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Wenn Hegel auf Satire trifft – wie Kabarettist Florian Schroeder die „Querdenker“ in Stuttgart narrte…


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„Mein Name ist Schroeder, ich komme aus dem Mainstream…“

Für seinen Opener auf der Bühne der „Querdenken 711„-Demonstration in Stuttgart gegen die Corona-Maßnahmen und für ein Ende derselbigen am vergangenen Samstag bekam Kabarettist Florian Schroeder aus den etwas lichten Publikumsreihen (wohlmöglich hatte man sich da doch noch zur Abstandswahrung entschieden?) noch freundlichen Applaus. Er trete auf eine Einladung der Veranstalter hin hier auf, um „die Grenzen ihrer Meinungsfreiheit“ auszutesten, erklärte der 40-Jährige, der bislang vor allem aus seiner „Florian Schroeder Satireshow im Ersten“ und „Spätschicht – Die SWR Comedy Bühne“ bekannt war, denn „man hat mir gesagt, hier in Stuttgart ist die Freiheit…“

Schroeder, der seinen Auftritt danach in einem Video auf YouTube veröffentlichte, versuchte zunächst, seinem schwäbischen Publikum humoristisch die Thesen des in Stuttgart geborenen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zur Dialektik nahezubringen. Anschließend stellte er die Frage, ob in Deutschland eine Diktatur herrsche, worauf sowohl „Ja“– als auch „Nein“-Rufe aus dem Publikum zu vernehmen waren. Als Schroeder bei seinen Zuhörern weiter eruierte, ob „wir in einer Corona-Diktatur“ lebten, erntete er – welch‘ Wunder – ein vielstimmiges „Ja“ aus der Menge. Der Kabarettist entgegnete darauf recht entlarvend: „Wenn wir irgendeine Form von Diktatur hätten, dann dürftet ihr euch hier gar nicht versammeln, dann dürftet ihr hier gar nicht stehen…“ Wohl wahr, brillant gekontert.

„Es ist die Pflicht eines Satirikers in dieser Zeit, genau so eine Aktion zu nutzen, um damit ein Stück Aufklärung zu betreiben.“

Schroeders Auftritt zeichnete sich neben einigen satirisch überspitzten Fragen vor allem durch den Versuch aus, sein Publikum davon zu überzeugen, auch seine Ansichten zur Corona-Pandemie anzuerkennen: „Wenn ihr für Meinungsfreiheit seid, müsst ihr meine Meinung aushalten.“ Als der selbst aus dem Südwesten Baden-Württembergs stammende Kabarettist allerdings – freilich ein wenig auf Provokation abzielend – meinte: „Ich bin der Auffassung, dass Corona eine hochgefährliche, ansteckende Krankheit ist, und ich bin der Überzeugung, dass Maskentragen und Abstandhalten das Wichtigste und Beste ist, was wir in diesen Tagen tun können“, erntete er vorwiegend Buhrufe. Zum Abschluss seines elfminütigen Programms sagte Schroeder, das Motto der Demonstration „Querdenken“, zu der in Stuttgart laut dem Veranstalter 5.000 Teilnehmer(innen) zusammen kamen, während die Polizei lediglich mehrere Hundert zählte, bedeute, „selbst zu denken, vernünftig zu sein“ und nicht, einfach „Glaubenssätzen“ zu folgen. Und ganz gleich, wie man selbst zu all den nationalen wie internationalen Maßnahmen rund um Corona stehen mag, so ist es doch ebenso amüsant wie großartig anzusehen, wie Florian Schroeder all jenen populistischen Verschwörungsfreunden, Covidioten, potentiellen blauen Antialternativwählern und -parteimitgliedern, welche sich bei den jüngsten „Querdenken“-Demonstrationen in Berlin, Dortmund oder eben Stuttgart unter das bunt zusammengewürfelte Publikum mischten, mit Hegels Dialektik, intelligentem Witz und gelungener Argumentation den Spiegel vorhält…

 

 

