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Song des Tages: Delta Spirit – „How Bout It“


Über die Jahre waren Delta Spirit zur Familie gewachsen. Und wie sich das für Familien so gehört, brauchen auch die besten von ihnen gelegentlich etwas Abstand voneinander. So gönnte sich die Rockband aus dem kalifornischen San Diego nach dem 2014 veröffentlichten Album „Into The Wide“ erst einmal eine Auszeit. In selbiger veröffentlichte Frontmann Matthew „Matt“ Logan Vasquez mehrere Soloplatten, Multi-Instrumentalist Kelly Winrich produzierte unter anderem Nathaniel Rateliff und Jonathan Jameson, Gitarrist Will McLaren und Schlagzeuger Brandon Young gingen mit diversen Musikern auf Tour. Bei einer gemeinsamen Jam-Session 2018 fand die Wahl-Familie wieder zusammen, die Reise ging endlich weiter. So knüpft „What Is There“, seines Zeichens nun Album Nummer fünf, an frühere Werke an und zeigt sich zugleich durch die Bandpause gereift.

Tatsächlich hört man ihnen die Auszeit kaum an – maximal dadurch, dass die zwei Hände voll neuer Songs frischer und noch leidenschaftlicher wirken. Den Bombast des sechs Jahre zurückliegenden Vorgängers hat das 2005 gegründete Quintett zurückgelassen, der Sound der zehn Stücke, welche Delta Spirit in den Sonic Ranch Studios, einem beeindruckendem Komplex dreißig Kilometer außerhalb von El Paso, Texas, dicht an der mexikanischen Grenze, gemeinsam mit Mixing Engineer Tchad Blake (U2, Black Keys) aufnahmen, geht tatsächlich mehr in Richtung der Soloplatten von Vasquez‘ – etwas basischer, natürlicher. Aber tief im Herzen schlummert immer noch diese spezielle Americana-Indie-Mischung im Pop-Rock-Format mit einfühlsamen Flair und großen, weit greifenden Melodien. Die Rhythmen mögen teils etwas mehr dem Zeitgeist angepasst sein, aber die Songs könnten – im besten Sinne – durchaus von gestern sein. Genau genommen tönen sie nämlich: irgendwie zeitlos.

„Unsere Band besteht aus fünf Querdenkern, die versuchen, sich auf eine Idee zu einigen. Wenn die Ähnlichkeit darin besteht, dass man konträr ist, ist es schwierig. Aber wenn es klappt, entsteht etwas Unglaubliches.“ (Matt Vasquez)

Dabei ist „How Bout It“ ohne Frage die größte Perle eines ohnehin feinen Albums. Delta Spirit dehnen eine gekonnte Indie-Americana-Idee über sechs Minuten aus und hangeln sich über bedeutungsschwangere Piano-Darbietungen hinein in ein Epos, das einfach nicht aufhören mag zu wachsen. Nach und nach stoßen weitere Instrumente hinzu, bevor ein überdimensionales Classic-Rock-Gitarrensolo das Heft in die Hand nimmt und dabei gleich mehrere Jahrzehnte zurück in die Musikhistorie reist. Einfache Zutaten, großartige Zusammensetzung, dazu butterweiche Backings zu purem Gefühl – ein Song, an dem sich der US-Fünfer künftig messen lassen darf.

Das ist aber bei weitem nicht der letzte Leckerbissen der neuen Platte. „Lover’s Heart“ lässt zwar das große Drama weg, das konsequente Hinarbeiten auf den gewaltigen, alles umarmenden Moment mit Glum-Qualitäten und Songbook-Querverweisen reißt allerdings mindestens so mit wie das schräge, laute „Home Again“. In dem Dreiminüter brodelt es von der ersten Sekunde an, Vasquez singt mit Gitarre und Piano um die Wette. Es wird lauter und lauter, herrlich wild und chaotisch, bevor die Coda große Gefühlsschübe freisetzt. Der locker-flockig schlendernde Auftakt „The Pressure“ rockt zudem mit wachsender Begeisterung los und verbindet radiofreundliche Harmonien mit getriebenen Indie-Sounds und Fernweh. Große Überraschungen bleiben zwar aus, doch in Verbindung mit dem folgenden Indie-Tanzflächen-Querverweis „It Ain’t Easy“ (selbstverständlich im typischen Delta Spirit-Sound) macht dieses Eröffnungsduo richtig viel her und trifft im Verlauf des Albums auch auf Sensibles wie „Can You Ever Forgive Me?“ oder eben „Lover’s Heart“.

In einer mehr als kurzweiligen Dreiviertelstunde zeigen Delta Spirit, dass sie der Pause zum Trotz rein gar nichts verlernt oder von ihrer Chemie eingebüßt haben, und jetzt – wenn auch manchmal zu Lasten der Verspielt- und Verschrobenheit – vielleicht sogar noch besser, noch stärker tönen. Die Kombination aus fieberhaften Epen, kleinen Indie-Perlen und bester Americana-Laune weiß zu gefallen und hat in seinen stärksten Momenten durchaus zeitlose Qualitäten. „What Is There“, welches die Band ihrem 2018 verstorbenen Freund und Musikerkollegen Richard Swift widmet, ist eine Platte für lange Spätsommer-Roadtrips, für den stilvollen Radioeinsatz, für begeisternde Konzerte (so man denn wieder touren darf) und stille Momente am Lagerfeuer – ein durchaus packender Allrounder mit gewohnt starkem Songwriting und noch mehr Leidenschaft. Willkommen zurück!

„The war on magic got the behind the blindly enlisted
They let their hands on me, spoke in tongues ‚cause I insisted
The bottom dropped out and no one else here but me could fix it
I cast a dark hash on the line and I landed all the sixes

How ‚bout it?

The thrill of my victory shoulda made me more suspicious
And they kept that fare hung in front of my face, never looked so delicious
All my better angels will no longer speak my name
And the other wolves stand beside, all sure to do the same

How ‚bout it?

Now I’m outta luck and making promises I know that I can’t keep
And the chicken skin head to the ATM, they won’t get the best of me
I have four, five, six, take the money, gotta go, got another important place to be
I took a brick to the back of the head, they said, ‚Welcome to Vegas, baby‘

How ‚bout it?“

Rock and Roll.

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