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Song des Tages: Ane Brun – „You’ll Never Walk Alone“


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In Deutschland wohl vor allem distinguierten Kammerfolk-Connaisseuren, die auch nicht davor zurück scheuen, in feiner Abendrobe zum schnieken Bestuhlt-Konzert zu watscheln, bekannt, in ihrer norwegischen Heimat längst ein mit Gold-, Platin- und mehreren Nummer-eins-Alben dekorierter Star: Ane Brun.

Und in der Tat kann die 43-jährige Indiefolk-Popperin mit der so besonderen, so speziell wie elfenhaften Stimme, die mittlerweile ihre privaten wie kreativen Zelte im schwedischen Stockholm aufgeschlagen hat, auf eine recht beeindruckende Karriere zurückblicken, die einst, 1998, mit einer Akustikgitarre in den Fußgängerzonen von Barcelona und San Sebastian sowie später in der zwar kleine, jedoch recht umtriebigen Künstlerszene im norwegischen Bergen ihre ersten zarten Gehversuche hinein ins Musikgeschäft unternahm. Seitdem hat sich viel mit Leben von Ane Brunvoll, die 1976 im norwegischen Molde das Licht der Welt erblickte, getan: acht Alben (zuletzt 2017 das feine Cover-Album „Leave Me Breathless„), eine knappe Handvoll Live-Werke (die aufgrund der gesanglichen Stärken Bruns durchaus auch für Diskografie-Einsteiger empfehlenswert sind), ein einiges Plattenlabel (Balloon Ranger Recordings) – mal widmet sich Ane Brun Duetten (etwa mit Ron Sexsmith, Madrugada, Teitur, Syd Matters, José González, Wendy McNeill oder Peter Gabriel), mal ihrer eigenen, von ihrer auf Eindringlichkeit und die Unmittelbarkeit gemünzten Stimme garnierten Version des Folk Noir-Pop, mal eben Coverversionen (auch hier ist die Palette mit Neuinterpretationen von Foreigner über Radiohead, Bob Dylan, a-ha, Mariah Carey, Nick Cave, Tom Petty oder Joni Mitchell recht breit). Klar, Ane Bruns Kreativität mag zuweilen ebenso fordernd wie einnehmend sein. Schlussendlich bekommt man Norwegens wohl schönste Antwort auf artverwandte Künstlerinnen wie Björk, PJ Harvey, Florence and the Machine, Feist oder Emiliana Torrini.

43562433_500_500Dass Ane Brun das Covern nicht eben kleiner Nummern aus dem Effeff versteht, zeigt sich einmal mehr an ihrer nun veröffentlichten zart besaiteten Version von „You’ll Never Walk Alone„, ebenjenes 1945 im Broadway-Musical „Carousel“ uraufgeführten und in den Sechzigern von Garry & The Pacemakers populär gemachten Songs, der mittlerweile vor allem an der Anfield Road des Liverpool FC oder im Signal-Iduna-Park (oder eben dem Westfalenstadion), der Heimstätte meines geliebten BVB, aber auch überall sonst, wo guter, traditionsbewusster Fussball gespielt wird, seine Heimat gefunden hat (wer mag, findet hier einen interessanten Artikel). Und auch bei Brun ist die Wahl ebenjenes Fussball-Gänsehautstücks eine persönliche, wie sie via Facebook zu verstehen gab:

„I don’t really follow sports on a daily basis but I enjoy watching a great football match!! And when I really love someone who really loves Liverpool FC ⚽️ then I just had to record the team’s most famous song ‚You’ll Never Walk Alone‘ for this person’s birthday! And now I wanted to share it with you all. Recorded in a hotel room in Hamburg missing my ❤️“

Keine drei Minuten Spielzeit, in denen ein bestens bekanntes Gänsehautstück auf eine der außergewöhnlichsten Gänsehautstimmen trifft. Passt wunderbar.

 

 

„When you walk through a storm
Hold your head up high
And don’t be afraid of the dark
At the end of a storm is a golden sky
And the sweet silver song of a lark

Walk on through the wind
Walk on through the rain
Tho‘ your dreams be tossed and blown
Walk on, walk on with hope in your heart
And you’ll never walk alone
You’ll never, ever walk alone

Walk on, walk on with hope in your heart
And you’ll never walk alone
You’ll never, ever walk alone“

 

Rock and Roll.

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Mein Senf: #dankekloppo


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Es musste wohl so kommen. Sieben Jahre, die im Rückblick wie eine kleine Ewigkeit erscheinen, gehen im Mai zu Ende.

