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Song des Tages: Villagers – „Simple Twist Of Fate“ (live bei TV Noir)


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Foto: Promo / Rich Gilligan

Eine wirklich sehr schöne, verdammt zurückgelehnte Version des Bob Dylan-Songs „Simple Twist Of Fate“, im Original anno 1975 auf dem Album „Blood On The Tracks“ erschienen, haben Conor O’Brien und seine Villagers da kürzlich bei TV Noir zum Besten gegeben, keine Frage. Macht glatt mächtig Böcke, mal wieder das ein oder andere Werk beider Künstler in die Playlist des Vertrauens zu packen…

 

 

„They sat together in the park
As the evening sky grew dark
She looked at him and he felt a spark
Tingle to his bones
‚Twas then he felt alone
And wished that he’d gone straight
And watched out for a simple twist of fate

They walked alone by the old canal
A little confused, I remember well
And stopped into a strange hotel
With a neon burning bright
He felt the heat of the night
Hit him like a freight train
Moving with a simple twist of fate

A saxophone someplace far-off played
As she was walking on by the arcade
As the light bust through a beat-up shade
Where he was wakin‘ up
She dropped a coin into the cup
Of a blind man at the gate
And forgot about a simple twist of fate

He woke up, the room was bare
He didn’t see her anywhere
He told himself he didn’t care
Pushed the window open wide
Felt an emptiness inside
To which he just could not relate
Brought on by a simple twist of fate

He hears the ticking of the clocks
And walks along with a parrot that talks
Hunts her down by the waterfront docks
Where the sailors all come in
Maybe she’ll pick him out again
How long must he wait?
One more time, for a simple twist of fate

People tell me it’s a sin
To know and feel too much within
I still believe she was my twin
But I lost the ring
She was born in spring
But I was born too late
Blame it on a simple twist of fate“

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: I Have A Tribe – „Cuckoo“


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I Have A Tribe – der Bandname klingt schwer nach Künstlerkollektiv. So ähnlich – oder eben nicht – ist es denn auch, denn hinter I Have Tribe steht eigentlich Patrick O’Laoghaire ganz allein. Ungefähr so, wie hinter Bon Iver Justin Vernon ganz allein steckt. Für seine Musik holt sich der aus Dublin stammende Ire, der sich vom Wort „Tribe“ auf einer Plakatwand zum Bandnamen inspirieren ließ, jedoch offenbar gern Unterstützung von Freunden und Bekannten, nachzusehen etwa im Musikvideo zum Song „Cuckoo“. Selbiges ist nicht etwa standesgemäß in einem irischen Pub entstanden (das wäre denn wohl des Klischee zuviel gewesen), sondern wurde an einem sonnigen Tag in der Reichenberger Straße in Berlin-Kreuzberg gedreht, als O’Laoghaire seine Akustikballade in einem Hinterhof-Loft am Klavier zum Besten gab. Da begleitet ihn ein Buddy an der Gitarre, ein anderer am Kontrabass, plötzlich vernimmt man betörende Backing Vocals von irgendwo her. Und selbst wenn das anwesende Publikum scheinbar nur zuschaut und -hört – es wirkt, als entfalte O’Laoghaires „Cuckoo“ erst durch die Stille seiner Zuhörer seine ganze fragile Kraft.

Patrick O’Laoghaire sagt über Song und Video: „Another lovely experience making a music video with Myles, this time surrounded by the beautiful paintings of David Hedderman in Berlin, where the song Cuckoo was written, after listening to Bruce Springsteens ‚Nebraska‘, perched in a hammock in this inspiring city“, und der Regisseur Myles O’Reilly stimmt ein: „It was a thrill to visit beautiful Berlin from Ireland and make this video with Patrick in his friend David Heddermans studio. Like the other videos I have been fortunate to make recently for I Have A Tribe, we were able to include very strong themes of culture, craft and creativity.“

