Über zwei Jahre ist es her, dass Elena Tonra mit ihrem ersten Solo-Album unter dem Namen Ex:Re im ungefilterten Monolog das Ende einer Beziehung rekapitulierte und allen geneigten Hörern (und Hörerinnen) zehn wunderschöne, sanft-melancholische Tränenzieher irgendwo im nachtschweren Electro-Pop-Spannungsfeld servierte. Seitdem jedoch herrschte Funkstille – auch bei ihrer eigentlichen Hauptband Daughter. Umso überraschender kam nun die Ankündigung, dass bereits am morgigen Freitag ein (digitales) Album mit Live-Aufnahmen der Kollaboration zwischen der Daughter-Frontfrau, der klassischen Komponistin Josephine Stephenson und dem 12 Ensemble, einem renommierten String Ensemble, erscheinen wird.
Und obwohl die 31-jährige britische Musikerin mit Ex:Re noch immer ihr „Solo-Ding“ verwirklicht, ist „Ex:Re with 12 Ensemble“ ein durch und durch gemeinschaftliches Produkt: So zeichnete sich Fabian Prynn, der Produzent und Schlagzeuger des Ex:Re-Debütalbums, für die Aufnahmen verantwortlich, welche am 30. November 2019 im Londoner Kings Place entstanden. Josephine Stephenson begleitete Tonra auf dem Piano, integrierte das 12-köpfige Streich-Ensemble gekonnt in die emotionalen Songs und erschuf so eine Brücke zwischen klassischer und kontemporärer Musik. Das Ergebnis besticht durch seine subtile Dynamik, die Elenas Worte exponiert und an Bedeutung gewinnen lässt, konträre Melodien oder detailverliebte Änderungen an Harmonien, welche die Songs wachsen lassen. Die vorliegende Live-Umsetzung des Studioalbums ist dabei ein nur allzu logischer Schritt, denn nachdem Stephenson Elena „Ex:Re“ Tonra über ein Jahr auf Tour begleitete und ihre Songs in- und auswendig kannte, existierten die Blaupausen der Arrangements bereits in ihrem Kopf und mussten quasi nur noch an das 12 Ensemble übergeben werden. Wunderschön, einmal mehr.
Einen ersten Eindruck von „Ex:Re with 12 Ensemble“ kann man sich anhand des Videos zum Album-Opener „Where The Time Went“ verschaffen:
Wie bereits kürzlich erwähnt erschien am vergangenen Freitag mit „Tiny Changes: A Celebration of Frightened Rabbit’s ‚The Midnight Organ Fight‘“ ein Tribute-Sampler zu Ehren des zehnten Geburtstages des zweiten Frightened Rabbit-Albums „The Midnight Organ Fight“ (welcher, genau genommen, allerdings bereits im April 2008 war), mit welchem der schottischen Indierock-Band damals der Durchbruch hin zu einem größeren Publikum gelang. Und obwohl diese Veröffentlichung wohl unweigerlich unter dem Schatten des Todes von Frontmann Scott Hutchison im vergangenen Mai steht, ist das Cover-Werk keineswegs ein Tribute an ihn selbst, schließlich war Hutchison bis zu seinem Tod noch fest in die Entstehung und Organisation involviert und bat viele der Bands und Künstler, welche mal freundschaftlich, mal durch gemeinsame Tourneen mit den Angsthasen aus Glasgow verbunden sind und sich nun in der illustren Tracklist wiederfinden, noch selbst um einen Beitrag.
Neben The Twilight Sad, Manchester Orchestra, Julien Baker, Biffy Clyro, Josh Ritter, Craig Finn (The Hold Steady), Benjamin Gibbard (Death Cab For Cutie), Aaron Dessner (The National) oder Wintersleep haben sich auch Daughter die Zeit genommen, ein Stück von „The Midnight Organ Fight“ neu zu interpretieren. Und wie beim Großteil der anderen Coverbeiträge, denen man deutlich anmerkt, dass sich die jeweiligen Künstler viele Gedanken gemacht haben, um „ihren“ Song würdig einzuspielen (und diesem oft noch völlig neue Facetten hinzufügen), ist auch Daughters Version von „Poke“ großartig geraten. Mehr noch: Das Stück scheint dem britischen Trio um Frontfrau Elena Tonra wie auch den Leib geschneidert und könnte sich mit dem ohnehin herzzerreißenden Text und all den Instrumentalschichten, welche Tonra, Igor Haefeli und Remi Aguilella behutsam zusammenschustern, auch nahtlos in den eigenen Songkatalog einfügen. Scott wäre stolz gewesen… 💔
Was für Musik braucht man in einem Jahr wie diesem? Solche, bei der die Halsschlagader wild pocht und der ganze gerechte Zorn auf die Welt ein brodelndes Ventil bekommt. Solche, die einem sanft über den Kopf streicht und einem die Hoffnung einhaucht, dass alles schon besser werden wird – irgendwann, irgendwie. Und auch solche, die einen in ihrer Euphorie einfach gnadenlos mitreißt, und einen – im besten Fall – alles andere – das Gute wie Schlechte – für Momente vergessen lässt. Zwischen diesen drei Fixpunkten ist in meiner Bestenliste der persönlich tollsten Alben des Musikjahres 2018 einmal mehr wenig zu finden, an den Endpunkten dafür umso mehr. Bühne frei und Vorhang auf für ANEWFRIENDs Alben des Jahres!