Jürgen Klopp und der BVB, das passte seit dem Anfang der Zusammenarbeit beider Parteien im Jahr 2008 sprichwörtlich wie „Arsch auf Eimer“. Auf der einen Seite der gebürtige Schwabe, der bereits in seinem vorherigen Engagement beim FSV Mainz 05 gezeigt hatte, dass er es versteht, aus vielversprechenden No Names und hoffnungsvollen Jungspunden eine schlagfertige, verschworene Einheit zu formen (eine Basis, von der damals Thomas Tuchel, Klopps kaum weniger junger Nachfolger in Mainz, zu großen Teilen profitierte). Auf der anderen Seite Borussia Dortmund, ein Verein mit großer Historie und beinahe vasallentreuen Fans (bester Zuschauerschnitt aller Vereine in Europa noch vor Größen wie dem FC Barcelona, Real Madrid, Manchester United oder dem FC Bayern München, mit der Südkurve – der „gelben Wand“ – die größte Stehtribüne der Welt, höchster Dauerkartenverkauf aller deutschen Vereine… need more?), die ihrem Verein auch in schwarzen Jahren, als der mittlerweile achtmalige deutsche Meister durch jahrelanges Missmanagement und selbstherrliche Großmannssucht ernsthaft um seine Meriten und Lizenz bangen musste, die Treue hielten. Vermutlich war es genau diese Stimmung im Westfalenstadion (das sich mittlerweile „Signal-Iduna-Park“ schimpft), die Jürgen Klopp damals dazu überzeugte, sein Trainerglück tief im Ruhrpott zu suchen. Oder eben die Perspektive, denn mittlerweile hatte die Vereinsführung um Geschäftsführer Hans-Joachim „Aki“ Watzke, Präsident Reinhard Rauball und Sportdirektor Michael „Susi“ Zorc die „Schwarz-gelben“ soweit konsolidiert, dass man durchaus hoffnungsvoller in die Zukunft blicken konnte. Klar, von den großen Erfolgen der Meisterjahre (die letzte deutsche Meisterschaft lag damals, 2008, knapp sechs Jahre zurück – 2002 wurde man beinahe sensationell Tabellenerster, als noch ein gewisser Matthias Sammer auf der Trainerbank saß -, der erste und bis heute einzige Champions League-Titel damals gar ganze elf Jahre) war man ebenso weit entfernt wie von den Verpflichtungen namenhafter Spieler. Dafür hatte der Verein dem neuen Trainerstab um Klopp und Co-Trainer Zeljko Buvac sowie neuen Spielern etwas anderes zu bieten: eine Perspektive, um gemeinsam zu wachsen. Die nutzten sowohl Klopp als auch viele, viele Talente, die unter der Obhut des Trainers von vielversprechenden Jungspielern zu international bekannten Namen wurden: Nuri Sahin, Shinji Kagawa, İlkay Gündoğan, Sven Bender, Mats Hummels, Neven Subotic, Mario Götze, Robert Lewandowski… Eine lange Liste von Namen – einige spielen noch heute beim Verein (Hummels, Gündoğan, Bender, Subotic), andere haben mittlerweile anderswo bei großen Vereinen im In- oder Ausland ihr Glück versucht (Kagawa, Sahin, Götze, Lewandowski), einige sind wieder zurück zu ihrem Herzensverein gekommen (Sahin, Kagawa), weil sie anderswo bei „Big Playern“ wie Real Madrid oder Manchester United nie so richtig glücklich wurden. Und das aus gutem Grund: Neben der verstärkten Förderung junger Perspektivspieler hat Jürgen Klopp auch eine komplett neue Art des Fussballspiels ins Leben gerufen und in den international erfolgreichen Fussball eingeführt. Seine moderne Form des brutal taktik- und laufintensiven Pressings und Gegenpressings, welche nahezu ununterbrochene hohe Aufmerksamkeit von allen elf beteiligten Feldspielern fordert, benötigte zwar einige Zeit, um von seinen Spielern verstanden zu werden (das ist auch ein gutes Pfund der Gründe, wieso kaum ein späterer Star des Vereins, wie Lewandowski oder Kagawa, im ersten Vereinsjahr „zündete“), war danach jedoch umso erfolgreicher – mit der Krönung in den Meisterjahren 2011 und 2012, dem Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg 2012 sowie der Teilnahme am rein deutschen Champions League-Finale von Wembley 2013, das nur merklich knapp gegen den FC Bayern München verloren ging. Klopps neue Art des Fussballspiels fand national wie international auf höchster Ebene Anerkennung, so etwa im Spiel des FC Liverpool, das unter Trainer Brendan Rogers in der Saison 2013/14 mit nahezu identischem Fussballspiel beinahe die englische Meisterschaft gewann. Selbst Trainerurgestein Jupp Heynckes, anno 2015 stolze 69 Jahre jung und als Vorgänger des aktuellen Bayern-Coaches Pep Guardiola an der aktuell glänzende Situation des Münchner Weltklassevereins nicht ganz unschuldig, übernahm nach den Dortmunder Meisterjahren 2011 und 2012 das Spielsystem des Konkurrenten für sich und seine damalige Elf. Nahezu die komplette Fussballwelt schaute neidvoll in die um Grunde unscheinbar-graue 600.000-Einwohnerstadt im Ruhrpott, wo ein vormals unbekannter Spielleiter aus als „Kinderriegel“ verschrienen Abwehrspielern (Subotic, Hummels), Spielgestalterschnäppchen (Kagawa) und Provinzangreifern (Lewandowski) eine schlagkräftige, überzeugend frisch aufspielende Mannschaft formte, die selbst die ganz Großen von Real Madrid oder Bayern München in Serie vom Platz fegen konnte (etwa im DFB-Pokalfinale 2012, als man den deutschen Rekordmeister mit 5:2 zurück in die Säbener Straße schickte, oder im Hinspiel des Champions League-Halbfinals von 2013, als der BVB das traditionsreiche Real Madrid vor heimischer Kulisse 4:1 besiegte).