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Zu finden ist „Cuckoo“ auf dem bereits im Mai erschienenen Debütalbum „Beneath A Yellow Moon“ auf dem von Herbert Grönemeyer ins Leben gerufenen Label Grönland (sic!) – und damit mindestens sechs Monate zu früh, denn die elf Stücke, welche vor allem mithilfe von Produzent Paul Savage (Mogwai, Aereogramme, Arab Strap) in Glasgow, aber auch zusammen mit Villagers-Frontmann Conor O’Brien im heimischen Dublin aufgenommen wurden, passen ebenso gut zur sommerlichen Jubel-Trubel-Heiterkeit wie ein Schneemann an die Copacabana. Vielmehr webt O’Laoghaire sich in seinen Songs eine geradezu intim-meditative Atmosphäre der Schatten, durch welche immer wieder einzelne Sonnenstrahlen brechen. Eine ganz bewusste Reduzierung aufs Nötigste, wie der singende, songwritende Bartträger bestätigt: „Ich denke, ich wollte ein bisschen mit der Stille spielen, mit kleinen Fehlern. Vielleicht habe ich auch einfach gelernt, hingebungsvoller zu spielen. Also wollte ich bei den Aufnahmen mehr Raum haben, um wie ein Kind damit herumzuspielen.“ Ganz bewusst hat O’Laoghaire, der sich selbst „irgendwo zwischen Anna Calvi und Alvo Pärt“ einordnen würde, somit auch die kleinen Fehler, die ihm bei den Aufnahmen unterlaufen sind, eben nicht herausgeschnitten. Das gut 50-minütige Gesamtbild steht klanglich in guter Gesellschaft von Künstlern wie den bereits erwähnten Conor „Villagers“ O’Brien oder Bon Iver (die reduzierte Variante á la „For Emma, Forever Ago“), aber auch von William Fitzsimmons oder Keaton Henson – allesamt Folk-Leisetreter, die nicht viel Brimborium benötigen, um ein intensives Feuerwerk zu entfachen.

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Auch toll: der Song „After We Meet“…


 
 

…oder „Buddy Holly“:

  

Rock and Roll.

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Die Woche in Bild und Ton…


Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…

 

Villagers – Occupy Your Mind

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Nur wenige Stunden vor der Eröffnung der 22. Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi, die im Vorfeld bereits von allerhand Diskussionen über Menschenrechte und Korruptionsvorwürfe begleitet wurden (was sich bei einem Gastgeberland wie Russland per se ja kaum vermeiden lässt), im Endeffekt jedoch recht traditionell bieder und erwartbar ausfielen, schickten Conor O’Brien und seine Band Villagers ihren Beitrag zum Sportereignis in Form des neuen Songs „Occupy Your Mind“ in die Welt hinaus. Das von Simian Mobile Disco-Mann James Ford, der in der Vergangenheit bereits durch Kollaborationen mit Little Boots oder Gossip-Wuchtbrumme Beth Ditto seine Qualitäten als Reglerzieher unter Beweis stellte, produzierte Stück geht konsequent den Weg weiter, den die Villagers bereits mit Songs wie „The Waves“ vom im vergangenen Jahr veröffentlichten Album “{Awayland}” eingeschlagen hatten: große Melodien, dezente Tanzbarkeit und ein multiples Spiel mit elektronischen Referenzpunkten. Im dazugehörigen, erneut von Alden Volney verantworteten Musikvideo (er war ja bereits für den großartigen Clip zu „Nothing Arrived“ verantwortlich) präsentiert sich O’Brien mit kurzer Raspelhaarfrisur á la Sinead O’Connor und Pantomimenschminke im spärlich bunt ausgeleuchteten Halbdunkel, und auch auch der knappe Kommentar der irischen Band lässt ausreichend eindeutige Vieldeutigkeit zu: „In the advent of the 2014 Olympics in Sochi, please find attached a song written for you, your mother, your father and your gay brothers and sisters in Russia.“. Alles in allem hat „Occupy Your Mind“ jedoch in der Tat das Zeug zum Großereignis-Titelstück.

 

 

 

Dredg – I Left My Heart In SF

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A propos „große Melodien“: Was machen eigentlich Dredg gerade?

