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Song des Tages: Ryan Adams – „Back In Your Head“


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Ganze zehn Jahre ist es nun bereits her, dass Tegan and Sara mit „The Con“ ihr – wenn ihr mich fragt – letztes richtig gutes Album veröffentlicht haben, bevor sich die beiden aus dem kanadischen Calgary stammenden Zwillingsschwestern spätestens mit dem 2013 erschienenen „Heartthrob“ endgültig aber sicher in Richtung belanglosem Indiepop aufgemacht haben (wer’s nicht glauben mag, der höre das 2014 für den LEGO-Film auf den Plastikleib geschriebene „Everything IS AWESOME!!!„).

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Um das Jubiläum von Album Nummer fünf, „The Con“, entsprechend zu feiern, haben die Quin-Schwetern einige (potentiell) befreundete MusikerkollegINNen darum gebeten, sich ihrer Albumsongs anzunehmen und diese neu zu interpretieren. Sara schrieb auf ihrer Website dazu: „When I hear another band or artist cover one of our songs it can be indescribable and pleasantly disorienting – creating hope where there was originally hopelessness or joy where there was only ever regret. A pop song can become a claustrophobic ballad, or an anguished confession might be transformed into a euphoric mantra. In some ways hearing someone else interpret something so familiar is a way to finally be freed from the personal history of the song and to hear it for the first time.”

Dabei herumgekommen ist folgende Aufstellung:

TheConX-cover-wordpress-300x3001. Ruth B. – I Was Married
2. MUNA – Relief Next to Me
3. Shura – The Con
4. Mykki Blanco – Knife Going In
5. PVRIS – Are You Ten Years Ago
6. Ryan Adams – Back in Your Head
7. City and Colour – Hop a Plane
8. Kelly Lee Owens – Soil, Soil
9. Bleachers – Burn Your Life Down
10. Hayley Williams of Paramore – Nineteen
11. Sara Bareilles – Floorplan
12. Shamir – Like O, Like H
13. Trashique (GRIMES X HANA) – Dark Come Soon
14. CHVRCHES – Call it Off

Digital Bonus Tracks:
15. Cyndi Lauper  – Back in Your Head (Bonus Track)
16. Bleached – One Second (Bonus Track)
17. Vivek Shraya – I Take All the Blame (Bonus Track)
18. Tegan and Sara – Miami Still (Bonus Track Demo)

Die Einnahmen des am 20. Oktober digital und auf CD sowie im Dezember auf Vinyl erscheinenden Cover-Albums „The Con X: Covers“ gehen an die recht neue „Tegan And Sara Foundation“, die sich um Frauen und Mädchen aus der LGBTQ-Community kümmert (für all jene, die’s nicht wissen: beide Schwestern haben sich selbst früh als lesbisch geoutet). In einem Statement dazu heißt es: „With that intention set, we asked 14 artists who were either outspoken allies of the LGTBQ community or LGBTQ themselves to each cover a song from The Con. We encouraged each artist to approach the song they were covering in any fashion they saw fit. Their inspiration could come from the original record or The Con Demos, our first home recordings that were released after The Con came out. All the artists agreed to donate their time and energy to the project and their labels all agreed to waive their fees as well.“

Neben der Version von „Call It Off“, welche das schottische Indiepop-Trio CHVRCHES eingespielt hat, lassen Tegan and Sara nun auch die Ryan Adams’sche Variante des im Original sowieso bereits verflucht eingängigen „Back In Your Head“ hören. Und wer daran zurückdenkt, was der umtriebige 42-jährige Americana-Rocker bereits für akustische, absolut eigenständige Kleinode aus dem Oasis-Gassenhauer „Wonderwall„, dem kompletten (!) Taylor-Swift-(!)-Album „1989“ oder jüngst dem Radiohead-Evergreen „Karma Police“ gezaubert hat, der weiß, dass der ehemalige Whiskeytown-Frontmann auch dieses Mal nicht eben viel falsch machen wird und das Klangbild seines Tegan-and-Sara-Tributes nah an den energiegeladenen Powerpoprock seines jüngsten, im Februar veröffentlichten Albums „Prisoner“ ansiedelt. Weiß zu gefallen…

 

 