So sehr ich Tim Kasher für nicht wenige Diskografie-Glanzlichter (angefangen bei Cursive bis hin zur Zweitband The Good Life und den Solo-Werken) schätze, aber: Wirkliche Erwartungen – im Positiven – hatte ich zuletzt kaum noch. Dafür war vor allem das letzte, 2015 erschiene The-Good-Life-Album „Everybody’s Coming Down“ einfach zu mies, und auch die 2013 beziehungsweise 2017 veröffentlichten letzten Alleingänge „Adult Film“ und „No Resolution“ waren zwar mit einigen Ausnahmesongs gesegnet, verschwanden allerdings schnell wieder in den hinteren Ecken des (digitalen) Plattenregals.
Dass es also Cursive, Tim Kashers bereits seit den Neunzigern bestehende Alle-Jubeljahre-wieder-Stammformation, heraus reißen würde, darauf durfte man auch kaum vertrauen, schließlich konnten dort weder „Mama, I’m Swollen“ (2009) noch das im großen Stil gescheiterte „I Am Gemini“ (2012)mit der Intensität von „The Ugly Organ“ oder dem kalkulierten Wahnwitz von „Happy Hollow“ mithalten. Warum also sollte ausgerechnet „Vitriola“, Cursives erstes wirkliches Lebenszeichen seit geschlagenen sechs Jahren, da auf überzeugenderen Schienen unterwegs sein?
Nun, zunächst einmal, weil mit Tim Kasher, Matt Maginn, Ted Stevens, Clint Schnase sowie Co-Produzent Mike Mogis – erstmals seit „Happy Hollow“ und zwölf Jahren – Cursives bewährte Stammformation wieder an Bord ist. Und auch, und das wiederum erstmalig seit „The Ugly Organ“ und immerhin 15 Lenzen: das Cello ist zurück! Und ebenjenes füllt gleich einmal jede Ecke und Kante der zehn Albumstücke aus. Und wie! Bei aller Ruppigkeit gelingt es Kasher und Co. derart fulminant, ihr einmal mehr einem Cursive-Album zugrunde liegendes hochtrabendes Konzept (diesmal arbeitet sie sich am Existenzialismus ab, der in Richtung Nihilismus, mal hin zu dystopischer Verzweiflung abwandert und von der Art und Weise erzählt, wie die Gesellschaft, ähnlich wie ein Schriftsteller, einerseits im Eifer erschafft, andererseits jedoch auch – sich selbst – zerstört) an die Hörerschaft zu bringen, dass man kaum mehr indierockende Zeitgeist-Kritik von irgendeiner anderen Band erwarten kann. Diese Songs sind pissed, sind angewidert, sind unzufrieden. Ganz gleich, ob, wie in „Under The Rainbow“ Unruhe in Wut überschwappt, die die Selbstzufriedenheit der privilegierten Klassen anklagt, sich im großartigen „It’s Gonna Hurt“, das Klimax über Klimax über Klimax schraubt, Trauer Bahnen bricht, in „Life Savings“ Geldgier und Konsumhörigkeit vor die Flinte laufen, oder, wie etwa im Abschluss „Noble Soldier / Dystopian Lament“, ein eindringlicher Blick auf einen möglichen gesellschaftlichen Kollaps geworfen wird, der wenig Hoffnung bietet, aber versucht Schönheit und Schrecken auf dem Kopf einer Nadel auszubalancieren. Und so wunderbar kaputte Schrammelorgien wie etwa „Ghost Writer“ können ohnehin nicht viele verfassen…
Natürlich darf man auch 2018 keinen zugänglichen Radiopop von Cursive erwarten – warum auch? Die Welt ist keine gute, der Mensch darin im Zweifel dem anderen gegenüber kaum selten feindsinnig gestimmt, und oft genug nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Tim Kasher spricht all das in so einigen feinsinnig-bissigen Alltagsbeobachtungen offen genug an. Und das tönt auch wegen Megan Siebes fast omnipräsentem Cello so kraftvoll wie gefühlt noch nie im Cursive’schen Klangkosmos… So famos wie kaum etwas anderes 2018, und deshalb meine liebste Platte!