Und obwohl da eine Mannschaft auf dem Platz stand, bei deren nicht selten passgenauem, rasantem Spiel jedem Fussballfan ein Zungenschnalzen über die Lippen kommen konnte, war der wahre „Popstar“ während der letzten sieben Dortmunder Fussballjahre vor allem einer: Jürgen Klopp. Der heute 47-Jährige, der in seiner aktiven Zeit als mäßig erfolgreicher Abwehrspieler für Vereine wie Viktoria Sindlingen, Rot-Weiß Frankfurt und – natürlich – den 1. FSV Mainz 05 kickte (dort ist er übrigens mit 325 Zweitligaspielen bis heute alleiniger Rekordhalter des Vereins), brillierte als ebenso amüsanter wie wortgewandter und fachkundiger Redner vor den Kameras (vor seiner Dortmunder Zeit etwa als ZDF-Analyst während der WM 2006 und der EM 2008 an der Seite von Johannes B. Kerner, dem Schweizer Ex-Refferee Urs Meier und Franz „Der Kaiser“ Beckenbauer), während er vor allem in Dortmund am Spielfeldrand derart mit seinen Jungs auf dem Platz mitlitt, dass er schonmal den Schieds- oder Linienrichter gefährlich zähnefletschend angiften konnte wie kein zweiter. Klar, „Kloppo“ spaltete in den vergangenen zehn Jahren die Fussballnation – die einen sangen „Kloppo, du Popstar“ und fielen vor seinem modernen Spielverständnis in den Staub, die anderen verspotteten den Exilschwaben als „irren Idioten“. Fakt ist, dass Klopps immer forsches, nicht selten manisches Auftreten nie dem reinen Selbstzweck der Eigendarstellung diente, sondern stets auch die Intention hatte, den Druck, dem seine Mannschaft von Erfolgsjahr zu Erfolgsjahr mehr und mehr ausgesetzt war, von deren Schultern auf seine zu legen –  nach dem Motto: „Lasst die mal spielen, konzentriert euch ruhig auf mich!“. Gewitzt? Sicher. Aber es funktionierte, ganze sieben Jahre lang.

Dass Jürgen Klopp nun mit dem Saisonende im Mai diesen Jahres, obwohl er noch einen Vertrag bis 2018 besaß, seine Zeit als Trainer des BVB vorzeitig beenden wird, war leider – so traurig es viele auch stimmen wird – abzusehen. Freilich unkten einige anerkannte und selbstberufene „Experten“ schon seit einigen Monaten der aktuellen Saison, in der die Mannschaft von Borussia Dortmund nur (zu) selten ähnlich gut spielte wie in den Vorjahren, dass „dieses Team seinen Zenit überschritten“ habe. Und eventuell langen sie mit dieser Behauptung auch nicht ganz falsch. Andererseits mussten Klopp und sein Team Jahr für Jahr, Saison für Saison Abgänge von so wichtigen Spielern wie Sahin, Kagawa, Götze oder Lewandowski verkraften. Allerdings konnte man diese vermeintlichen Verluste in den Vorjahren weitaus besser und gezielter kompensieren als in der aktuellen Saison, in der weder die anvisierten Königstransfers Henrich Mchitarjan, Ciro Immobile und Adrián Ramos wirklich überzeugen konnten, während der vereinsinterne Starspieler Marco Reus, dessen Vertragsverlängerung bis 2019 im Februar diesen Jahres allen Fans Mut auf das Zusammenwachsen der Führungsspieler machte, einfach zu oft und zu lange verletzt fehlte. Fakt ist: Lediglich 35 Tore in 33 Spielen, nur 9 Siege gegenüber 13 Niederlagen und damit Platz 10 in der aktuellen Bundesligatabelle – das ist zu wenig für eine Mannschaft diesen Kalibers mit internationalem Fangpotential und ebensolchen (dauerhaften) Ambitionen.

