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Auf dem Radar: Pillow Queens


Obwohl sich die Stadt weitaus weniger im Fokus befindet als Metropolen wie London, New York oder Berlin, darf man bei genauerem Hinschauen unumwunden feststellen: Auch in der Kulturszene von Dublin tut sich einiges. So bilden etwa Straßenkünstler*innen, Modedesigner*innen, Musiker*innen und Filmemacher*innen in der irischen Hauptstadt eine Szene, die sich offen für Queerness und Randgruppen einsetzt, sich mit jungen Menschen auseinandersetzt und sie aktiviert, um auf die anhaltende Mental-Health- und Wohnungskrise der Stadt zu reagieren und sozialen Ungerechtigkeiten den Kampf anzusagen. Wer wissen möchte, wie all das vertont klingen mag, der sollen den Pillow Queens (s)ein Ohr leihen, die just heute ihr zweites Album „Leave The Light On“ veröffentlichen.

Dabei ist „das Licht an zu lassen“ nicht gerade eine Aktion, die man mit dem 2020 erschienenen Pillow Queens-Debüt-Langspieler „In Waiting“ in Verbindung gebracht hätte. Lieber wollte man diesen im abgedunkelten Kellerclub genießen, sich zwischen schwitzenden Körpern gen Bühne kämpfen, um gemeinsam mit dem irischen All-Female-Quartett die dringlichen Texte by heart mitzugrölen. Nicht ohne Grund avancierte der Erstling der Irinnen vor zwei Jahren zum Kritikerliebling und hatte mit „Gay Girls“ eine der Queer-Hymnen des Musikjahres in petto. Und obwohl die Pillow Queens für die Nachfolger-Platte erneut mit Produzent Tommy McLaughlin gearbeitet haben, ist dieses Mal einiges anders. Und – man mag es kaum glauben – sogar noch besser.

Wobei – alles ist nicht unbedingt anders. Was geblieben ist, sind die queerfeministischen Thematiken, die sich auf recht unterschiedliche Weise in den Songs wiederfinden. So gibt „Well Kept Wife“ einen Kommentar zum gesellschaftlichen Druck auf Frauen im Haushalt ab: „Tell me the house got dirty / Tell me the warmth escaped / Tell me the dinner’s not ready / I know the bed’s not made„. „No Good Woman“ widmet sich derweil der Business-Welt: „All of these men you’ve been working for, all of them treat you so well / They wine and they dine on your back so much / That they step on your neck as well“. Doch nicht nur nach außen, sondern auch ins Innere blickt die LGBTIQ-Band, denn auf der anderen Seite beschäftigen sich einige Stücke (wie etwa „Be By Your Side“) mit der mehr oder weniger gesunden Sehnsucht nach einem Gegenüber. Anderswo, in „Hearts & Minds“, widmet sich die Band dem Imposter-Syndrom, einem psychologischen Phänomen, unter dem vor allem Frauen leiden und bei welchem Selbstzweifel so stark sind, dass man die eigenen Fähigkeiten sowie Leistungen anhaltend unterschätzt und für geringfügig erachtet – die Angst, durch seine vermeintliche Unfähigkeit und die deshalb für sich verbuchte Hochstapelei aufzufliegen, ist für Betroffene allgegenwärtig. So weit, so gewohnt? Nun, vor allem die Art der Darbietung unterscheidet sich immens von bisherigen Pillow Queens’schen Releases…