Dass „Dance Music“ Scott Hutchisons Abschiedsgeschenk an die stetig wachsende Hörerschar des umtriebigen Frightened-Rabbit-Frontmanns werden würde, konnte – wenn überhaupt, denn all das gehört freilich ins Reich der Spekulationen – wohl nur er selbst ahnen. Trotzdem bleibt es dabei: Scott Hutchison ist tot. For fuck’s sake, damnit! Und dieses gemeinsam mit befreundeten Musikern aus Kapellen wie den Editors oder Minor Victories aufgenommene Album einhält daher die wohl sinnlosesten Abschiedszeilen des Musikjahres. Sind sie großartig, diese Songs? Zur Hölle, ja! Würde ich sie eintauschen für ein paar von Scott verfasste Worte, in denen er – gesund, lebend und bester Dinge – von den Aufnahmen eines Nachfolgers zum nun auch finalen 2016er Frightened-Rabbit-Album „Painting Of A Panic Attack“ schreibt? Zu gern, zu gern…
Ganz ehrlich: Plattencover des Jahres, mit Abstand. Dass auch die – leider: nur – sieben Songs von „LP5000“ zu überzeugen wissen, spricht für die stetige Entwicklung von Restorations. Dass die fünfköpfige Indierock-Band aus dem US-amerikanischen Philadelphia, Pennsylvania auch mit Album Nummer vier nicht unter „Geheimtipp“ für Freunde von Referenzbands wie The Gaslight Anthem, The Hold Steady, Hot Water Music, Jimmy Eat World oder den Get Up Kids verbucht werden darf, ist da eigentlich eine Schande, denn toll ist auch 2018 jede neue Albumnote.
„Grundsympathischer Indierock wie um die Jahrtausendwende herum – schroff, direkt und unaufdringlich. Kribbelt. Rockt. Macht Laune. Umarmt.“ Besser als diese zehn Songs aus der Feder von Tobias „Tobi“ Mösch und seinem Band gewordenen Wohnzimmer-Projekt Yellowknife ist dies 2018 in Indienrock-Deutschland keiner anderen Band geglückt. Macht zuckerfrei süchtig. Da kannste eigentlich nur kritisieren, dass bereits nach 35 Minuten der Finger einmal mehr auf die Repeat-Taste wandern muss…
Würde man versuchen, die Biografie von William Fitzsimmons zu verfilmen, das Ergebnis würde wohl fast schon zwangsläufig zu einem kitschigen Zelluloid-Melodram verkommen (oder wahlweise zu einer vor Pathos triefenden Prime-Time-Telenovela). Und auch, wenn man sich bei einem Urteil wie diesem ein klein wenig wie ein schlechter Mensch fühlt, aber: Der 40-jährige grundsympathisch-herzliche US-Singer/Songwriter ist immer dann besonders gut, wenn es um das Vertonen seiner eigenen Schicksalsschläge geht. Und davon hat Studiowerk Nummer sieben, „Mission Bell“ so Einige zu bieten. Manchmal mag’s so sehr zu Herzen gehen, dass sich Kuschelplümo und Kakao fast von selbst erwärmen. Ach, William… ♡
„“Ex:Re“ ist ein Trennungsalbum, wie es auch schon die Daughter-Vorgänger waren, eine Sammlung an Tipps zum Verkraften und Überleben, eine Anleitung zum Alleinsein. Eine Art Tagebuch, in das man nur nachts schreibt, wenn der Kummer einem den Schlaf raubt.“ wie Jennifer Deiner in ihrer plattentests.de-Rezension zum Solo-Debüt von Daughter-Frontfrau Elena Tonra schreibt. Klar sind die zehn darauf dem Herzschmerz abgerungenen Stücke durch und durch traurig, schonungslos offen und unheimlich direkt – allerdings auch weit weg davon, wirklich trostlos zu sein. „When you sheltered yourself and / Cut off the phone / Well, I knew then / You weren’t hurt / You’de forgotten / How to love“ heißt es zwar im abschließenden, bitteren „My Heart“. Trotzdem legen sich die meisten Songs wie eine düster glimmende nächtliche Decke um den Hörer, und lassen ihn wissen: Du bist nicht allein.
