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Song des Tages: VAR – „Where To Find You“ (live at Orgelsmidjan)


Eines der Alben, welches im vergangenen Jahr eindeutig zu wenig Beachtung fand (und auch beim ANEWFRIEND’schen Jahresrückblick sträflicherweise unter den Bestelistentisch fiel), war das passend betitelte „The Never-Ending Year“ der isländischen Band VAR. Das internationale Debütwerk des Quartetts wurde zwar bereits im April veröffentlicht, dennoch darf man im Proberaum von Júlíus Óttar Björgvinsson (Gesang, Gitarre, Klavier), Arnór Jónasson (Gitarre), Egill Björgvinsson (Bass, Synths) und Sigurður Ingi Einarsson (Schlagzeug) durchaus ein wenig hellseherische Magie vermuten – wie sonst hätten sie wissen sollen, dass uns allen ein gefühlt nie endendes (Seuchen)Jahr bevorstand? Oder haben’s ihnen gar isländische Höhlentrolle zugeflüstert? Nevermind. Auch ohne all die Überlegungen, welche nun – mutmaßlich von der Band ungewollt – um den Titel kreisen, ist VAR ein Album gelungen, das es durchaus wert ist, auch über 2020 hinaus gehört zu werden – voll mit glücklich machendem, melodieseligem Indie-Post-Rock, mit ausladend gen isländischen Abendhimmel stürmenden Gitarren und so einigen unvermeidlichen „Walls of Sound“.

Ihr Spotify-Profil liefert außerdem eine recht unterhaltsame Beschreibung, wie sie sich selbst sehen: „Man denke an Sigur Rós mit mehr Dringlichkeit, We Were Promised Jetpacks mit mehr Komplexität und Frightened Rabbit mit mehr Härte.“ Das mag natürlich ein wenig ironisch gemeint sein, wer jedoch ein wenig ins Musikalische hinein lauscht, der kann definitiv nachvollziehen, wie die Band zu diesen Vergleichen gekommen ist. Obendrein trifft die Beschreibung den VAR’schen Klangkosmos derart gezielt auf den Kopf, dass alle Freunde ebenjener Vergleichsbands das ein oder andere Ohr riskieren sollten.

Und natürlich dürfte das zurückliegende Jahr auch für den Island-Vierer ein gefühlt niemalsnie endendes gewesen sein, da auch VAR im Grunde keinerlei Chance hatten, ihre neuen Songs einem interessiert lauschenden Publikum darzubieten. Also entschloss sich die Band in Ermangelung von Live-Terminen dazu, mit „Live at Orgelsmidjan“ eine EP mit Live-Session-Performances einiger Album-Stücke zu veröffentlichen. Wie Frontmann Júlíus Óttar Björgvinsson erklärt: „Wir hatten das Gefühl, dass wir etwas tun mussten, um den Leuten zumindest einen kleinen Vorgeschmack darauf zu geben, wie wir diese Songs live spielen. Bei VAR ging es schon immer darum, live zu spielen, und wir geben immer alles, um die Spannung zwischen uns und dem Publikum sowohl friedlich als auch kraftvoll zu gestalten.“

„After releasing an album and having no chance to play it live, we felt like we had to do something to give people at least a little taste of us playing these songs live. VAR has always been about playing live and we always give everything we have to make the tension between us and the audience both peaceful and powerful. But since we could not play it live for people, we decided to make these live videos of us playing the songs at the organ workshop where we practice. We got our producer Eiður to do the sound for the videos and when he sent us the audio files Arnór brought that idea of releasing a live EP, because people had been asking us to do so. We were happy with the sound Eiður got from the session and how far it is from how the album sounds. It’s powerful, it’s raw and it’s honest. And that is VAR.“

Und genau das ist ihnen gelungen. Der Sound, den die Band in den Live-Versionen erzeugt, ist ziemlich erstaunlich und einmal mehr verdammt einnehmend. Die vier Live-Takes sind keineswegs „besser“ oder „schlechter“ als die dazugehörigen Album-Varianten, sondern vielmehr subtil anders. Man kann die Energie der Band bei „Where To Find You“ fast schon mit beiden Holzfällertatzen greifen (besonders wegen des voluminöseren Schlagzeugs), während im atmosphärischen „Highlands“ nur ein Hauch von Emotion in Björgvinssons Gesang zu hören ist. Auch „By The Ocean“ gerät besonders beeindruckend, allein schon wegen der gesanglichen Qualität, während der Gitarrensound durchgehend fesselt. Ein durchaus gelungenes (und eventuell sogar zu kurz geratenes) Trostpflaster, welches darauf hoffen lässt, dass uns nicht noch ein niemals endendes konzertfreies Jahr bevorsteht…

Rock and Roll.

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