroovt, um dann mit der gesamten grandios aufspielenden Band und einer Horde an (Konserven?)Streichern zu Philippakis‘ Worten „Stay with me!“ den emotionalen Klimaxgipfel zu stürmen, dort weiter zu grooven und langsam – und noch immer höchst soulful – in einem Pianoakkord zu verklingen. „Out Of The Woods“, die wohl deutlichste 2013er Foals-Referenz an die Achtziger (The Cure!), ist eine luftige Eskapismushymne von Wäldern, Freunden, Wolken und Weltverzicht, „Milk & Black Spiders“ bietet Konservenstreicher, die am Ende ihre Wand hochfahren, Frickelgitarren und einen eng geschnürten Rhythmus, und scheint textlich das Ziel des Sehnens gefunden zu haben („I’ve been around two times and found that you’re the only thing I need“). Wer auf der im letzten Jahr erschienen Bloc Party-Platte „Four“ vor allem die „härteren“ Gangarten am ansprechensten fand, der wird auch auf „Holy Fire“ einen neuen Liebling finden, denn „Providence“ entpuppt sich ohne Umscheife als tighter, aggressiver New Wave-Tanzflächenfüller, an dessen Ende sich die Band in einem wahren kleinen kakophonischen Inferno austoben darf, und in dem sich Philippakis zu den eigenen animalischen Wesenzügen bekennt („I know I cannot be true / I’m an animal just like you“). Dass manch einer nach solch‘ einem Dezibelbrecher erst einmal Ruhe braucht, ist nur all zu verständlich. Und die gönnt die Band dem Hörer in „Stepson“, einer schwebenden, dezent elektronischen Ballade, bei welcher – in trügerischer Manier – alles im Reinen zu sein scheint. Das abschließende „Moon“ wartet mit meditativer Atmosphäre auf, die zu einem immer bedrohlicher werden Dröhnen anwächst, um am Ende zu verglühen: „The world is quiet / There is nothing left unsaid / A million image, million capture, million dead / And all the birds fall out of the sky in two by two’s / And my teeth fall out my head into the snow / I am you now / And you are me instead / Then I see there is blood on your wedding dress / And all of the old walk down and I’m feeling unsure / When I’m sleeping in my own place / I’m not home /…/ It is coming now, my friend / And it’s the end…“. Die Foals proben zum Abschied von „Holy Fire“ noch einmal die Apokalypse. Und wenn diese wirklich so schön dröhnt, so ist die Frage, ob man gern dabei wäre, eventuell einen zweiten Gedanken wert – insofern man denn eine „Repeat“-Taste in die Hand bekommt…

Foals #2

Mission accomplished. Auch mit „Holy Fire“ schaffen Foals den Spagat zwischen Altbewährtem und – für sie – gänzlich Neuem. Mehr noch: unter der Ägide der beiden Erfolgsproduzenten Alan Moulder und Flood (u.a. U2, Depeche Mode, Smashing Pumpkins, Nine Inch Nails) erfahren die neuen Songs – im Vergleich zum Albumvorgänger – noch einmal eine Straffung und angenehme Komprimierung. Auf den neuen knapp 50 Minuten steht nun keine Songidee mehr über, werden alle losen Ende bündig groovend verknüpft. Und doch haben die elf Songs noch massig Raum zum Atmen, stellen dem verspielten Indierock-Gerüst des Fünfers kleine Elemente aus Funk, Dance, New Wave oder Post Punk zur Seite, zeigen die Band mit noch mehr gesundem Selbstbewusstsein als noch drei Jahre zuvor, und bieten Philippakis eine Basis für endlich weniger kryptische Texte, die sich auf „Holy Fire“ mit Grundthematiken wie Schuld, Sühne, Vergangenheitsbewältigung, Eskapismus und Heimatfindung beschäftigen und ein ums andere Mal fein prickelnde Gänsehautmomente hervorrufen.