Der Album-Vorgänger „Keep You“ war 2014 noch auf dem Treppchen zu ANEWFRIENDs „Platten des Jahres“, „Wait For Love“ schafft es 2018 zumindest in die Top Ten. Und das auch völlig zu recht für Pianos Become The Teeth. Denn obwohl das Quintett aus dem US-amerikanischen Baltimore, Maryland Note für Note immer weiter das Post-Hardcore-Gewand der wütenden ersten beiden Werke „Old Pride“ und „The Lack Long After“ abstreift, um seine Songs hin zum mittlerweile sehr melodisch-melancholischen Indierock zu öffnen, tut dies der Spannung keinen Abbruch. Denn vor allem die Stimme von Kyle Durfey ist viel zu großartig, um als Schreihals im nächsten juvenilen Moshpit zu verenden. Und wie hieß es doch im 2013 erschienenen Song „Hiding“ (welcher an sich bereits die formvollendete Richtungskorrektur vorweg nahm): „You can’t stay angry forever, or so I’m told…“
Beach-Slang-Frontmann James Alex nimmt sich den ein oder anderen Song seiner Stammband noch einmal vor – und stimmt diese dann eine ganze Ecke leiser an. Passenderweise als Quiet Slang. „Insgesamt scheint die Idee von Beach Slang-Frontmann James Alex, als Quiet Slang mit einer intim(er)en Variante seiner Hauptband an den Start zu gehen, eine durchaus brillante zu sein, schließlich kommt sein herrlich ungeschliffen-raues Organ zu Piano, Akustischer und Streichern nun voller zur Geltung.“ Absolut. Und alle, die befürchten, dass Beach Slang nun deshalb in der Versenkung verschwinden würden, seien beruhigt: Diese Album gewordene Verschnaufpause scheint James Alex genügt zu haben, denn bald schon soll es wieder neue Beach-Slang-Songs zu hören geben…
Gäbe es einen J-Mascis-Gedächtnis-Award für den bloßen Versuch, ein feinsäuberlich durchgegniedeltes Gitarrensolo in möglichst JEDEM Indierock-Song unter zu bringen, so wären Slothrust hierfür die wohl sichersten Anwärter des Musikjahres 2018. Denn für das Trio aus Boston, Massachusetts scheint es ein Leichtes zu sein, ein Solo in eben nahezu jedem der zwölf Stücke von Album Nummer vier, „The Pact“, zu platzieren. Kann nerven? Kann aber auch recht geil sein. Dafür sorgt auch die stilistische Melange, durch welche sich Leah Wellbaum, Kyle Bann und Will Gorin mittlerweile recht leichtfüßig bewegen. War „Everyone Else“, der 2016 erschienene Albumvorgänger, noch ein einziger tiefer Flanellhemd-Knicks vor der Grunge-Ära, so tauchen die Songs des Dreiergespanns mittlerweile ohne jegliche Berührungsängste auch in Indiepop- oder Alt.Country-Gefilde ab und schrecken auch vor subtilen Synthie-Streichern oder einem Jazz-Saxophon-Solo (!) nicht zurück. Macht mächtig Laune, das Ganze! And this year’s J-Mascis-Gedächtnis-Award goes to…
Wie meinte ich noch im August: „Ist halt ein Guter, der Cluesen.“ Das hat sich freilich auf im Verlauf der letzten Monate kaum geändert. Und allen, für die der Pop auf den letzten Nummer-Eins-Alben des gebürtigen Erfurters Überhand nahm, bietet Clueso auf „Handgepäck I“ eine – Outtakes hin, Album-Überbleibsel her – in sich stimmige Sammlung meist akustisch-reduzierter Songs an, über denen – zumindest, wenn’s nach mir geht – seine Neuinterpretation des Puhdys-Klassikers „Wenn ein Mensch lebt“ thront…
Das selbstbetitelte Debüt war 2015 noch ANEWFRIENDs „Album des Jahres“, der „Neintology“ genannte (und aufgrund des auch heute noch famosen Vorgängers konsequenterweise selig erwartete) Nachfolger jedoch lief bei mir seit Veröffentlichung im September geschätzte zwei, drei Mal. Was also ist passiert? Adam, du machst mir Angst! Adam, wir haben wohl Redebedarf…
Eine der großen Stärken des Debütalbums war noch, dass Frontmann Felix Schönfuss und seine Band Dinge klar – und meist darbst angepisst – beim Namen nannten, Problemkarten offen auf den Tresen der Indierock-Spelunke legten – und daraus ordentliche Punkrock-Songs mit eingebauter Repeat-Taste klöppelten. Drei Jahre später sind die Zeiten, und freilich auch die Gesellschaft um die Band herum, kaum besser, trotzdem gelingt es Schönfuss und seinen Mit-Adam-Ängsten nur recht selten, den Funken (erneut) überspringen zu lassen. Der vermeintliche Technologie-Horror von „Alexa“ mag zwar im ersten Moment witzig erscheinen, ist jedoch arg überformuliert. Der Protektionismus-Abgesang „Blase aus Beton“ geht in Ordnung, stinkt letztendlich jedoch gegen fast jedes Stück des Vorgängers mächtig ab. „Kriegsgebiet“ arbeitet sich zu tobenden Riffs und drückenden Drums an allerlei Erste-Welt-Problemen ab (das wusste die Band 2015 mit „Splitter von Granaten“ noch weitaus besser hinzubekommen). Beinahe der einzige Lichtblick: „Alphatier“. Dieser beschäftigt sich in der Ich-Perspektive mit dem Coming Of Age einer Transperson und ermuntert diese schlussendlich zum Coming Out. Offenbar hat sich das Quinitett die Kritik, die es in „Punk“ ironisch vorweg formuliert, am Ende tatsächlich zu Herzen genommen: Zu smart, musikalisch zu unkomplex. Weiterskippen statt auf Repeat zu hämmern. 2018 wandeln Adam Angst bestenfalls auf etwas blassem Ärzte- und/oder Farin-Urlaub-Niveau (ohne es despektierlich zu meinen, aber auch Champions und Europa League sind ja zwei verschiedene Ligen). Das Debüt spuckt noch heute Gift und Galle, das hier tut leider niemandem mehr weh. Böse Zungen würden nun darauf verweisen, dass Frontmann Felix Schönfuss in diesem Fall zum ersten Mal ein zweites Album mit einer seiner Bands (in der Vergangenheit etwa Escapado oder Frau Potz) abgeliefert hat, und dieses ja in der Vergangenheit „aus Gründen“ vermied. Nach einem Meilenstein-Schuss ist wohl stets Schluss? Ich erbitte Besserung!