Wie Florian Schroeder eigentlich zu der Einladung der „Querdenken“-Veranstalter kam (kleiner Spoiler: deren Organisationsteam scheint nicht wirklich mit satirischem Sachverstand gesegnet und nahm wohl den ein oder anderen Satz Schroeders aus einem satirischen Solo-Programm über Corona vor einigen Wochen etwas zu wörtlich), beinahe bei der „Querdenken“-Demonstation am 1. August in Berlin (bevor diese aufgelöst wurde) und schlussendlich vor weitaus weniger Menschen in Stuttgart auftrat, zeigt dieser „Hintergrundbericht“ von „extra 3“ (während man hier oder hier Interviews mit dem derzeit unerwartet gefragten Kabarettisten lesen kann):

 

Rock and Roll.

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Aus gegebenem Anlass…


Und seit dem 4. September 2016 ist McPomm noch ein kleines Stückweit überflüssiger (wenn es sich nicht so gar komplett disqualifiziert hat). Oder anders ausgedrückt: Auf 100 Mecklenburger kommen über 400 Touristen. Dank der AfD könnte diese schlimme Überfremdung endlich abnehmen… Gratulation in jedem Falle zum Kreuz an der falschen Stelle.

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(gefunden bei Facebook)

 

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(gefunden bei Facebook / Extra 3)

 

(Zur letzten Karikatur weist Extra 3 übrigens auf Facebook darauf hin, dass der Autor nicht „irgendein Besserwessi“ ist, sondern waschechter Mecklenburger…)

 

Rock and Roll.

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Mein Senf: Auf sechs Beinen zur WM…


Foto: NDR / Extra 3

Foto: NDR / Extra 3

Zugegeben: Ein wenig profan wirkt es eingangs schon, wenn das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ ausgerechnet den Fussball, zumindest Samstags und alle zwei Jahre für einen Monat im Jahr die schönste Nebensache in der Alltagswelt des „kleinen Mannes“, als Belegbeispiel für die möglichen Folgen des schweizerischen Vetos gegen die befürchtete Massenzuwanderung ins Feld führt. „Hätten die Schweizer schon früher gegen Masseneinwanderung entschieden, müssten sie zu dritt zur WM“, dazu ein Mannschaftsbild der eidgenössischen „Nati“, bei welcher nach Abzug aller Nationalspieler mit Migrationshintergrund laut „Extra 3“ – eben! – nur noch drei Startelfspieler übrig bleiben. Freilich mag das ein wenig überspitzt daher kommen (was ja an sich auch dem Sinn einer Satire entgegen kommt), bleiben doch bekannte schweizer Nationalspieler wie Yann Sommer oder Marco Streller für diesen Moment außen vor. Es wären aber – und auch das macht „Extra 3“ mal eben durch eine Aufzählung deutlich – bei einer historischen Vorverlegung des kürzlich denkbar knapp ausgefallenen Bevölkerungsvotums (ganze 50,3 Prozent stimmten am Ende für die Abschottungsinitiative der national-konservativen SVP) folgende Spieler-Eckpfeiler der erfolgreichen zehnten WM-Qualifikation „nicht mehr im Kader: Gökhan Inler (Eltern aus Türkei eingewandert), Blerim Dzemaili (geboren in Mazedonien), Tranquillo Barnetta (Eltern aus Italien eingewandert), Granit Xhaka (Eltern aus Kosovo eingewandert), Xherdan Shaqiri (geboren in Jugoslawien), Diego Benaglio (Eltern aus Italien eingewandert), Haris Seferovic (Eltern aus Bosnien eingewandert), Pajtim Kasami (geboren in Mazedonien)“. Und der „Nati“-Trainer, Ottmar Hitzfeld? Klar, ihn kennt man hierzulande als denjenigen, der sowohl Borussia Dortmund als auch die Münchner Bayern zu Meisterschafts- und Champions League-Titeln führte, denn der 65-Jährige ist gebürtiger Baden-Württemberger (und wäre somit ebenfalls aus dem schweizer Spiel). Und obwohl es in der Tat jederzeit wichtigere, dringendere Probleme gäbe als die die Massen elektrisierende Jagd nach dem runden Leder, so wird die – noch einmal: bewusst satirisch überspitzt dargestellte! – Botschaft dennoch deutlich: Die Schweiz ist nicht irgendein Land. Natürlich könnte man nun wieder im Urschleim rühren, könnte hinlänglich bekannte Kamellen von Uhrwerken, Käsefondue und „Schoggi“, von Bergpostkartenpanoramaketten und vom Bankgeheimnis, von sauberen Straßen, scheinbar sonderbaren Mundarten und gemächlichen Arbeitsprozessen ins Feld führen – nicht nur jüngste prominente Beispiele wie Uli Hoeness oder Alice Schwarzer brachten ihre Schwarzgeldkröten keinesfalls zufällig im (scheinbar) verschwiegensten Land der Welt unter, und auch Namen wie René „DJ Bobo“ Baumann, Josef Ackermann oder Jörg Kachelmann „verdanken“ wir den Eidgenossen. Nein, hier sind einmal ganz andere Eckdaten wichtig…

