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There’s no cure for The Cure…


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(gefunden bei Facebook)

 

Ich behaupte mal: Bessere, herbstlichere Dunkelmänner als Robert Smith und seine toupierten Kajaljungs gibt’s sowieso nicht. Noch dazu feiert The Cures Meisterwerk „Disintegration„, welches ja auch zu meinen zehn liebsten „Alben für die Ewigkeit“ zählt, in diesem Jahr 30. Geburtstag. Und obwohl das letzte Studioalbum (das vergleichsweise maue „4:13 Dream„) der britischen Gothic-Rocker – allen Versprechungen zum Trotz – mittlerweile schlappe elf Lenze zurückliegt, touren Smith und Co. noch immer fleißig, und führen etwa „Disintegration“ unlängst bei einer Show im australischen Sydney in Gänze auf. Noch besser: ebenjenen zweieinhalbstündigen Auftritt (darunter machen’s The Cure seit Jahren nicht mehr) findet man im weltweiten Netz im Stream.

 

Wo? Hier:

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Klez.e – „Mauern“


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Ja sicher, Tobias Siebert ist mir – vor allem durch sein jüngstes Solo-Projekt And The Golden Choir, dessen Debüt „Another Half Life“ 2015 erschien, aber auch als Produzent für so viele deutsche Bands und Künstler wie Slut, Marcus Wiebusch, Enno Bunger, Mikroboy, Herrenmagazin, Phillip Boa and the Voodooclub, Kettcar oder Sport – freilich ein Begriff. Auch, dass der Mann mal in einer Band namens Klez.e aktiv war, wusste ich natürlich. Mit deren drei Alben – das letzte, „Vom Feuer der Gaben„, erschien 2009 – habe ich mich allerdings nie beschäftigt.

Nun, sollte ich wohl mal tun, denn der Song „Mauern“, mit dem sich Siebert und seine Mannen nach siebenjähriger Auszeit zurückmelden, verspricht Großes. Und rennt bei mir mit seinen Referenzen zum 1989 veröffentlichten The-Cure-Meilenstein „Disintegration“ offene Türen ein. Monolithische Rhythmen, Schwermut, Melancholie – all das klingt wohl nicht von ungefähr wie eine tiefe Verneigung vor Robert Smith und Co., denn auch das dazugehörige, im Januar 2017 erscheinende neue Klez.e-Album „Desintegration“ trägt seine Inspiration ebenso offen zur Schau wie Tobias Sieberts neuerdings zum Goth-Wuschel toupierte Haarpracht… Als wenn es auf ewig ein grauer Wintertag im letzten Jahr der seligen Achtziger wäre. Bonjour Tristesse.

 
„Früher, da im Osten
Wollte ich im Wedding sein
Und heute soll das enden
Ich ließ mich von euch blenden…“

 

 

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


Pianos Become The Teeth – Keep You (2014)

Keep You (Cover)-erschienen bei Epitaph-

Wenn eine Band drei Alben innerhalb kürzerer Zeit veröffentlicht, dann sind thematische Gemeinsamkeit (slash persönliche Überschneidungen) nur allzu gut möglich. So auch im Hause Pianos Become The Teeth. Drehten sich die Vorgänger zum aktuellen Album „Keep You“ – „Old Pride“ von 2009 und „The Lack Long After“ von 2011 – noch um das Zurechtkommen mit der Nachricht der Multiple-Sklerose-Erkrankung des Vaters von Sänger Kyle Durfey (auf „Old Pride“) beziehungsweise die unmittelbare Verarbeitung des Todes des Familienoberhauptes (auf „The Lack Long After“), wird „Keep You“ zum fragmentarischen Tagebuch der Schritte Durfeys zurück ins Leben. Und doch könnte man meinen, dass hier eine komplett andere Band in die Saiten und Felle haut…

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Noch vor kurzer Zeit zählten Pianos Become The Teeth zu eben jenen Bands, die, von Fans wie Musikpresse simplifiziert unter dem „The Wave“-Banner zusammenfasst, unter welches auch die befreundeten La Dispute, Touché Amoré, Defeater oder Make Do And Mend zählten, es, ihrem jugendlichen Alter zum Trotz (oder genau deshalb), vortrefflich verstanden, persönliche wie gesellschaftliche Schieflagen in lauthals heraus geschrieene Lyrik, begleitet von nicht weniger brachialer Musik, umzumünzen. Die einen steckten all das in die „Screamo“-Schublade, die anderen kritzelten verschmitzt lächelnd „Post Hardcore“ übers Plattencover. Nun jedoch macht die Band aus dem US-amerikanischen Nordosten (Baltimore, Maryland) allen Sortierwütigen einen Strich durch die Rechnung. Derb geschredderte Akkorde? Gibt’s von Pianos Become The Teeth im Jahr 2014 höchstens noch auf Konzerten zu hören, wenn das ein oder andere „ältere“ Stück gespielt wird. Aggressiv ins Mikro geschrieene Lyrik aus Durfeys Kehle? Auch die – und das dürfte wohl für Kenner der Band die größte Überraschung darstellen – gehört auf „Keep You“ wohl endgültig (definitiv jedoch vorerst) der Vergangenheit an. Denn anstatt weiterhin seine Stimmbänder zu malträtieren, singt der Frontmann nun. Und der Hörer fragt sich, wieso zur Hölle er damit nicht schon früher begonnen hat.