Denn obwohl sowohl die ersten, seit 2016 veröffentlichten EPs als auch das von queren Themen durchzogene Debütalbum nicht wenig Zündstoff bereithielten (gerade für eine katholische Gesellschaft wie die irische), durfte man dennoch nicht unbedingt erwarten, dass sich Pamela „Pam“ Connolly, Sarah Corcoran, Rachel Lyons und Cathy McGuiness dieses Mal mit so vielen emotionalen Sujets beschäftigen würden. Wohl auch deshalb ist der Einfluss dieser – zumindest teilweisen – thematischen Abkehr auf den Sound unverkennbar: Statt prägnanter Gitarrenriffs und strammem Indie Rock bestechen Pillow Queens nun mit einem durchaus imposanten, komplexen Sound. So tönt „Hearts & Minds“ erhaben-folkloresk, während „Delivered“ mit repitititven Gitarren einen leeren Äther konstruiert, in dem sich die Stimmen der Musikerinnen verästeln. „Historian“ besticht in den Strophen durch eine Julien-Baker-meets-Dream-Pop-Version, nur um im Refrain plötzlich ein sengendes Riff in den Pott zu werfen. Überhaupt nehmen sich die zehn neuen Songs jedoch vor allem viel Zeit, neigen zum gepflegtem Storytelling und gönnen sich dafür auch die ein oder andere Leerstelle. Das kann mal reduziert klingen wie in „The Wedding Band“, mal hingegen nach warmer, in Breitbild-Format getauchter Harmonie wie in „My Body Moves“.

Was die vier Pillow Queens mit „Leave The Light On“ jedoch fraglos geschafft haben: Ihren eigenen Indie-Rock-Sound ins richtige Licht zu rücken, damit alle noch so kleinen Spielereien noch besser als zuvor zur Geltung kommen. So tönen die neuen Stücke zugleich voluminös und intim, sind getrieben von einer gelebten Überzeugung, die nicht selten auch mehrstimmig erklingen darf. Weiterentwicklung? Gelungen!

Rock and Roll.

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Song des Tages: The Musical Slave – „They Can’t Stop You“


Wenn selbst einer wie Oscar-Preisträger Glen Hansard (The Frames, The Swell Season) einem digitale Lorbeeren wie „Norwigi embodies the best of cultures crosspollinating and flourishing together. I’m a huge fan of her writing and her videos.“ zuteil werden lässt, dann sollte man getrost ein, zwei Öhrchen riskieren.

Hinter der von hoher Singer/Songwriter-Stelle gepriesenen The Musical Slave versteckt sich die aus Norwegen stammende Straßenmusikerin Kristin Vollset, die – schenkt man ihrer Erzählung Glauben – in ihrem Leben schon gut in der Welt herum gekommen ist:

„The Musical Slave is a travelling musician and storyteller. She plays tropical punk and sings about people, love, cosmic forces, and the world economy. 

The Musical Slave is from Bergen, on the west coast of Norway. But she’s happiest when she’s out wandering. She started making music, jamming on the streets of Lyon, in France around the year 2000. She later moved to London where she ended up making vocal- and noisebased soundscapes. After a few years she travelled to Mexico, and started working as a street musician there. She also worked as a fisher in the Mexican lagoon of Temascal. When she moved back home she started writing her own songs. She has also worked as a school assistant, painter, scaffolder, bricklayer, gardener, and on a farm making cheese and sausages.

The Musical Slave has been performing in the street, since 2003. When she’s on the move she also sometimes makes money selling pancakes. 

From 2006 to 2010 she was in the band Bergen Beach Band.

From 2011 to 2014 she lived in Ireland, where she wrote the famous ballad, ‚No Plan‚, about the urban horse culture in inner city Dublin. She also made a documentary music video for it, which has been screened in film festivals in Dublin, New York and Cairo.

In February 2017 she gave birth to her daughter, Lovis, and until recently she’s been working as a full-time mother. 

She’s now back working on her music, and focusing on recording more of her songs.“

Und auch wie sie zu ihrem Künstlernamen kam, verrät die freiheitsliebende Künstlerin:

 „I call myself ‚The Musical Slave‘ because I believe that the money system turns us into slaves, and stops many people on this planet from doing what they really want to do. When you are always stuck, struggling to survive, you can’t be creative, and you don’t have time and energy left to really live.