Zuerst einmal liegt der Verdacht nahe, dass unsere eidgenössischen Nachbarn Angst vor Überfremdung, vor einem schwelenden Identitätsverlust und vor dem sprichwörtlichen „Fall vom hohen Ross“ haben. Sicher, das alles liest sich wohlmöglich im ersten Moment hart. Man darf jedoch keinesfalls außer Acht lassen, dass der Ausländeranteil (dabei stellen wir Deutsche hier die größte „Minderheit“) fast dreimal so hoch ist wie der der Bundesrepublik, während nach sich in der weltweiten Auflistung der BIP-Länder – und das ist für ein so kleines Land mit gerade einmal acht Millionen Einwohnern schon recht respektabel – knapp in den Top 20 plazieren konnte. Wer nun das Ergebnis dieser Bevölkerungsabstimmung verteufelt, der Schweiz Blauäugigkeit, Fremdenhass, Einzelgängertum oder Undankbarkeit unterstellen mag, der sollte ebenso bedenken, dass er damit gleichsam eben jenen Ruf nach direkter Demokratie, nach direkter Einflussnahme der Bevölkerung ins nationale wie internationale Geschehen infrage stellt, nachdem er wohl kürzlich erst wieder laustark gerufen hatte, immerhin spiegelt dieser Beinahe-Fifty/Fifty-Patt nicht die über den Kopf hinweg getroffene Entscheidung irgendwelcher delegierten Politiker wider, sondern zumindest ebenjener Eidgenossen, die sich zum Zwecke der Entscheidung zur Urne begeben hatten (außerdem darf das Gedankenspiel erlaubt sein, wie denn die deutsche Bevölkerung in dieser Frage für sich entschieden hätte). Plus: In Deutschland gibt es seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts längst ähnliche Richtlinien zur Einwanderungsbeschränkung (damals musste man eine gewisse Reißleine ziehen, um den anhaltenden Gastarbeiterströmen der Sechziger entgegenzuwirken). Nur wird hier eben wieder einmal die eh bereits historisch herausgebildete Sonderrolle der sich beständig außen vor haltenden Schweiz deutlich, bei der die Grenzbäume – als Nicht-EU-Land – seit jeher ein wenig schlossener und tiefer hingen als in deren Nachbarstaaten. Und: Wer könnte – unter sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Ethik und Moral finden bitteschön im Privaten statt! – einem Land verdenken, dass es bei jenen, die dauerhaft in dessen Inneren leben und arbeiten wollen, gern zweimal hinschaut (ehrlich zugegeben ist man selbst ja kaum anders). Denn es ist keineswegs so, dass nun Hals über Kopf alle nicht auf schweizer Norm geeichten Nicht-Eidgenossen des Landes verwiesen werden, braune Stürme übers weiße Kreuz auf rotem Grund hereinbrechen und Heerschaaren nun mit Mistgabeln und Fonduefackeln auf Ausländerhatz gehen. Nein, lediglich 50,3 Prozent der abstimmungswilligen Bürger votierten dafür, zukünftig gern genauer bei der Zuwanderung hinschauen zu wollen. Die Essenz liegt wohl irgendwo in der Mitte der beiden gleichsam platten wie trefflichen Parolen „Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt“ und „Man mag ja Fremde, solange sie Fremde bleiben“ (jeder darf selbst entscheiden, welcher Losung er näher steht). Auch darf man schon ein klein wenig den Kopf schütteln über „diese Schweizer“ (beziehungsweise theoretische 50,3 Prozent von ihnen), die in Zeiten der Globalisierung tatsächlich den Versuch des (gefühlt) abgeschotteten Alleingangs wagen wollen. Ob diese Entscheidung nun – im großen Rahmen – falsch oder richtig war – das werden Zukunft und Zahlen unter Beweis zu stellen wissen. Wohlmöglich geben hier für den Moment  die immergleichen paar (Doppel)Moralapostel die Feierabendhobbyköche und bringen Suppe mit Geschmäckle auf den Tisch, die am Ende längst nicht so heiß gegessen wird. Und schlimmstenfalls fliegt die „Nati“ im Juni eben auf sechs Beinen zur Fussballweltmeisterschaft nach Brasilien…