Nun hat ein derart umfangreich vollzogener Richtungswechsel durchaus auch seine Tücken, denn das Ganze könnte durch den Abzug der Härte auch gut und gern zum lahmarschigen Trauerkloszug mutieren. Das Gute: das tut es zu keiner der knapp 44 Albumminuten. Stattdessen baut die fünfköpfige Band gemeinsam mit dem zur Zeit für Kapellen dieser Art scheinbar unverzichtbaren Produzenten Will Yip (u.a. auch La Dispute, Title Fight) zehn sorgsam arrangierte Songs auf, deren Schönheit sich zwar nicht immer sofort mit dem ersten Hördurchgang erschließt, dafür jedoch mit jedem weiteren tiefer und tiefer ins Hörerherz gräbt. Klar gibt es auch auf „Keep You“ noch allerhand Dynamik (etwa bei „Lesions“), doch die Band lässt ihren Stücken nun die Zeit und Ruhe, um sich zu entfalten, schichtet Gitarrenspur nicht mehr über- sondern nebeneinander, während das rhythmisch versiert aufspielende Schlagzeug von David Haik die Songs voran trägt und etwas übergelegter Hall sein Quäntchen zur Gesamtatmosphäre beiträgt. Und auch wenn dem Hörer bei all den Zeilen aus der Feder von Kyle Durfey, wie „I’m still always slowly waiting for what follows / For what I’ve learned about being so defined by someone dying“ (aus dem Albumopener „Ripple Water Shine“) das eigene Herz so schwer zu werden droht, wie anno dazumal zu Hochzeiten von Emocore-Bands wie Thursday, so merkt man doch, dass der Sänger ehrlich bemüht ist, die Trauer abzuschütteln: „I’m tied by the way of church keys, missed weddings /I’m tied by the way everyone talks about everything / I’m breathing easy / I’m breathing sharp / I’m all sand and heat / I’m keeping you / I leave nothing behind but traces for myself to find“ (aus „Traces“). Alles auf „Keep You“ ist vergänglich, ist längst vergangen, lange bevor die Strahlen der Nachmittagssonne sich wie zarte Hoffnungsschimmer aufs heimische Fensterbrett gelegt haben. Alles auf „Keep You“ ist Trauer aus den Büchern – und die Gewissheit, nicht allein damit zu sein. Jede Note erzählt vom Gefühl, geliebt zu werden oder geliebt worden zu sein. Und am Ende aller zehn Episoden steht auf „Keep You“ mit „Say Nothing“ noch einmal ein Monolith von Song, bei dessen Zeilen sich Durfeys Stimme noch ein letztes Mal fast überschlägt, bevor das Stück Saiten- für Saitenschwung zur Ruhe kommt: „A lack of noise isn’t a lack of life / And that’s the way I think it’s always been / Because, ‚I say it all, when I say nothing at all,‘ / So let’s say nothing some more / And let the words burn their way across the floor / Because if these walls could talk / I still couldn’t get over a God damned soul / And I can’t hold smoke / So let’s say nothing some more / Because the sand stays with me / Because the sand keeps you“. Der Sand, der zurückbleibt, den raubt uns die Zeit. „Keep You“ erzählt mit Herz und Seele davon, was von einem Leben bleibt…

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Enttäuscht von „Keep You“ dürften wohl nur diejenigen sein, die von Album Nummer drei ein nahtloses Anknüpfen an dessen Vorgänger erwartet haben – also einen weiteren Rundumschlag aus Schnelligkeit, Lautstärke und (emotionaler) Härte. Allen anderen bieten Pianos Become The Teeth mit ihrem neusten Werk eine derart schöne Ansammlung von Trauerweidenstücken, dass man beinahe geneigt ist, „Keep You“ auf eine Ebene mit Meisterwerken wie The Cures 25 Jahre jungen Geniestreich „Disintegration“ zu stellen, während Pianos Become The Teeth im Jahr 2014 rein musikalisch Atmosphärekönige wie die instrumental knietief im Postrock musizierenden Texanern von Explosions In the Sky wahnsinnig nahe zu stehen scheinen. Dass das Abziehen brachial harter Strukturen nicht automatisch zu Lasten der Dringlichkeit und überzeugend-einnehmenden Atmosphäre gehen muss, haben ja unlängst schon die „The Wave“-Kollegen von La Dispute eindrucksvoll bewiesen, als sie mit „Rooms Of The House“ mehrfach einen Gang zurück stellten. Ganz klar: Für die, die dem neusten Album der Band um Frontmann Kyle Durfey eine ehrliche Chance geben, wird es in diesen kalt-grauen keine schönere Decke geben, unter der man all seine Herbstgefühle warm schlummern lassen kann. VISIONS-Redakteur Matthias Möde schrieb über in seiner Review über „Keep You“: „Die besten Platten sind zwar nicht die, die wirklich traurig machen, aber die, die unter die Haut gehen, deren Essenz man sich aber nicht mit wenigen Wörtern tätowieren lassen kann.“ Das darf man getrost so stehen lassen. Und den Rest ganz dem Herzen überlassen…

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Wie auch die Vorgänger kann man sich „Keep You“ in Gänze auf der Bandcamp-Seite von Pianos Become The Teeth anhören…

 

…sich zum Song „Repine“ gleich zwei Musikvideos zu Gemüte führen…

 

…sowie hier der Making Of-Kurzfilme zum Album anschauen:

 

Rock and Roll.

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