Zunächst einmal ist es toll, dass sich Maynard James Keenan und Kompagnon Billy Howerdel nach schlappen 14 Jahren tatsächlich mit einem neuen A Perfect Circle-Langspieler zurück melden. Klar, gerade Keenan lag in der Zwischenzeit mit seiner Weinbau-Passion, seinem etwas umtriebigeren (und ab und an arg spleenig-ambitionierten) Band-Projekt Puscifer sowie neuerdings wieder Tool (deren Nachfolger zum 2006er Album „10,000 Days“ längst zum weltgrößten musikalischen Treppenwitz taugt) kaum auf der faulen Haut. Und gerade deshalb schien ein Nachfolger zum 2004 veröffentlichten Album „eMOTIVE“ nicht eben wahrscheinlich. Wer’s anders sieht, dem seinen mal eben die damaligen Randbedingungen vor Augen geführt, erschien dieses doch am 1. November, und damit einen Tag vor den damaligen US-Präsidentschaftswahlen, bei denen ein gewisser George W. Bush im Amt bestätigt wurde. Danach folgten zwei Amtszeiten von Barack Obama, dem wiederum ein mit dem Goldlöffel aufgezogener, tumbdreist daher plappernder ehemaligen Reality-TV-Show-Star im vermeintlich höchsten Amt der US of A nachfolgte. Die Welt hat sich also seit dem dritten Langspielwerk kaum zum Besseren gewandelt. Bühne frei für neue Songs von Keenan, Howerdel und Co., die sich auch in der Vergangenheit kaum mit Kritik zurück hielten, also?
Nun so einfach ist’s kaum. Natürlich hat die Band in all den Jahren kaum ihre Trademarks, die einerseits von Maynard James Keenan markanter Stimme, andererseits von Billy Howerdels filigranem Gitarrenspiel, welches in Alternative-Rock-Songs mündet, die wiederum beständig im Spannungsfeld zwischen Melancholie und Eruption hin und her mäandern, über Bord geworfen – man höre nur das großartige „Features“! Natürlich gibt es auch 2018 zeitgeistige Sozialkritik, wie etwa im feinen Holzhämmerchen „Disillusioned“. Das Problem mit der Rückkehr von A Perfect Circle ist vielmehr, dass „Eat The Elephant“ zu viel will (und, wie etwa beim fast schon grotesk poppigen „So Long, And Thanks For All The Fish“, auch wagt), dem – freilich einmal mehr schön konzeptuierten -Ganzen jedoch wenig wirkliche Substanz, arg viel oberflächlichen Inhalt entgegen stellt. So verkommt ein Großteil der Stücke auf „Eat The Elephant“ zu einer Mogelverpackung á la Hollywood, gegen die es gerade noch selbst gewettert hat, und wäre – zusammen gedampft auf eine EP – wohl potentiell größer rausgekommen…
Der Bandname? Der wohl nichtssagendste, fast schon schwachsinnigste seit Langem. Die Band selbst? Ein echter Geheimtipp, bei dem selbst ich mich frage, wieso gerade die so lange an mir vorbei musizieren konnten…
Denn vor allem die letzten beiden Studioalben von Soup – die großartigen „The Beauty Of Our Youth“ (2013) und „Remedies“ (2017) – bieten eine wunderbar zusammen gewürfelte Melange aus so Vielem: Kopfkino-Postrock von Größen wie Godspeed You! Black Emperor, Sigur Rós oder Mogwai, psychedelischer Seventies-Rock der Duftmarke Pink Floyd, an manchen Ecken lugen gar Genesis, Steven Wilson, Opeth oder Motorpsycho hervor. Dass der Fünfer aus dem norwegischen Trondheim aus all diesem potentiellen Referenzen tolle Alben (bei den genannten saß wiederum nicht grundlos Mogwai-Mischer Paul Savage hinter den Studioreglern) zimmert, macht das Endergebnis nur noch umso erstaunlicher, sodass man beinahe gewillt ist, dem Promotext unumwunden zuzustimmen: „‘The Beauty Of Our Youth‘ ist ein Album, das gekonnt die Schönheit der Landschaft widerspiegelt und ein Manifest nordischer Melancholie zu sein scheint, auferstanden aus moosigen Wäldern, durch nebelige Berge streifend, um letztendlich in der rauen See zu versinken. Dynamisch, aufregend und entspannend zugleich.“
Verschroben-verschwurbelte Naturromantik trifft also auf die gaaaaanz große Artrock-Palette? Mag sein, ja. Klingt jedoch großartig genug, um Soup – dämlicher Bandname hin oder her – endlich zu mehr als nur einem Geheimtipp-Status gratulieren zu wollen…
Übrigens: Wer wissen mag, ob Erlend Aastad Viken, Ørjan Langnes, Jan Tore Megård, Pål Ramsøy-Halle und Espen Berge ihre große Studio-Show auch auf die Konzertbühnen transportieren können, dem sei etwa die kürzlich erschienene (und leider nur fünf Songs kurze) Live-Konserve „Live Cuts“ ans Hörerherz gelegt.