Manch einer mag’s bedauern, manch einer begrüßen, dass nun schon fast drei Jahre lang Funkstille herrscht beim kalifornischen Alternative Rock-Quartett, stieß doch „Chuckles And Mr. Squeezy„, das letzte, 2011 veröffentlichte Album der Band, auf – um’s höflich auszudrücken – „höchst geteiltes Echo“. Nun jedoch dürften alle Fans von Albumgroßtaten wie „El Cielo„, das nun auch schon wieder mehr als zehn Jahre auf dem musikalischen Buckel hat, neue Hoffnung schöpfen, denn die Band um Frontmann Gavin Hayes präsentierte mit dem lediglich gut zwei Minuten knappen Song „I Left My Heart In SF“ ihren Beitrag zum „SF Timelapse Project“ und ließ das musikalische Lebenszeichen in allerhand eindrucksvolle Bilder ihrer kalifornischen Wahlheimat einbauen. Wer mag, der darf sich den neuen Song denn auch kostenlos (im *.wav-Format) via Youtube herunterladen…

 

 

 

Frank Turner – Polaroid Picture EP

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Weitaus weniger geizig mit neuen Veröffentlichungen geht bekanntlich Frank Turner zuwerke. Nur wenige Monate nach seinem fünften Album „Tape Deck Heart“ lässt der britische Punkrock-Singer/Songwriter nun, mit der „Polaroid Picture EP„, bereits den nächsten Stoß neuer Songs auf seine Hörerschaft los… Obwohl: So „neu“ dürfte ein Großteil der Stücke für die meisten nicht sein, immerhin bekam man den Titelsong bereits auf dem im vergangenen April erschienenen „Tape Deck Heart“ zu hören. Außerdem enthält das Mini-Album noch Turners Cover-Verneigungen vor Frightened Rabbit (mit „The Modern Leper“), den Weakerthans (mit „Plea From A Cat Named Virtute“) und Biffy Clyro (mit „Who’s Got A Match“), ihres Zeichens allesamt Freunde und/oder Lieblingsbands des 32-Jährigen Vollblutmusikers, sowie das neue Stück „Sweet Albion Blues“. Und da dem weltenbummelnden Energiebündel neben all den Plattenveröffentlichungen, Tourneen oder dem Kreieren eigener Biersorten noch immer schnell langweilig zu werden droht, hat er so ganz nebenbei noch seine eigene Hardcore-Zweitband namens Möngöl Hörde – namenstechnische Ähnlichkeiten zu Motörhead sind hier freilich aus der Umlaut-Luft gegriffen – am Start, von denen in näherer Zukunft wohl auch zu hören sein wird…

 

Hier kann man sich eine betont atemlose Live-Version von „Sweet Albion Blues“ anschauen…

 

…und in alle fünf EP-Songs hinein hören:

 

 

Against Me! – FUCKMYLIFE666

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Viel war in letzter Zeit zu lesen über Against Me!-Frontfrau Laura Jane Grace und ihr Transgender-Outing. Jedoch sollte bei aller Diskussionen, ob und inwiefern und überhaupt es denn bitteschön in der Hinterhand-Prüderie des 21. Jahrhunderts möglich ist, dass sich ein (ehemaliger) Punkrockfrontmann zu seinen weiblichen Reizen, zu Brüsten anstatt von zwei dicken Cockrockeiern bekennt, nicht außer acht gelassen werden, dass Against Me! kürzlich mit ihren neuen Album ”Transgender Dysphoria Blues” ein ganz hervorragendes Stück melodieseligen Punkrocks veröffentlicht haben. Dass die Transgender-Thematik dabei ebenso die kompletten 29 Albumminuten durchzieht wie die drei Minuten des Musikvideos zu „FUCKMYLIFE666“ ist natürlich die logische – da abgrundtief ehrliche – Konsequenz. Im in Schwarz-weiß gehaltenen Clip zum Song tauchen immer wieder Textzeilen auf, in denen Laura Jane Grace von ihrer Zeit vor und nach ihrem Coming-out erzählt…

 

 

Selbiges Stück gab die Band vor wenigen Tagen bei Late Night Talk-Urgestein David Letterman auch vor den Augen der breiten US-amerikanischen TV-Öffentlichkeit zum Besten. Den Auftritt kann man sich hier anschauen:

 

 

The National – I Need My Girl (…und ein Cover Contest)