 

Wer mehr Informationen zum schweizer Votum, die Hintergründe und dessen möglichen Folgen benötigt, der findet all das – und genau im richtigen Maße komplex aufgereitet, wie ich finde – in diesem Spiegel-Artikel sowie diesem Kommentar (ebenfalls vom Spiegel) zum Thema.

 

 

Rock and Roll.

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Ein(en) Hoch auf die Kunst! – Von „Arschfickern“ und dem schmalen Grat zwischen Gesellschaftskritik und stumpfer Provokation…


Holzpolizisten

Wo hört Kunst auf, und wo fängt die Beleidigung an? Nun, jemand wie Gunther von Hagens mag mit seinem Schauerpanoptikon der lebenden Toten durchaus als streitbar faszinierend gelten, immerhin geht er mit seiner Kunst sprichwörtlich „über Leichen“. Dagegen ist Günter Schumann ein – vergleichsweise – renitenter Waisenknabe. Und doch sorgte eines seiner Werke vor ein paar Jahren – genauer: 2005 – durchaus für Aufsehen. Aber seien wir doch mal ehrlich: wenn ein Künstler zwei überdimensionale Holzfiguren drechselt, die durchaus zweifelsfrei einem korpulierenden Polizistenpärchen ähneln, und dieses… nunja: „Kunstwerk“ mit dem deutungsfreien Titel „Die Arschficker“ dann vor dem nächstgrößeren Amtsgericht parkt (in diesem Fall das der Stadt Schwerin), so kann man schon von gewollter Provokation sprechen. Immerhin ist Schumann, für den die Forderung von offizieller Stelle, ihn doch bitte in psychiatrische Behandlung einzuweisen, „die höchste Auszeichnung (ist), die in Mecklenburg-Vorpommern an Künstler vergeben wird“, ein aktenkundiger Wiederholungstäter, der bereits in der Vergangenheit grenzwertige Holzskulpturen zustande brachte. Ob das nun wirklich „Kunst“ ist, oder Günter Schumann einfach nur auf geniale Weise durchgeknallt  – das liegt wie so oft im Auge des Betrachters. Leider handelt es sich bei den bundesdeutschen Gesetzeshütern um einen weitestgehend spaßfreien Verein, der anscheinend wenig von gesellschaftskritischen Untertönen hält. Der Zuschauer wird schmunzeln. Die Polizei hält’s eher mit dem Motto: Es ist Kunst, also muss es weg!

 

Hier gibt’s einen kurzes Bericht des NDR-Satireformats „Extra 3“ aus dem Jahr 2005…

 

…und hier einen kurzen „Spiegel“-Artikel zum „Vorfall“ (vom August 2005).

 

Rock and Roll.

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