Elena Tonra, hauptberuflich Frontfrau (also Sängerin, Gitarristin und Songwriterin in Personalunion) der englischen Indierock-Melancholiker Daughter, veröffentlicht ohne großes Vorab-Promo-Ankündigungs-Wartezeit-Tamtam sowie unter dem enigmatischen Namen Ex:Re am kommenden Freitag mal eben ihr Solodebüt. Feine Sache, das…
Auf dem selbstbetitelten Album lässt uns die 28-jährige Musikerin tief in ihre Seele blicken. Die zehn Songs entstanden nach dem Ende einer Beziehung und sind textlich eine Art Brief an sich selbst und ihre Umwelt. Der Name Ex:Re leitet sich sowohl von den Begriffen „regarding ex“ als auch „X-Ray“ ab – das passt, gibt Elena Tonra doch einmal mehr einen recht offenherzigen Einblick in ihr Innerstes. Break up songs.
Aufgenommen wurde das Album zusammen mit dem 4AD-Studio-Chef und Produzent Fabian Prynn am Schlagzeug und der Komponistin Josephine Stephenson am Cello.
Elena Tonra über ihr Album: „Although the record is written for someone, a lot of the time it’s about the space without that person in it.In every scenario, there’s either the person in memory or the noticeable absence of that person in the present moment. I suppose it is a break-up record, however I do not talk about the relationship at all, and he hardly features in the scenes. He is onlyfelt as a ghostly presence.”
Die erste Single heißt “Romance“ und ist eine wunderschöne, sanft-melancholische Elektro-Pop-Ballade, durch die uns die zart gehauchten, in klassischer Daughter-Manier und mit bittersüßen Melodien an Bord vorgetragenen Vocals der zierlichen Sängerin führen. Solche Songs können eigentlich nur durch ein gebrochenes Herz entstehen…
Wer den Schnellschuss im Assoziationsurteil bevorzugt, und lediglich den vorzüglichen Song „Eighteen Minutes“ als Grundlage nimmt, der könnte mutmaßen, dass es sich bei Twin Oaks um Wiedergänger von Daughter handelt. Und würde gar nicht mal so falsch liegen, denn auch die Band aus Upland, Kalifornien macht sich – zumindest in diesem Stück, welches von der im vergangenen Jahr erschienenen „Collapse EP“ stammt – typische Daughter’sche Stilmittel zueigen: die ruhige, melancholische Soundbrise zum Einstieg, bevor GitarreSchlagzeugBass Anlauf nehmen und den Song gegen Ende in einen amtlichen, urplötzlich verebbenden Shoegaze-Klangorkan verwandeln. Und auch der Stimme von Twin-Oaks-Frontfrau Lauren Brown kann man nicht ganz absprechen, wie Elena Tonras sister from another mister zu klingen…
Auch andere Referenzbands wie London Grammar (der elektronischen Unterfütterung mithilfe von Beats und Loops wegen, welche vor allem das 2015 veröffentlichte Twin-Oaks-Album „White Noise“ auszeichneten) oder Lamb (auch von den Folk-meets-Indietronic-Großtaten der britischen Trip-Hop-Koryphäen sind die Kalifornier nie weit entfernt, während Louise „Lou“ Rhodes als weitere stimmliche Schwester zu Lauren Brown nur allzu nahe liegt) lassen beim Twin Oaks’schen Indie-Dreampop eher melancholische Großstadt-Nebelschwaden denn kalifornische Feelgood-Strandatmosphäre vor dem inneren Auge vorbei ziehen. Dass Twin Oaks, die einst als Duo aus Lauren Brown und Aaron Domingo (Gitarren, Keys, Programming) an den Start gingen, mittlerweile jedoch zur vierköpfigen, um Marilyn Beltran (Schlagzeug) und Aroldo Rios (Bass) erweiterten Band angewachsen sind, bei all diesen Assoziationen und – freilich hilfreichen – Referenzen genug interessante Alleinstellungsmerkmale besitzen, dürfte jedem klar sein, der auch der jüngsten „Living Rooms EP“ (welche die Band via Bandcamp zum wahlweise kostenfreien Download anbietet) eine Chance gibt.