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Einen netten Einfall hatten auch die sich scheinbar dauerhaft auf Tour oder im Studio befindlichen Herren von The National im Rahmen der Veröffentlichung ihrer neuen Single „I Need My Girl“, welchen Frontmann Matt Berninger kürzlich als einen der „wenigen echten Lovesongs der Band“ beschrieb. So können alle zum (Cover)Musiker berufenen Fans aktuell ihre Version des Stückes digital auf Film bannen und auf der Website der Band online stellen. Den Gewinner werden The National selbst und höchstpersönlich am – aufpassen, wie passend! – Valentinstag (also am 14. Februar) bekannt geben und um einen 500-Dollar-Geschenkgutschein reicher machen…

Und um zu zeigen, wohin die klangliche Reise gehen könnte, haben The National allen ambitionierten Coverkünstlern auch gleich noch ihre Akustikvariante von „I Need My Girl“ mit an die Hand gegeben:

 

Meine favorisierte „I Need My Girl“-Version auf den Gesamtsieg steht übrigens bereits fest: die von Courtney Jaye…

 

 

Rock and Roll.

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Villagers live in der Muziekgieterij, Maastricht, 30. April 2013: von Ängsten, Ufern und Möglichkeiten


Villagers

Schön blöd, wer den 30. April zuhause verbracht hat, immerhin wurden dem potentiell Unternehmungswilligen ausreichend Alternativen geboten: in Amsterdam (oder in jeder anderen holländischen Stadt) hätte man sich unters ausgelassen feiernde Oranje-Fußvolk mischen können, um den alljährlichen „Koninginnendag“ und die Amtsübergabe von Königin Beatrix an ihren Sohn Willem-Alexander feucht-fröhlich zu begießen. In Madrid (oder einer von tausenden Public Viewing-Lokalitäten) durfte man – je nach Sympathie – wahlweise den verdienten (!) Einzug meines BVB ins Finale der diesjährigen Champions League bejubeln oder den schleichenden Niedergang der spanischen Fussballdominanz betrauern – wobei das gestrige Halbfinalrückspiel wohl für Schwarz-gelb in den letzten Minuten noch einmal an unnötiger Dramatik zugelegt haben mag (und sich damit nahtlos in die Riege memorabler Bewegnungen mit Dortmunder Beteiligung in dieser Saison einreiht). Verglichen mit diesen Ereignissen von internationaler Tragweite mag der Auftritt der Villagers in der Maastrichter Muziekgieterij nahezu unscheinbar anmuten. Dabei war dieser höchst formidabel…
Anfangs fällt natürlich die stete Diskrepanz zwischen dem unscheinbaren, schüchtern-nüchternen Bubi-Äußeren von Sänger Conor O’Brien und dessen charismatisch ausstrahlender Bühnenpräsenz in Aug‘ und Ohr. Der aus Irland stammende Singer/Songwriter betritt zunächst allein und nur mit seiner Akustikgitarre bewaffnet die Bühne, und bereits nach den ersten sachten Akkorden von „Cecelia & Her Selfhood“ schweigt das komplette Publikum, lauscht gebannt jeder Zeile, die die Lippen des 29-Jährigen verlässt, und lässt das spärliche Klirren von Gläsern an der angrenzenden Bar beinahe wie Detonationen erscheinen. Nach diesem Stück begibt auch der Rest der mittlerweile – neben Bandleader O’Brien – aus Cormac Curran (Keyboard), James Byrne (Schlagzeug), Tommy McLaughlin (Gitarre) und Danny Snow (Bass) bestehenden Villagers zur ihren Instrumenten, um sich mit einer reduzierten Version von „Nothing Arrived“, zweifellos eines der Highlights des aktuellen, zweiten Villagers-Albums „{Awayland}„, Schritt für