Dass die Foals mit „Holy Fire“ als Jahrgangsbeste in Richtung Semsterferien und Konzertbühnen abschließen, ist noch nicht in die Indierock-Steine gemeißelt. Den Abschluss des „Musiktheorie“-Kurses haben die fünf Klangtüfler-Strebern aus Oxford aber definitiv in der Tasche.

(Chapeau übrigens zum tollen Albumcover, wie ich finde…)

Foals (name)

 

Hier die sehenswerten Videos der ersten beiden aktuellen Albumauskopplungen „Inhaler“…

 

…und „My Number“…

 

…einer Live Session-Version des Albumhighlights „Late Night“…

 

…sowie zu „Spanish Sahara“, welches 2010 bei mir auf Heavy Rotation lief…

 

…und zu „Blue Blood“ (wie „Spanish Sahara“ auf „Total Life Forever“ zu finden):

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


Schluss, aus, vorbei! Mit dem ersten „Album der Woche“ hält nun auch auf ANEWFRIEND das Jahr 2013 endgültig Einzug. Aber bei all den bevorstehenden potentiell großartigen Neuveröffentlichungen lassen wir uns vom ausgefallenen Weltuntergang doch gern zum Weitermachen zwingen, oder?

„A revolution without dancing is a revolution not worth having.“

(V For Vendetta)

Yesterday Shop – Yesterday Shop (2012)

Yesterday Shop (Cover)-erschienen bei Trickster/Broken Silence- 

Löblich ist, dass sich die „Brigitte“ für’s neue Jahr wohl auf die Redaktionsfahnen geschrieben hat, ihren Teil zur Förderung des talentierten deutschen Musikernachwuchses beizutragen. Weniger schmeichelhaft ist dann jedoch, wie gekonnt die doch eher für hausfräuliche Modestrecken und 1001 Abnehmtipps bekannte Illustrierte in ihrer kurzen Einschätzung auf die falsche Fährte abbiegt: „Yesterday Shop setzen mit ihrem Indie-Pop in etwa da an, wo Chris Martin & Co 2005 nicht weitergemacht haben.“ Öhm… ja. Leider hat das, was man dann auf dem selbstbetitelten Debüt von Yesterday Shop zu hören bekommt, rein gar nichts – und das ist bitte ausdrücklich positiv gemeint – mit all dem zu tun, was Coldplay nach ihrem fulminant guten, 2002 erschienenen Zweitwerk „A Rush Of Blood To The Head“ zustande gebracht (respektive: verbrochen) haben. Zugute halten sollte man den „Brigitte“-Damen – und Herren? – jedoch, das ihnen all die näher liegenden Vergleichsbands unter Garantie kaum etwas sagen werden. Dabei beweist das aus dem Schwabenland – genauer: Reutlingen – stammende und sich mittlerweile auf Hamburg und Berlin verteilende Quintett während der elf Stücke – beziehungsweise 44 Minuten Spieldauer – mehrfach, dass es schon mit dem Debüt zum Sprung hin zu internationalen Weihen bereit scheint…