But we’re all born with a heart, and we can use this heart to express ourselves, and to fight to turn this world back into the dream its meant to be. And music is a way to spark each other’s hearts, and remind each other to not let anything stop us from doing what we want and being who we want to be.“

Abseits von zwei, drei Songs hat Vollset leider noch nicht allzu viele musikalische Lebenszeichen hinterlassen. Einer davon ist jedoch das im Mai veröffentlichte „They Can’t Stop You“, welches sie ihrer Teilzeit-Wahlheimat Dublin widmet:

I remember when I first arrived in Dublin 8 on a Friday morning in June, how surprised I was that everyone was talking to me. And they had this dark sense of humour that made me feel at home straight away. It was like going back to a different time, when people lived in smaller groups with their own friends and family.

I found a freedom with these people that I haven’t found anywhere else. And with this song, I want to give people the same feeling of freedom they gave me.

This song, ‚They Can’t Stop You‘, is really about the search for freedom. The basic, primal freedom I think every living being longs for, but that, unfortunately, is hard to reach.

And that’s why I love the people of Dublin 8 so much – because out of all the people I’ve met in my life, they’ve come the closest to claiming that freedom. The song is also about the tension between the tribe and the state, and about who gets to decide what freedom is and if we should be allowed it.

I had a big problem in Dublin, that the police kept shutting me down whenever I played in the street. I think the state goes too far in limiting people’s freedom and their right to exercise their culture. And society is transforming quickly now, and with mass surveillance becoming the new norm, and artificial intelligence being able to reach and possibly control every aspect of our lives, redefining and reclaiming freedom is more relevant than ever.

So with this song I hope to remind people what it feels like to be free…

Und neben einem wachen Auge für gesellschaftliche Missstände scheint Irland auch klanglich die ein oder andere Spur hinterlassen zu haben – so meine ich einen Touch der vor zwei Jahren (zu früh) verstorbenen Cranberries-Sirene Dolores O’Riordan herauszuhören.

Klare Sache: The Musical Slave und ihr zukünftiges Schaffen sollte man im Auge (und Ohr) behalten! Ist ja schließlich von Glen Hansard abgesegnet…

Rock and Roll.

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Song des Tages: The Winter Passing – „Resist“


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Fünf Jahre nach dem Debüt „A Different Space Of Mind“ und drei Lenze nach der „Double Exposure EP“ fügen The Winter Passing ihrer Diskographie endlich Album Nummer zwei hinzu. Der Sound von „New Ways Of Living“ klingt dabei zwar immer noch nach einer wilden, juvenilen Fahrt durch Emo, Indie- und Folkrock, allerdings stets in seiner gehobensten Form. Damit präsentiert sich das Quintett als einer der schillerndsten Rohdiamanten aus Dublins umtriebiger DIY-Szene…

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Passend dazu, dass The Winter Passing, die nicht nur in weitreichenden Einflüssen von Sonic Youth über No Doubt oder American Football sowie einer kollektiven Faszination für Filmografie, irische Redensarten und ländliche Küstenstädte viele gemeinsame Nenner finden, sich auch im Jahr 2020 musikalisch irgendwo zwischen den Genre-Stühlen Indie, Punk, Midwest Emo und Folk (die ja nie gänzlich ohne ein kapitales „ROCK“ auskommen) ansiedeln, arbeitet das Fünfergespann um die Geschwister Kate und Rob Flynn – wohl auch ein wenig aus der rationalen „Not“ heraus – bevorzugt in Eigenregie. Sie produzieren ihre Platten nahezu selbst, buchen – so denn Corona und Co. nicht eben alles zum Stillstand zwingen – eigene Shows rund um den Globus, waren in Großbritannien und Europa so bereits als Support von Bands wie Modern Baseball, The Wonder Years, Touché Amoré, The Dirty Nil oder Four Year Strong zu erleben. Und lassen nun endlich mit dem zehn Songs starken „New Ways Of Living“ neue Musik hören.

Mit dem zweiten Langspieler will die Band nicht nur einmal mehr mit ihrem irischen Working Class-Ethos überzeugen, sondern auch ein neues Kapitel aufschlagen. Die neuen Songs sollten noch dynamischer, die Texte von Kate und Rob Flynn noch persönlicher geraten. Ihre verletzliche Seite zu zeigen, gehört für sie selbstverständlich dazu. „Die neuen Songs handeln von Mental Health und Wohlbefinden, der Angst, die durch den ständigen Wechsel von Stabilität und Instabilität im Leben hervorgebracht wird und davon, sich damit abzufinden, auch einfach nur ‚OK‘ zu sein“, erklärt Sänger und Gitarrist Rob Flynn.