Schritt warm zu spielen. Denn, abgesehen einmal vom fragilen Kleinod „My Lighthouse“, nimmt sich die Band bei den folgenden Stücken weitaus weniger zurück und lässt unter anderem das beschwingte „The Pact (I’ll Be Your Fever)“, den Endzeitenabgesang „Judgement Call“, „The Waves“, welches in einer Reduktion weg von der Elektro-Calypso-Albumversion daherkommt (gen Ende jedoch auch live in einer Art musikalischer Kakophonie ausartet), oder die Wiedergeburtsmär „Earthly Pleasure“, bei der O’Brien in Manie zwischen Gesang und wirrer Sprech-Stotterei hin und herspringt, aufs begeistert applaudierende Publikum los. Seine Mitmusiker halten sich dabei effektiv im Hintergrund, während Conor O’Brien an Mikrofon und Akustischer in seinem Element scheint und ohne große Ansagen Song für Song, welche insgesamt das Hauptaugenmerk aufs aktuelle Album „{Awayland}“ legen, jedoch auch die Favoriten des noch von O’Brien größtenteils allein eingespielten Debüts „Becoming A Jackal“ nicht außer Acht lassen, für sich durchlebt, durchleidet, durchbarmt & -fleht – und diese Emotionen beinahe Eins zu Eins ans noch immer bedächtig lauschende Publikum weitergibt. Und diese Stimme, diese Stimme – wen’s kalt lässt, der darf sich gern die Grundeigenschaft „aus Stein“ in den Lebenslauf schreiben! Mit einer erneut manischen Variation von „Ship Of Promises“ beenden die Villagers ihr reguläres Set, bevor O’Brien – zunächt erneut solo und akustisch – für „That Day“ zurückkehrt, die restlichen Musiker bei „In A Newfound Land You Are Free“ wieder dazustossen und das etwa 80-minütige Konzert mit einer famosen Darbietung von „Becoming A Jackal“ zum Abschluss bringen. „So before you take this song as truth / You should wonder what I’m taking from you / How I benefit from you being here / Lending me your ears / While I’m selling you my fears“ – Sollte Herrn O’Brien die Vertonung seiner Ängste auch auf der Bühne immer so fulminant gelingen, so kann man darf nur erwidern: könnte schlimmer sein, gern und jederzeit wieder!
Klar, die Erwartungen, die vor drei Jahren bei Erscheinen des Debüts auf Conor O’Briens schmächtige Schultern gelegt wurden, waren keinesfalls die kleinsten – als die britische Songwriter-Hoffnung wurde er gefeiert, als „neuer Conor Oberst“ ausgerufen (was aufgrund des gleichen Vornamens wie der Bright Eyes-Frontmann und der geteilten Nähe zu tiefen Emotionen naheliegend erscheinen mag, insgesamt jedoch plakativ und lächerlich anmutet)! Doch der Musiker aus Dublin baute sich einen fünfköpfigen Band-Schutzwall um sein Baby namens „Villagers“, legte mit „{Awayland}“ auf Albumlänge die qualitative Messlatte noch eine Stufe höher, und bestätigt auch auf der Konzertbühne jegliche Vorschusslorbeeren. Die Villagers liefern ab, unterhalten mit ihren ausufernden – ja: nicht selten uferlosen! – Kleinoden zwischen Verlangen, Verlust, Vergehen, Neubeginn, Sehnsüchten und Aufbegehren, die zu Hoffnungsschimmern am Horizont in einem Meer aus melacholischen Weltbetrachtungen baden, bei unglaublich gut abgemischter Akustik (was in den ehemaligen Fabrikhallen der Muziekgieterij freilich keine Selbstverständlichkeit darstellt und hier somit einfach erwähnt werden muss!) vortrefflich. Ein feiner Abend, ein feines Konzert – und trotz aller anderen historischen Ereignisse außerhalb war wohl jeder einfach froh, dabei gewesen zu sein…