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: Reuben and the Dark


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Er kommt halt nie aus der Mode: Der minnesingende Schmerzensmann. Der, der spätabends einsam-allein und von allen guten Geistern verlassen mit seiner Akustischen im Arm und einem Zauselbart im Gesicht, der die magische Drei-Tage-Grenze längst überschritten hat, auf der spärlich beleuchteten Veranda sitzt und vergeblich auf die Angebetete wartet. Der, der in einer lauen Sommernacht am Lagerfeuer hockt und zu reduzierter Gitarrenbegleitung Geschichten von seinem wilden Leben erzählt, während eine wilde Brise vom Meer heraufzieht und die Blicke aller Mädchen an seinen Lippen haften. Machen wir uns nichts vor: Typen wie diese sind – Klischee hin, Klischee her – wahre Frauenmagneten. Nicht erst seit den vor gut 15 Jahren auf die Bühne getretenen Dashboard Confessional und ihrem wohl eher unfreiwillig denn freiwillig zur Masturbationsvorlage aller US-Emo-Teengirls gewordenen Frontmann Chris Carrabba (der damals bei allem Bohei durchaus gute Songs zustande brachte). Nicht erst seit dem „ewigen Wunderkind“ Conor Oberst, der mit seinen mittlerweile 34 Lenzen durchaus zufrieden auf gut zwei (!) Jahrzehnte im Musikgeschäft und das Zutun in einer gut und gern zweistelligen Anzahl von Bands und Formationen zurückblicken kann (trotzdem hören ihm nicht wenige auch heute noch am liebsten zu, wenn Oberst solo und rein akustisch-unverstärkt seine Lieder mit zittriger Stimme vorträgt). Nicht erst seit dem ebenso großen wie abgrundtief traurigen Kloß Elliott Smith, dem legendär (zu) früh verstorbenen Jeff Buckley, der heulenden Nervensäge James Blunt, den aktuell wohl schönsten Leisetretern Bon Iver und William Fitzsimmons, dem hellen Organ eines Cat Stevens, dem engelsgleichen Duo Simon & Garfunkel, den US-Traditionalisten Bob Dylan und Woody Guthrie (wer mag, darf die Liste gern bis ins Mittelalter  – oder gar darüber hinaus – ausführen). Girls like guitars. Jüngstes Beispiel, etwa: Mumford & Sons. Sicherlich besitzen Marcus Mumford und seine drei Mitstreiter so einige (musikalische) Qualitäten, die den Erfolg auf den weltweit größten Bühnen schon früh erahnen ließen. Dazu dieses Gespür für zarte Melancholien, welche in den Strophen sanft anschwellen, um in den Refrains mit großem Hymnus und abschließenden Chorgesängen konterkariert zu werden – darauf konnten sich vorm Player wie bei Konzerten so ziemlich alle einigen, von der drögen Bankangestellten über stylische Großstadtpärchen und Punkrocker bis hin zu in Würde ergraute Rentnerpaare. Und wäre das noch nicht genug, ist es den vier englischen Musikern ein Leichtes, den Gegenüber – auch ganz ohne Musik und nur durch ihre natürliche Bodenständigkeit und Unaufgeregtheit – innerhalb von Minuten von sich zu überzeugen. Trotzdem: Auch beim schönsten Genuss setzt irgendwann einmal die gute alte Übersättigung ein. Braucht die Welt also – trotz der aktuellen Pause von Mumford & Sons – wirklich einen Lückenbüßer? Zumal da auch noch Bands wie Dry The River wären…