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Das eröffnende „Ghost Thing“ verbreitet von der ersten Sekunde an eine Art unruhige Aufbruchsstimmung, wirkt dabei unbequem und doch harmonisch. Der an mancher Stelle an Kapellen wie die kanadischen Indiepopper Stars oder die ebenfalls aus dem Ahorn-Staat stammenden Alternative-Rocker July Talk erinnernde Wechselgesang der Geschwister – er das Raubein, sie charmant und leichtfüßig (und manchmal eventuell etwas zu sehr in Richtung quietschige Kopfstimme unterwegs) – entwickelt schnell eine gewisse Eigendynamik, das zwingend indierockende Arrangement zwischen verbissenen Strophen und weit offenem Chorus erzielt so einige Volltreffer. Davon ist im folgenden „The Street And The Stranger“ erst einmal nicht allzu viel zu hören. Die Band nimmt das Tempo heraus, gibt sich fragiler und emotionaler. Erst über Umwege schleicht sich das Stück an, beißt sich dafür jedoch umso beharrlicher fest.

Eine gewisse Spannung ist in jeder Sekunde zu spüren, wenn beispielsweise die Single „Resist“ aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und einen amtlichen Refrain zwischen Melancholie und Hoffnung lostritt. Das Duett der Flynns tönt gut und funktioniert immer wieder. So auch im recht punkigen „New York“, einem schönen Schrammel-Song mit kleinen Widerhäkchen, der wie im Rausch durch die Szenerie preschend und doch reich an Melodien erscheint. Anderswo, in „Greetings From Tipperary“, wird’s unaufdringlich-jingle-jangle-folkig, „I Want You“ gibt sich gleichsam nachdenklich und sentimental. Den Rausschmeißer gibt’s schließlich im XXL-Format: „Mind Yourself“ nähert sich der Sieben-Minuten-Marke an und entlädt sich in Druckwellen, rund um beklemmende Ruhe und blanke Emotionalität angesiedelt. Das geht gen Ende im besten Sinne an die Substanz.

Eines wird deutlich: Wenn The Winter Passing zulangen, dann so richtig. Ihr zweites Album braucht keinen Vorlauf, keine Aufwärmphase, sondern explodiert mit einem Mix aus gefühlvollen Harmonien, beklemmenden Emo-Teppichen, scharfkantigem Punk Rock, beinahe shoegaziger Atmosphäre und sanfter Hoffnung. „New Ways Of Living“, welches mit „Good Thing“, „Melt“ und „Resist“ gleich drei formidable Kandidaten für die Emo-Playlist des Jahres parat hat, mag dabei – dem vollmundigen Albumtitel zum Trotz – zwar auch keine Allerweltslösungen fürs menschliche Miteinander bieten, bahnt sich jedoch immer wieder den Weg aus der Niedergeschlagenheit und überrascht positiv mit kleinen, feinsten Kniffen. Zehn kleine Indie-Perlen, die nahelegen, dass die Songs von The Winter Passing in Zukunft sogar noch um einiges spannender geraten können…

 

Hier gibt’s das Musikvideo zur Single „Resist“, welches Corona-bedingt in den Wohnungen der Bandmitglieder entstand:

 

Rock and Roll.

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Moment! Aufnahme.