 

Bebilderte Impressionen gefällig? Die gibt es hier:

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(alle Konzertfotos: ANEWFRIEND)

 

Wer sich vor einem ausdrücklich zu empfehlenden Besuch eines Villagers-Konzerts selbst noch fix ein Bild von den Qualitäten der Band machen möchte, der kann sich hier die 17-minütige „Live at Attica“-Session von Conor O’Brien & Co. zu Gemüte führen:

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


 Villagers – {Awayland} (2013)

Villagers - Awayland (Cover)-erschienen bei Domino Records/GoodToGo-

Sollte die Musikwelt einen „neuen Conor Oberst“ brauchen – sie würde ihn in Irland finden. Oha, das ist jetzt zu weit her geholt? Oder mache ich es mir mit der plakativen Einschätzung gar zu einfach? Mitnichten!

Denn zwischen dem ewigen US-Songwriter-Wunderkind Oberst, welcher solo, mit seiner Hauptband Bright Eyes sowie – kurzzeitig wiedervereinigt – mit seinem schönen Lärmprojekt Desaparecidos unterwegs ist, und Villagers-Frontmann Conor O’Brien gibt es haufenweise Parallelen: da wären zum Ersten – Ja, da soll noch einer an Zufälle glauben! – der gemeinsame Vorname und dieser zuweilen hilflose Hundewelpenblick, welcher Oberst zu Zeiten seines Durchbruchs mit „LIFTED or The Story is in the Soil, Keep Your Ear to the Ground“ noch umgab und der dem 1984 geborenen O’Brien noch immer umgibt, der die Knie jeder Dame im Publikum mir nichts, dir nichts in Wackelpudding verwandelt und zu sagen scheint: „Hilf‘ mir! Drück‘ mich! Nimm‘ mich in den Arm, mit nach Hause, und mache mir dort eine Tasse Kakao warm!“ Beide starteten ihre Musikkarrieren außerdem in frühen Jahren – Conor Oberst im zarten Alter von 14 Jahren mit Commander Venus, Conor O’Brien mit The Immediate -, und nutzen ihre ersten Bands gleichzeitig als Schutzschild und Sprungbrett. Beide machten auf Solopfaden zuerst mit zerbrechlichen, introspektiven Songwriterstücken auf sich aufmerksam, zeigten jedoch schon bald ihr Gespür für’s Bandkonstrukt und die große Instrumentierung. Beide agieren stets nach der Devise: „It’s the song, not the singer.“ – Klar habe ich hier bedeutsame Dinge mitzuteilen, doch muss es dabei nicht ausschließlich um mich gehen… Ob nun Oberst oder O’Brien, Omaha, Nebraska im Niemandsland des US-amerikanischen mittleren Westens oder das irische Dublin – beide haben in ihren jungen Jahren bereits großartige eigene Alben zu Buche – respektive: im Musikregal – stehen, von beiden sind auch noch einige Veröffentlichungen in einer ähnlichen Güteklasse zu erwarten, beiden sollte man unbedingt zuhören.

Doch genug der Vergleiche. Denn schon die Musik von Conor No. 2 – also Conor O’Brien – lohnt sich. Und die Musikszene staunte nicht schlecht, als da Ende Mai 2010 ein junger Mann mit seinem Debütalbum „Becoming A Jackal“ von Platz Eins der irischen Album-Charts gleichzeitig ungläubig und besonnen auf die verdutzte geschlagene Konkurrenz herabblickte. Denn ferner vom (leider viel zu oft erfolgreichen) Plastik-Pop konnte die Veröffentlichung kaum sein. Fragile Songwriter-Miniaturen, Orchesterpassagen, ein wenig Bandkonstrukt, süßlicher 60s-Pop und irisch nachgebauter Soul – und über allem Texte, in welchen ein Endzwanziger schmachtet, leidet, hadert und träumerisch seinen Sehnsüchten nachhängt, nur eben nicht mit einem juvenil-naiven, sondern einem altersweisen Herzen. All das brachte Conor O’Brien, welcher seit dem Ende seiner ersten Band The Immediate unter dem Moniker „Villagers“ musiziert, bereits 2010 eine Nominierung für den prestigeträchtigen Mercury Prize ein… kein schlechter Einstand!