(Leider wurde Twin Oaks – gerade im deutschsprachigen Teil des weltweiten Netzes – bislang zu wenig Beachtung geschenkt. Wer mehr zur Band und ihren Ursprüngen wissen mag, der findet hier ein interessantes Interview aus dem Jahr 2016…)
„Eighteen minutes ago, I was standing in a dark room Eighteen minutes ago, I was searching for a face I knew And my hands, they shake And my mind, it quits As I look into the sea of overbearing dreams
Eighteen minutes ago, I was searching for something real Eighteen minutes ago, I was wanting somewhere to feel And my hands, they shake And my mind, it quits As I look into me, I’ll keep searching Even if it kills me…“
Herzschlagfinale, die Erste: „Dry your smoke-stung eyes / So you can see the light / Staring at the sky / Watching stars collide“ – die letzten Minuten und Sätze des vor drei Jahren erschienenen Daughter-Debüts „If You Leave“ hatten es in sich. Wabernde Klänge, große Emotionen, eine Stimme, die einem ganz, ganz nahe ans Herz reichte, dieses erst beinahe zum Bersten und dann wieder zum Stillstand brachte. Heart skips a beat. Als sich der Soundnebel des Abschlussstückes „Shallows“ dann so langsam gelegt hatte, waren die Reaktionen nicht selten unisono: man wollte mehr. Mehr. Mehr. Mehr.
Fotos: Promo / Sonny Malhotra
Und die Vermittlung ebendiesen Gefühls kommt bereits einer Leistung gleich, immerhin machen es Daughter dem Hörer nicht ganz einfach. Denn in der Tat muss der (oder die), der (oder die) tiefer in die Stücke des Londoner Trios eintauchen möchte, eine gehörige Prise endherbstlicher Melancholie in den Herzkammern mit sich herum schleppen. Für all jene, die lieber zu einheitsbreiigen DJs wie Avicii oder Skrillex ihr eigenes Happy-Go-Lucky zelebrieren, wären wohl schon drei Minuten der Daughter’schen vertonten Schwermut zu viel und die Mixtur aus in sich gekehrtem Folk, dezent angebrachtem Post-Rock, scheuem Shoegaze und gefächerten Elektronik-Experimenten nur schwer zu ertragen. Nein, einen Soundtrack fürs vergnügte nihilistische Wochenend-Partyvolk werden Elena Tonra (Gesang, Gitarre), Igor Haefeli (Gitarre) und Remi Aguilella (Schlagzeug) wohl nie liefern. Das beweisen die drei nun auch auf ihrem neusten Werk „Not To Disappear„. Als verräterischen Beweis hierfür muss man noch nicht einmal eines der zehn Stücke hören, es reicht ein Blick aufs Cover, für das die Band ein Gemälde der britischen Künstlerin Sarah Shaw auswählte: Nachhimmel, einsame Straßen, von irgendwoher Lichter, die vor dem mutmaßlich benommenen Auge langsam verschwimmen. Es deutet sich an: Tonra und ihre Mannen haben wieder eine Dreiviertelstunde Schwermut im Gepäck.
Passend zum Artwork präsentiert sich da bereits Song Nummer eins, „New Ways“: „Washed out brain / I have a dirty mind / Oh, I need, I need new ways / To waste my time“ – zu schleppend elektronischen Beats schält sich Tora aus den Tiefen irgendeines gottverlassenen Clubs und in die Nacht. „I’ve been trying to stay out / But there’s something in you / I can’t be without / I just need it here / I’m trying to get out / Find a subtle way out / Not to cross myself out / Not to disappear“ – den anderen wollen, ihn vermissen, sich selbst nicht verloren gehen – es sind wieder die ganz großen Herzeleid-Themen, die Daughter bereits in den ersten Minuten anschneiden, bevor das Stück von geradezu sägenden Gitarren seinerseits ins Nachtdunkel geschnitten wird. Ähnlich gestaltet sich auch das darauf folgende „Numbers“, in dem Daughter kühlen Beats Gitarrenakkorde beimischen, zu denen sich alsbald Aguilellas Schlagzeug gesellt, während auch hier der Text erneut Skepsis an einer aufkeimenden Liebe offenbart: „Take the worst situations / Make a worse situation / Follow me home, pretend you / Found somebody to mend you / I feel numb / I feel numb in this kingdom /…/ You better, you better, you better / You better make me / Me better, me better / You better make me better“. Und überhaupt: die Texte. Klar war Vorsteherin Elena Tonra, die anfangs Daughter allein als scheues Folk-Projekt ins Leben rief, bevor 2010 der Schweizer Haefeli und der Franzose Aguilella dazustießen, auch auf den vorhergehenden Veröffentlichungen (das bereits erwähnte Debüt von 2013, dazu drei 2010 beziehungsweise 2011 veröffentlichte EPs sowie die „4AD Sessions EP“ von 2014) nicht als Sonnenscheinchen von Welt bekannt. Dementsprechend setzt sich auf „Not To Disappear“ das höchst melancholische Gefühl fort, das bereits „If You Leave“ zu vermitteln im Stande war. Das umspannende Sujet diesmal: Einsamkeit in all seinen Formen