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All das dürfte Reuben and the Dark wohl wenig stören. In Zeiten, in denen es Musikschaffende von Jahr zu Jahr schwerer haben, ihre Kunst an den Konsumenten zu bringen (wobei die „schöne neue Digitalität“ Teufel und Weihwasser gleichzeitig darstellen dürfte), nimmt man jede positiv konnotierte Referenz natürlich gern an. Zudem liest sich der Werdegang von Frontmann Reuben Bullock quasi wie das Non-Plus-Ultra des traumjagenden Barden von Welt: Als einer der Söhne eines kanadischen Wanderpredigers aufgewachsen, verbrachte er seine Kindheit und Jugend sprichwörtlich „auf den Straßen“ Nordamerikas – und träumte mit seinen Brüdern trotzdem von der großen, von einer wilderen Welt. Die Musik bot ihm dabei schon früh einen Fluchthafen vor dem Zuviel an Spiritualität. Bullock begann zu schreiben – Gedichte, eine Gitarre rührte er laut eigenen Aussagen nicht vor dem 21. Lebensjahr an. „Pulling Up Arrows“, sein erstes von bislang zwei Soloalben, nahm er der Legende nach in einer einsamen Holzhütte im Nirgendwo Kanadas auf und reiste mit seinen Songs und der Akustischen durch die Welt. Als Christopher Hayden, seines Zeichens Schlagzeuger bei den ebenso wenig um Pathos und Größe verlegenen Florence and the Machine (auf eine wenig andere Machart), Bullocks Soloalbum zufällig in einem Shop hörte, nahm er Kontakt zu dem Sänger auf und lud ihn zuerst zu sich auf die Bühne und wenig später ins ferne London ein, um gemeinsam an Demoaufnahmen zu arbeiten. Reuben Bullock nahm diesen Karriereschritt zum Anlass, um sich eine Band aus nicht minder talentierten Freunden und Verwandten (etwa seinem jüngeren Bruder) zusammenzustellen – Reuben and the Dark waren geboren. An ihrem kürzlich beim kanadischen Indie Label Arts & Crafts erschienenen Debütalbum (noch nicht hierzulande, dafür bereits in der nordamerikanischen Heimat) arbeiteten sie, neben Hayden, mit Produzentengrößen wie Stephen Kozmeniuk (u.a. Madonna, Nicki Minaj) zusammen, während sich Jim Abbiss (u.a. Adele, Björk, DJ Shadow, Editors) für den finalen Mix verantwortlich zeichnete. „Funeral Sky„, dem elf Songs starken Ergebnis, merkt man schon an, dass es Reuben and the Dark gar nicht erst darauf anlegen, für lange Zeit als „Geheimtipp“ in kleinen Kellerclubs zu versauern. Bullocks markdurchdringendes Gesangsorgan, das zuweilen an jenes von Villagers-Frontmann Conor O’Brien denken lässt, erzählt zu oft spärlicher Gitarren- oder Pianoinstrumentierung Geschichten vom Fern- wie Heimweh, während seine Band für den reichlich sakralen Unterbau sorgt. Wie bei oben genannten Referenzbands auch wird so eine Stimmung erzeugt, die gleichzeitig alt-hergebracht wie absolut zeitgeistig wirkt. Über „Devil’s Time“, einen der zentralen auf „Funeral Sky“, weiß der Frontmann etwa stellvertretend zu berichten: „‚Devil’s Time‘ is one the oldest tunes on this record, written years ago and almost forgotten. It comes from a place of comfortable despair, of being hopeless and free… a theme that has become very present throughout the songs on ‚Funeral Sky‘.“. Wenn Reuben and the Dark auf ihrem Debüt radiofreundliche Uptemponummern vom Stapel lassen, dann auch mit ein wenig Weltschmerz der Marke Dry The River und mit den Handclaps sowie dem Hymnus von Mumford & Sons im Gepäck. Und trotz der Tatsache, dass einem kaum etwas ferner läge, als den Jungs den Vorwurf des Plagiats beziehungsweise Trittbrettfahrertums zur Last zu legen, darf freilich jeder auf die Frage, ob sich diese Band wirklich auf Dauer einen festen Platz in den persönlichen Playlists erspielen kann, seine eigene Antwort finden. Fest steht: Reuben and the Dark setzen zum Sprung an – auf leisen Sohlen von Calgary in die wilde, weite Welt. Tough guys, warm heart – It’s good to be a bard…

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Hier gibt’s die Musikvideos zu den Auskopplungen „Black Water“…

…“Rolling Stone“…

…und „Bow And Arrow / A Memory’s Lament“ (übrigens ein Song, den Reuben Bullock zuvor bereits solo aufnahm)…

 

…sowie eine zehnminütige Acoustic Session in passender Landschaftskulisse anschauen…

 

…und sich hier mit „Devil’s Time“ eines der Highlights von „Funeral Sky“ anhören:

 

Rock and Roll.

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