Conor O'Brien, 2010

Und diese abgeklärte – und doch höchst zerbrechliche – Art, die schon zu großen Teilen den Reiz der Songs des Debüts ausmachte, ist auch den Stücken des neuen Albums „{Awayland}“ zu eigen. Versucht hier jemand, seinen lucky punch zu wiederholen und scheut Veränderungen? Keineswegs! Denn Neuerungen im Klang der zur festen fünfköpfigen Band gewachsenen Villagers gibt es zuhauf. Klar gibt O’Brien noch immer den Ton an, und mitsamt seiner zerbrechlichen Stimme auch die Richtung, aber er wagt sich jetzt beinahe durchgängig da, wo er vor zwei Jahren noch unsicher in die Saiten seiner Akustikgitarre griff, einige Schritte mehr ins Scheinwerferlicht, und überlässt in kurzen Momenten auch schon mal seinen Bandkumpanen die Show. Und wo er auf „Becoming A Jackal“ noch aller Zivilisation und Liebe entsagen wollte, stellt er die elf Songs auf „{Awayland}“ unter die Thematik der kindlichen Unschuld, des befreiten Entdeckens eines Neugeborenen, der in eine Welt voller wundersamer Wirren geworfen wird. Dabei beginnt beim Opener „My Lighthouse“ noch alles gewohnt reduziert. Ganz sacht und behutsam steigt Conor O’Brien zur Akustikgitarre in seinen neusten Songreigen ein: „You are needing a friend / For to follow, for to fend / And I haven’t got a clue / If I’m getting through to you / My lighthouse“ – ich habe zwar wenig Erfahrung in dem, was ich da gerade tue, aber ich halte dich. Ich bin dein Leuchtturm, sei‘ du meiner. Schon der nächste Song, „Earthly Pleasure“, ist da um Einiges komplexer: Band und Orchester stoßen dazu, O’Brien erzählt Geschichten von Wiedergeburt, Träumen, Schuld, Sühne und einfachen weltlichen Freuden im Kleinen. Die Vorabsingle „The Waves“ sorgte im Zuge ihrer Veröffentlichung im Oktober 2012 noch für reichlich Verwunderung (zumindest bei mir), präsentiert sie die Villagers doch erstmals in einem bisher ungewohnten, dezent elektronischen Gewand. In den Albumkontext jedoch fügt sie sich, auch der Abwechslung wegen, wunderbar ein. Zu leichtfüßiger, Marimba-unterstützter Instrumentierung lässt sich O’Brien – auch textlich – in Südeseegewässern treiben und genießt die Ruhe der Natur, dort wo das Azorenblau des Himmels mit dem Herum verschwimmt, ehe der Song in Ufernähe euphorisch Fahrt aufnimmt und am Ende implodiert. Die eingeschlagene leicht klaustrophobische Stimmung greift „Judgement Call“ nahezu nahtlos auf: „No, we don’t need to think for ourselves / No, we don’t need to think at all / When the screen says go, we go / It’s a judgement call, it’s a judgement call“. Zu früh wird schon den Jüngsten die Unschuld geraubt, und mit althergebrachten Dogmen, Sinnbildern und Vorschriften ersetzt. Und doch stehen uns immerzu Türen offen, denn alles ist eine Ermessensfrage, die wir stets selbst beantworten können. Das nachfolgende „Nothing Arrived“ hält dann die wahrscheinliche catch phrase des Albums bereit – „I waited for something, and something died / So I waited for nothing, and nothing arrived“ – und ist der erste rundum perfekte Indie-Popsong des Jahres, der im Nichts endet: „I guess I was busy when nothing came“. Nach der dezenten Italo-Western-Hommage „The Bell“ (mit Trommelwirbel am Ende!) und dem orchestralen Instrumetaltitelstück – welches laut O’Brien zu seinen liebsten Stücken der Platte zählt – schlagen dann „Passing A Message“ und „Grateful Song“ in eine ähnliche gesellschaftskritische Kerbe: da die Leere der modernen Zivilisation („I was carving my name out / Of a giant sequoia tree / I was blind to its beauty / Now its all I can see / See I’ve learned how to listen / To the folks on TV / They are passing a message / That means nothing to me“ – „Passing A Message“), hier die meditative Dankbarkeit im Angesicht der drohenden Apokalypse („Grateful Song“), welche den Hörer O’Briens Stimme im Mittelteil nur noch seltsam elektronisch verfremdet und wie Auge eines Orkans vernehmen lässt – welcher dann auch in Form von Band und Orchester über das Stück hereinbricht. Nur gut also, dass mit dem anschliessenden „In A Newfound Land You Are Free“ eine sanfte Klavierballade, die ein Neugeborenes auf der Welt begrüßt, Ruhe bietet („How heavy you are, my newborn child / So viciously free, so careless and wild / With the eyes of a saint / And the soul of a thief / And a newfoundland“). Das das Album beschließende „Rhythm Composer“ dient Conor O’Brien und seinen Villagers noch einmal zur Zusammenfassung – der Frontmann und seine Akustische, die ganze Band, die Elektronik, ja selbst das Orchester und ein Chor haben sich mit ins Studio gezwängt, um dem Kind zu versichern: Hab‘ keine Angst, alles wird gut. Sollten die „schwarzen Hunde des Lebens“ auch noch so groß und bedrohlich wirken – mach‘ dir keine Sorgen, denn allein du bist für dein Leben und den wilden Schlag deines Herzens verantwortlich („That old black dog is on your back / And all you’re getting is a bottomless pit / But don’t mind it / ‚Cause you’re a rhythm composer“).