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(via sadanduseless.com)

 

Wozu Photoshop doch alles gut ist, Teil 3.547: Den Verwandten einem Herzinfarkt nahe bringen. Das dachte sich wohl auch Stephen Crowley, und bildbearbeitete seine kleine Tochter Hannah mal eben in die ein oder andere *hust* „marginal gefährliche Situation“. Der ganze Spaß ist – zumindest für Außenstehende – natürlich vor allem deshalb lustig, weil man weiß, dass der aus dem irischen Dublin stammende Designer den eigenen Nachwuchs nie wirklich in Gefahr bringen würde – und durchaus eine ernsthafte (und zu Herzen rührende) Botschaft im Hinterkopf hatte…

Was wir also demnächst gern sehen würden: den Kanonenflug, einen Drahtseilakt zwischen zwei Hochhäusern, den olympiareifen Skisprung oder die Fütterung eines weißen Hais (gern auch vom sicheren Käfig aus). Und wer weiß – vielleicht revanchiert sich die Kleine irgendwann, indem sie Daddy frühzeitig ins Altenheim photoshopt?

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: I Have A Tribe – „Cuckoo“


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I Have A Tribe – der Bandname klingt schwer nach Künstlerkollektiv. So ähnlich – oder eben nicht – ist es denn auch, denn hinter I Have Tribe steht eigentlich Patrick O’Laoghaire ganz allein. Ungefähr so, wie hinter Bon Iver Justin Vernon ganz allein steckt. Für seine Musik holt sich der aus Dublin stammende Ire, der sich vom Wort „Tribe“ auf einer Plakatwand zum Bandnamen inspirieren ließ, jedoch offenbar gern Unterstützung von Freunden und Bekannten, nachzusehen etwa im Musikvideo zum Song „Cuckoo“. Selbiges ist nicht etwa standesgemäß in einem irischen Pub entstanden (das wäre denn wohl des Klischee zuviel gewesen), sondern wurde an einem sonnigen Tag in der Reichenberger Straße in Berlin-Kreuzberg gedreht, als O’Laoghaire seine Akustikballade in einem Hinterhof-Loft am Klavier zum Besten gab. Da begleitet ihn ein Buddy an der Gitarre, ein anderer am Kontrabass, plötzlich vernimmt man betörende Backing Vocals von irgendwo her. Und selbst wenn das anwesende Publikum scheinbar nur zuschaut und -hört – es wirkt, als entfalte O’Laoghaires „Cuckoo“ erst durch die Stille seiner Zuhörer seine ganze fragile Kraft.

Patrick O’Laoghaire sagt über Song und Video: „Another lovely experience making a music video with Myles, this time surrounded by the beautiful paintings of David Hedderman in Berlin, where the song Cuckoo was written, after listening to Bruce Springsteens ‚Nebraska‘, perched in a hammock in this inspiring city“, und der Regisseur Myles O’Reilly stimmt ein: „It was a thrill to visit beautiful Berlin from Ireland and make this video with Patrick in his friend David Heddermans studio. Like the other videos I have been fortunate to make recently for I Have A Tribe, we were able to include very strong themes of culture, craft and creativity.“

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Zu finden ist „Cuckoo“ auf dem bereits im Mai erschienenen Debütalbum „Beneath A Yellow Moon“ auf dem von Herbert Grönemeyer ins Leben gerufenen Label Grönland (sic!) – und damit mindestens sechs Monate zu früh, denn die elf Stücke, welche vor allem mithilfe von Produzent Paul Savage (Mogwai, Aereogramme, Arab Strap) in Glasgow, aber auch zusammen mit Villagers-Frontmann Conor O’Brien im heimischen Dublin aufgenommen wurden, passen ebenso gut zur sommerlichen Jubel-Trubel-Heiterkeit wie ein Schneemann an die Copacabana. Vielmehr webt O’Laoghaire sich in seinen Songs eine geradezu intim-meditative Atmosphäre der Schatten, durch welche immer wieder einzelne Sonnenstrahlen brechen. Eine ganz bewusste Reduzierung aufs Nötigste, wie der singende, songwritende Bartträger bestätigt: „Ich denke, ich wollte ein bisschen mit der Stille spielen, mit kleinen Fehlern. Vielleicht habe ich auch einfach gelernt, hingebungsvoller zu spielen. Also wollte ich bei den Aufnahmen mehr Raum haben, um wie ein Kind damit herumzuspielen.“ Ganz bewusst hat O’Laoghaire, der sich selbst „irgendwo zwischen Anna Calvi und Alvo Pärt“ einordnen würde, somit auch die kleinen Fehler, die ihm bei den Aufnahmen unterlaufen sind, eben nicht herausgeschnitten. Das gut 50-minütige Gesamtbild steht klanglich in guter Gesellschaft von Künstlern wie den bereits erwähnten Conor „Villagers“ O’Brien oder Bon Iver (die reduzierte Variante á la „For Emma, Forever Ago“), aber auch von William Fitzsimmons oder Keaton Henson – allesamt Folk-Leisetreter, die nicht viel Brimborium benötigen, um ein intensives Feuerwerk zu entfachen.