Das sah wohl auch Jürgen Klopp so. Er wolle Platz für Veränderungen schaffen, sei „nicht mehr sicher“, ob er „noch der Richtige“ für diesen Verein sei. Dabei ist „Kloppo“ Dortmund und Dortmund „Kloppo“. Niemand passt besser zu diesem Verein, hat dessen Enthusiasmus, dessen Liebe zum Malochersport Fussball in den letzten Dekaden besser verkörpert als Klopp. Er hat diesem Verein, der nach den finanziell angeschlagenen Jahren so sehr nach dem Erfolg der Neunziger, nach Feierparaden über den Borsigplatz und ausgelassener Fussballkultur gedürstet hat, so viel gegeben wie etwa Ottmar Hitzfeld in den seligen neunziger Jahren. Er hat die Fans auf sich geeicht, den deutschen wie internationalen Fussball modernisiert – und das nachhaltiger, als manch Fan der Konkurrenz aus München oder „Herne-West“ (die Blau-weißen ohne Schale) es wohl gern wahrhaben möchte. Der Rücktritt Klopps, welchen er heute auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz, mit der Borussia Dortmund auf eine Meldung der „Bild“-Zeitung reagierte und selbst die Karten offen auf den Tisch legte, tut weh. Das konnte man besonders gut an der Mine von Geschäftsführer „Aki“ Watzke sehen, der sprach, als wäre soeben seine halbe Sippe samt Familienhund gestorben. Er hatte einen Freund verloren, zumindest als Kollegen im Verein. Und musste mehrfach mehr als eine Träne verdrücken.

Ich selbst bin nun seit gut 18 Jahren Fan von Borussia Dortmund, mein Herz schlägt schwarz-gelb, Saison für Saison, Spieltag für Spieltag, und das noch für den Rest meines Lebens. Seit den Neunzigern fiebere ich jede Spielminute mit diesem Verein, freue mich über gewonnene Spiele und Titel, leide umso mehr bei bitteren Niederlagen (und das ist: so ziemlich jede). Fussball mag oft nur Nebensache sein, doch für Menschen wie mich ist es eine schöne und höchst emotionale, bei der ich mich nicht selten in die ein oder andere mehr ode weniger ernste Pöbelei versteige (legendär noch immer das Champions League-Finale vor zwei Jahren, als ich als einer von wenigen schwarz-gelben Fans in einem holländischen Pub voller Bayern-Supporter beinahe eine handfeste Schlägerei ausgelöst hätte). Mich nimmt Klopps Abschied mit, es wird wohl dauern, bis ich es voll realisiert habe (und damit bin ich wohl kaum allein). Zu sehr waren Dortmund und Klopp aneinander gebunden. Wie die Online-Ausgabe des „Spiegels“ in einem heutigen Kommentar schreibt: „Es gab nur einen Mann, der Jürgen Klopp in Dortmund entlassen konnte: Jürgen Klopp. Und das hat er jetzt getan.“. Was – ja: wer – nach Jürgen Klopp kommen wird? Wie die Mannschaft der nächsten Saison aussehen wird? Wird sich zeigen. Es geht weiter, immer weiter. Wie Jürgen Klopp selbst erkannt hat, wird es Zeit für einen Umbruch in Dortmund. Bestenfalls hat er mit seinem vorzeitigen Abgang dieser Mannschaft, der er über sieben Jahre lang seinen Stempel aufgedrückt hat, einen letzten Liebesdienst erwiesen. Ich selbst konnte und wollte mir zu keinem Zeitpunkt einen besseren Trainer für diesen Verein vorstellen. Und kann es auch heute nicht. Eine Ära geht zu Ende, bald schon wird Borussia Dortmund nicht mehr das Alte sein…

Danke, Jürgen – aus tiefstem Herzen.

 

Rock and Roll.

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