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Song des Tages: Paul Weber – „Irgendwann“


Foto: Promo / Tim Loebbert

Oft wirkt es, als wären wir ohne Ziel. Wir probieren uns aus, ziehen weg aus dem Ort, an dem wir geboren und aufgewachsen sind und hin zu einem Ort, an dem Neues, Aufregendes, eventuell sogar das vermeintliche Glück – oder zumindest ein nach 22 Uhr noch offener Späti – auf uns wartet. Dass dieser Weg, den wir gehen, noch viel mehr ist als das, zeigt Paul Weber mit seiner neuen Single „Irgendwann“ – und besingt zu klaren Gitarren-Riffs treibendem Schlagzeug – beides erinnert ohne große Umschweife an die gar nicht mal üblen Seiten von The War On Drugs oder Sam Fender – (s)eine ganz eigene Suche, seine ganz eigenen Gefühle, die an mancher Stelle genauso unsicher und haltlos scheinen wie das Wort „Irgendwann“. Aber: Kein Umweg ist zu lang, keine falsche Entscheidung ist, im Rückspiegel betrachtet, falsch und kein Lange-wach-bleiben ist zu lang, solange wir uns selbst am Ende ein stückweit näher kommen. Und egal wie lang das auch dauern mag, eines ist klar: „Irgendwann“ kommen wir an. Wir alle.

Der aus Köln stammende Musik-Newcomer beschreibt seine Gedanken beim Schreiben des Textes zur gemeinsam mit Produzent Dennis Borger (Fibel, Betterov) entstandenen Nummer, die auf die 2021 veröffentlichte „Alles im Arsch EP“ und die Single „Zuversicht“ folgt, so: „Im Entstehungsprozess des Songs habe ich mich immer wieder in unserer komplizierten Welt sehr verloren gefühlt. Ich laufe manchmal rastlos mit der ständigen Angst, etwas zu verpassen, durch mein Leben. Immer auf der Suche nach einem Platz zum Ankommen. Der Song soll für die Hoffnung stehen, dass am Ende alles gut gehen wird.” 

Für das Musikvideo zum Song konnte Weber sich übrigens ganz auf seine Kontaktliste verlassen und einige andere aufstrebende Gesichter der deutschen Indie-Szene zusammentrommeln: Blinker, Kicker Dibs, Brenda Blitz oder Anoki gestalten gemeinsam mit ihm ein passendes Video, bei welchem man gut und gern eine Hommage an Wir sind Helden und deren bewegte Bilder zu „Nur ein Wort“ (und somit irgendwie ja auch an Bob Dylan) erkennen kann.

In jedem Fall ist hier eine im besten Sinne irgendwo zwischen Melancholie und Aufbruch, AnnenMayKantereit und Betterov festgefahrene Indierockedipop-Nummer gelungen, den Künstler dahinter sollte man also für Zukünftiges durchaus auf dem Schirm behalten…

Rock and Roll.

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Song des Tages: Matula – „Tapete“


Matula

Wer kennt das nicht? Jahr für Jahr erscheint so viel neue, gute und definitiv hörenswerte Musik, mit der man sich gern länger und ausdauernder beschäftigen wollte und sollte, die man tiefer ins Hörerherz schließen möchte, weil tief nie tief genug ist, und man nie genug von dem ein oder anderen Song bekommen kann. Freilich rutscht da die ein oder andere Band (slash: Veröffentlichung) schonmal unterm Radar durch und wird zuerst beiseite gelegt, dann übersehen und schlussendlich schlichtweg überhört. Man(n) hat ja auch nur zwei Ohren…

48527f10-matula_cover_LP_webBei mir so passiert mir dem norddeutschen Vierergespann Matula, deren Namenleihe vom Hausrauf-Privatdetektiv Josef Matula aus der ZDF-Krimiserie „Ein Fall für zwei“ schon passt, denn auch Sänger und Gitarrist Thorben, Gitarrist Sebastian, Bassist Stefan und Drummer Robert haftet etwas Unaufgeregtes, Direktes, Bodenständig-sympathisches an – typisch „norddeutsch“ eben. Eventuell spielt da auch die Erfahrung eine Rolle, denn Newcomer sind Matula beileibe nicht. Die Band gibt es schon seit mehr als zehn Jahren, auch wenn Proben der verschiedenen Wohnorte wegen (2004 ziehen Thorben, Stefan und Sebastian vom heimatlichen Neumünster gen Hamburg, Robert zieht nach Kiel) mittlerweile logistische Abstimmungen nötig machen. Zu welchem Musikgenre Matula gehören, weiß selbst Frontmann Thorben nicht so genau. Irgendwo Punk, irgendwo Indie, auf jeden Fall ziemlich rockig. Während man die ersten beiden Alben der Band – „Kuddel“ (2007) und „Blinker“ (2010) – noch irgendwo im Dunstkreis von Kapellen wie den ebenfalls aus Hamburg stammenden Captain Planet ansiedeln konnte, macht vor allem das im Februar 2014 erschienene dritte Werk „Auf allen Festen“ einen reiferen, überlegteren Eindruck, selbst wenn Sänger Thorben ab und an mal die Stimme etwas lauter stellt. Dass man auch mit Melodien, die hängenbleiben, nicht gleich zu so unerträglichen Deutschrock-Biedermännern wie Revolverheld mutieren muss, versteht sich wohl von selbst. Dass man dabei trotzdem so unaufgeregt von den kleinen und großen, den offensichtlichen und abseitigen Dingen des Alltags erzählen kann, wie es Matula in den elf Stücken von „Auf allen Festen“ tun, ist schön anzuhören, während einem die letzten Züge des Winterwetters durch Gesicht pfeifen…

 

Mit „Tapete“ haben Matula ausgerechnet den wohl untypischsten Song der Platte an den Anfang von „Auf allen Festen“ gestellt. Macht aber nichts, denn das Stück ist vor allem eines: tagträumerisch schön.

 

„Ein Auto ausgeliehen
Früh am Morgen losgefahren
Als du aufstandst noch gedacht
Wärst gerne mal zuhaus‘
Verdammt, wer hat das erfunden?
Den Schreibtisch und die Bücher
Zu denen du immer fährst
Dich keiner danach fragt
Keiner danach fragt

Fünf Thermobecher Kaffee
Dir wird immer noch nicht schlecht
Gibst deine Arme ab, um etwas zu fühlen
Da geht lang nichts mehr
Er wartet nicht zuhaus‘
Kratzt alles in ein Tischbein
Damit es keiner liest
Damit es keiner liest
Damit du es vergisst

Und alles nur weil man den weißen Abdruck sieht, wenn man den Schrank verschiebt
Weil man den weißen Abdruck sieht, wenn man den Schrank verschiebt
Da kann doch Peter nichts dafür
Wenn du daran denkst
Da kann doch Peter nichts dafür
Wenn du schreist und ‚Abdruck‘ denkst
Kann keiner was dafür, wenn du daran denkst
Kann keiner was dafür…“

 

Rock and Roll.

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