yesterday_shop_neu1

Bestimmt nach dem atmosphärischen, an Sigur Rós gemahnenden Intro „Voile“ in „Fat Man & Little Boy“ anfangs noch androgyner, sich überlappender Falsettgesang á la Maximilian Hecker die Szenerie, nimmt der Song, dessen Titel die Codenamen der beiden 1945 über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben zitiert, schon bald an Fahrt zu, nur um sich am Ende wieder in einer einsamen Gitarre zu verlieren. Das dezent an die Foals erinnernde „Winter Act I“ wechselt immer wieder zwischen atmosphärisch-leichten Flächen und kurzen Ausbrüchen hin und her und wird im Hintergrund gewinnbringend von Streichern und weiblichem Backgroundgesang unterstützt. Rein musikalisch schlägt da „Slow Motion Olymp.“, dessen Synthesizer den Hörer schon einmal sanft Richtung Tanzfläche schubsen, nur um im Mittelteil das Shoegazerhaupt diebisch grinsend wieder zu senken, und gegen Ende erneut zu schubsen, einige Haken mehr, während „Paralyzing“ mit den hallenden Vocals von Sänger Clemens Kluck, einer einsamen Akustikgitarre, weiten Soundscapes, Handclaps, einem fernen Schlagzeug und Klaviertupfern zum Träumen einlädt. „Paris Syndrom“ stellt mit seiner eingängigen Melodie so etwas wie den „Hit“ der Platte dar, das darauf folgende „Ludwig II“ fährt als Hommage an den bayrischen „Märchenkönig“ die ganz großen Kopfkinogeschütze auf: Synthesizerflächen wabern umher, der Gesang ebbt auf und ab, Gitarrenfiguren umspielen sich sanft, nur um am Ende den Ausbruch zu wagen. In „Me & Meursault“, in Titel und Text eine Reminiszenz an Albert Camus‘ Roman „Der Fremde„, scheinen sich technoide Flächen erstmals gegen die Gitarren durchzusetzen, „Modern Philosophy“ bildet trotz der ein oder anderen hektisch mitspielenden Gitarre – zumindest anfänglich – einen Ruhepol, der alsbald dem Hymnus anheim fällt, in „Winter Act II“ zeigen sich wieder die an den Foals geschulten Gitarren und Harmonien. Im siebenminütigen Abschluss „We Like Chopin“ fahren Yesterday Shop noch einmal alle Register hoch und verabschieden sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden musikalischen Waffen und einem ordentlichen Eindruck: dichte Atmosphäre, die sich in Klangflächen verliert, unaufdringlicher Gesang und ein Song, der erst Stufe für Stufe erklimmt, um final und mehrstimmig langsam abzuebben.

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Natürlich sind Yesterday Shop, die sich den Bandnamen von einem befreundeten Kurzfilmer „entliehen“ haben, auf ihrem gemeinsam mit Produzent Kristian Kühl in Hamburg aufgenommenen Debüt von bandinternen Vorbildern wie Radiohead noch so weit entfernt wie, sagen wir, die TSG Hoffenheim vom erfolgreichen Klassenerhalt – oder, um den fussballunkundigen Monopolyfreunden unter euch einen Vergleichspunkt zu liefern, die Theaterstraße von der Schlossallee -, jedoch können alle, denen die bisher erwähnten Vergleichsbands und -künstler, allen voran die immer wieder ins Feld geführten Foals, aber auch Freunde zum Beispiel der Editors, Interpol oder den bayrischen Landmännern Slut, hier mehr als ein Ohr – und auf Tour auch ein Auge – riskieren. Denn Bands wie Yesterday Shop, die in der heutigen, musikgeschäftstechnisch nicht eben risikofreien Zeit das Wagnis der Gründung eines eigenen Labels (in diesem Fall „Trickster“ – jaja, wieder so ein selbstgewählter potentieller Radiohead-Verweis) sowie der Finanzierung via Crowdfunding eingehen, sind durchaus unterstützenswert. Umso schöner, wenn die Songs dieser talentierten Schlauberger dann mit ihren Kopfkinovarietévorstellungen in grauen Wintertagen auch noch zu Kopfhörertagträumen einladen… „Brigitte“ sei Dank!

 

Auf der Soundcloud-Präsenz der Band kann man sich einige der Songs des Debütalbums anhören…

 

…und hier das durchaus sehenswerte Video zu „Paris Syndrom“ flimmern lassen:

 

Und, für alle Freunde der gepflegten musikalischen Bühnenunterhaltung: Yesterday Shop sind in diesen Tagen – also: im Rahmen ihrer „Januar-Tour“ – live und in Farbe zu erleben:

– 15.01.2013: Societätstheater, Dresden

– 16.01.2013: Atomino, Chemnitz

– 17.01.2013: Merlin, Stuttgart, Pop Freaks Festival

– 18.01.2013: KiFF, Aarau (CH)

– 19.01.2013: MuZClub, Nürnberg

– 22.01.2013: Schlosskeller, Darmstadt

(…mehr dazu hier)

 

Rock and Roll.

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