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Auch toll: der Song „After We Meet“…


 
 

…oder „Buddy Holly“:

  

Rock and Roll.

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Abgehört…


Hail The Ghost – Forsaken (2015)

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Okay, wenn man’s kurz und knapp machen würde, dann könnte man mutmaßen, dass Hail The Ghost „Irlands Antwort auf The National“ seien. Also: Melancholisch angerocktes Liedgut zu Rotwein-Bariton und besinnlichem Textgut. Aber wir mutmaßen ja nicht…

Dennoch liegt der Vergleich nahe, da auch Hail The Ghosts Frontmann Kieran O’Reilly – in Irland bereits als Serienschauspieler oder Kopf der Band White McKenzie in Erscheinung getreten – stimmlich gar nicht mal so weit weg liegt von The Nationals unnachahmlichem Frontrauner Matt Berninger. Könnte also hinhauen? Naja, so fast. Denn anders als bei den mittlerweile völlig zurecht weltweit erfolgreichen US-Vorbildern kommt keiner der zehn Songs des Debütalbums „Forsaken“ so richtig in die Pötte. Hier mal ein kleiner Ansatz, das Tempo etwas anzuziehen (toll etwa: „Low Lying Fog“), dort eine schöne Melodie, die auch etwas länger hängen bleibt (die erste Single „Headstoned“). Ansonsten findet nahezu jede der gut 40 Albumminuten, die O’Reilly und seine zwei Mitstreiter Ian Corr (Piano) und Eamon Young (Gitarren), die er aus seiner 2012 aufgelösten Ex-Band White McKenzie rekrutierte (während er selbst noch am Schlagzeug und der Gitarre in Erscheinung trat), im Midtempo-Bereich zwischen viel gefühligem Moll-Piano und etwas mäanderndem GitarreSchlagzeugStreicher statt (am ehesten vergleichbar mit dem The National-Werk „High Violet“), zu denen der 35-jährige Frontmann zwar irgendwie schöne, aber auch seltsam entrückte Zeilen wie „I’m crawling beneath my low lying fog to breathe“ singt. Immer, wenn man meint, dass ein Song jetzt gleich so richtig und endlich an Fahrt aufnehmen und sich mal ein Stückweit aus dem Midtempo-Nebel der Coverlandschaft heraus bewegen würde, ist auch schon wieder Schluss. Schade, eigentlich.

Klar, die Band, welche in dieser Triobesetzung und unter diesem Namen seit dem vergangenen Jahr von Dublin aus gemeinsame Sache macht, muss und darf sich erst finden, einspielen, warm werden. Für die Zukunft sollte man O’Reilly und seine beiden Kumpels im Auge behalten. Dublin wurde nicht an einem Tag erbaut, und auch The National haben einige (tolle) Alben gebraucht, um zur unantastbaren Grandezza im Hier und Heute zu gelangen. Bis dahin ist es für Hail The Ghost noch ein weiter Weg. Immerhin: Der ein oder andere Bläsersatz á la The Nationals „Fake Empire“ lugt hier und da bereits ums Eck…

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Hier gibt’s „Headstoned“, die erste Single aus dem kürzlich veröffentlichten Debüt „Forsaken“, in Bild und Ton…

 

…während man hier mit „Colony Of Ants“ einen weiteren Song vom Album im Stream hören kann:

 

Rock and Roll.

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