und Nuancen. Sei dies nun dieses mulmige Gefühl zwischen zwei Menschen in einer Beziehung, die sich irgendwann einmal kennengelernt haben, und am Ende doch irgendwo Fremde geblieben sind, während die Liebe längst Klingelstreiche an einer anderen Haustür spielt („How“, „Numbers“, „To Belong“…), oder, wie etwa im vorab veröffentlichten „Doing The Right Thing“ oder in „Mothers“, das einsame Gefühl, welches einen an Alzheimer erkrankten Menschen befällt – besonders herzzerreißend, wenn man weiß, dass Tonra hier aus der Perspektive ihrer Großmutter singt („Then I’ll lose my children / Then I’ll lose my love / Then I’ll sit in silence / Let the picture soak / Out of televisions / Float across the room“ – „Doing The Right Thing“). Neu sind vor allem die direkteren Worte, die die 26-Jährige zum Beispiel im tollen „Alone / With You“ wählt: „I hate living with you / I should get a dog or something / I hate walking with you / Talking to myself is boring conversation / You and I were once friends / Now you’re only an acquaintance“. Doch was zunächst wirkt wie die „Ich hasse dies, ich mag jenes nicht“-Abrechnung mit dem (Ex-)Freund, ist bei genauerem Hinhören die Abrechnung mit ihrem Alter Ego – ein cleverer lyrischer Kniff. Ebenfalls bissig zeigt sich etwa das atemlose „No Care“ mit pumpendem Schlagzeug, bei welchem sich (noch) elektronischere Remix-Neubearbeitungen geradezu aufdrängen, während anderswo, in „To Belong“, bereits die Resignation die Füße hochlegt („Don’t you think we’ll be better off / Without temptation to regress, to fake tenderness / Waiting to see someone we won’t know for long / In cities we’ll only leave /…/ I don’t want to belong“). Hin und hergerissen ist auch der große siebenminütige Quasi-Abschluss „Fossa“, der mal zu ebenso lieblich wie simpel-ehrlichen Zeilen wie „I don’t know you now / But I’m lying here, somehow“ oder „I don’t owe you much / But I miss you so / I’m missing you“ tendiert, mal zum offenen Bekenntnis „I feel alone“ (die Einsamkeit, da ist sie wieder), bevor alles von sich aufbäumenden Gitarren ins Aus gespielt wird (ein hervorragender Abschluss, denn nicht ohne Grund wählt die Band aktuell diesen Song als beendenden Rausschmeißer ihrer Konzerte). Dass Daughter darauf noch das reduziert gehaltene „Made Of Stone“ folgen lassen, mögen wohl nur sie selbst verstehen – immerhin bringt jedoch genau dieses Stück das Album mit der weltweise-versöhnlichen Zeile „You’ll find love, kid, it exists“ zu Ende.
Während das Trio rein textlich noch immer zur Fraktion der winterlichen Stubenhocker zählen dürfte, hat sich – wohl auch bedingt durch die Tournee zu „If You Leave“ – musikalisch Einiges seit dem Debüt getan. Denn anders als noch auf dem Erstling gehen Daughter auf den zehn neuen Stücken, welches in London entstanden sind und gemeinsam mit Produzent Nicolas Vernhes (Animal Collective, Deerhunter, The War On Drugs) in Brooklyn, New York aufgenommen wurden, deutlich mehr Experimente ein, deren Gesamtergebnis gleichsam breitwandiger und gewohnt fragil klingt. Auf „Not To Disappear“ schaffen Elena Tora und Co. eine winterlich kalte Klanglandschaft, die gleichzeitig beängstigend und einladend wirkt. Präzise Gitarren, verwaschene Synthies, ein wuchtiges Schlagzeug – sie schichten Sounds und Klänge aufeinander und verpacken die Intimität der Texte in einen voluminösen Sound, der Elena Tonras Stimme diesmal mit weniger Hall klarer als noch auf „If You Leave“ in den Vordergrund stellt. Wer einen anderen Vergleich mag: war „If You Leave“ ein Landschaftsbildnis, so ist „Not To Disappear“ der Soundtrack zu den einsamen Nachtstunden in der Großstadt. Das mag einerseits an artverwandte Bands wie The xx erinnern, gleichzeitig aber auch – und das darf man gern als Kompliment verstehen – an ebenfalls mit Emotionen jonglierende Größen wie Sigur Rós. Intensiv bleibt „Not To Disappear“ dabei zu jeder Minute, das zweite Herzschlagfinale wählt jeder selbst.
Zur filmischen Untermalung des Albums haben sich Daughter mit den britischen Filmemachern Iain Forsyth und Jane Pollard zusammengetan, die man bereits vom großartigen Nick-Cave-Porträt „20,000 Days On Earth“ kennen dürfte. Gemeinsam entstand eine Musikvideo-Trilogie, welche die Stücke „Doing The Right Thing“, „Numbers“ und „How“ verbindet:
Hier wiederum kann man sich den Auftritt der Band bei diesjährigen „BBC 6 Music Festival“ ansehen, bei welchem Daughter freilich auch einige Songs von „Not To Disappear“ zum Besten gaben:
Setlist: How Tomorrow Numbers Doing the Right Thing Smother Youth New Ways Fossa