Villagers, 2012

 

„So I sit down at my desk with a blank sheet of paper, a headful of ferrys and a small collection of half-written songs and all I want to do is to stretch my imagination as far as it can go. I sure as hell don’t want to lose any intimacy in the music, but I need to take this intimacy into a more vibrant place. The furrowed-brow vocal seriousness which I used to engage with has no place here. 
And the musicianship is better than ever. My fellow bandmates make the songs sound as beautiful as they could possibly be. It’s a diverse album. It takes you on a trip through a musical landscape, as a tribute to your sense of wonder. It travels through space and time and leaves you back for dinner. It might take a few gobbles. Maybe try it on headphones first, without interruption. I hope you enjoy.“ (Conor O’Brien)

 

Die zwei Jahre, welche sich Conor O’Brien Zeit ließ, um an neuen Stücken zu arbeiten und diese aufzunehmen, haben sich gelohnt. Einen besseren Nachfolger zum Ausrufezeichen namens „Becoming A Jackal“ hätten die Villagers kaum aufnehmen können. „{Awayland}“ besticht durch einen dichten Bandsound, der Conor O’Briens zögerliche, brüchige Momente nun mit noch mehr Leben füllt, dem Frontmann jedoch zu keiner Zeit zu nahe auf die Pelle rückt. Stattdessen geben ihm die neuen Songs noch einen zusätzlichen innerlichen Kraftschub, um noch selbstbewusster als 2010 zu musizieren. „{Awayland}“ ist weder die Wiederholung eines Erfolgsrezeptes noch die Abkehr von diesem. „{Awayland}“ verweigert sich zwar vielen in O’Brien gesetzten Erwartungshaltungen, tut dies jedoch mit einer Menge Abwechslung und Faszination, ähnlich der von Arcade Fire. “Vielleicht hört man es erst mal über Kopfhörer, ohne Unterbrechung“, rät der Sänger – und weiß doch längst, dass seine Villagers bald größere Clubs bespielen werden, und die Band nur noch im Kopfhörervarieté einem allein gehören wird. Doch das ist schon okay, denn Platten wie „{Awayland}“ machen die Welt – und sei es auch nur für 42 Minuten Spieldauer – zu einem besseren Ort. Die Welt, dieser grausame, dieser wunderschöne Moloch, noch einmal durch die Augen eines Kindes sehen. „My dear sweet nothing, let’s start anew / From here on in it’s just me and you.“

Villagers, 2012 (#2)

 

Ähnlich großartig wie „Nothing Arrived“ – also der Song selbst – ist auch das dazugehörige Video mit dem schönen Titel „A Day in the Life of Terrence Bliss“: ein 08/15-Erdenbürger lässt eine sich ihm unverhofft bietende einmalige Chance verstreichen, weil dies das Verlassen seiner comfort zone, seines Hamsterrades bedeuten würde…

 

Im Albumkontext spannend, für sich allein immer noch gewöhnungsbedürftig: die bereits 2012 veröffentlichte Vorabsingle „The Waves“. Mit dem Video verhält es sich ähnlich…

 

Aber auch die in den vergangenen Jahren veröffentlichten Stücke können sich hören lassen, wie der Titelsong zum Debütalbum „Becoming A Jackal“…

 

…der Fan- und Kritikerliebling „The Meaning Of The Ritual“ (inklusive der schönen Zeile „My love is selfish / And it remembers everything“)…

 

…oder diese Liveversion des Songs „Memoir“.

 

Wer mehr über das aktuelle Album „{Awayland}“ wissen möchte, dem bietet dieser siebenminütige Beitrag einige Infos…

 

…ebenso wie diese „live at Attica“ aufgenommenen Versionen der neuen Songs „Nothing Arrived“…

 

…und „My Lighthouse“:

(Diese beiden Liveversionen sind übrigens, neben den von drei weiteren Stücken, welche auch während der Live-Session mitgeschnitten wurden, auf der „iTunes Deluxe Edition“ zu finden.)

 

Rock and Roll.

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