Schlagwort-Archive: Black Lives Matter

Das Album der Woche


Raye Zaragoza – Woman In Color (2020)

-erschienen bei Rebel River Records-

Raye Zaragoza weiß ziemlich genau, wie es ist, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die außerhalb des amerikanischen Mainstreams existiert. Ihr Vater hat indianische Wurzeln, ihre Mutter ist japanischer Abstammung. Zaragoza selbst wuchs in der Enge eines kleinen New Yorker Apartments auf. In einem sehr realen Sinne brachte ihr ihre Erziehung also eine Verbindung zu anderen, die sich ausgegrenzt, diskriminiert und an den Rand der modernen Gesellschaft gedrängt fühlen – da scheint der Fakt, dass ihr Vater in ihrer Kindheit den Sioux-Häuptling Sitting Bull im Broadway-Stück „Annie Get Your Gun“ gab, nur allzu gut ins nicht eben klischeefreie Bild zu passen. Wenig verwunderlich also, dass die 27-jährige Folk-Musikerin, die bereits seit einiger Zeit im sonnigen Kalifornien lebt, diese Erlebnisse, Erfahrungen und Gedanken in ihre Songs einfließen lässt.

Ebenso wenig verwunderlich ist es, dass auch ihr aktuelles, recht programmatisch „Woman In Color“ betiteltes Album vom aktuellen Kampf für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung all jener inspiriert wurde, die in den US of A der Gegenwart auf so viele verschiedene Weisen ausgegrenzt, verleumdet und generell gemieden werden – ein Thema, auf das Zaragoza im Laufe des Albums immer wieder zurückkommt, vor allem in Songs wie „They Say„, „Fight Like A Girl„, The It Girl“ oder „Warrior“, die sich, jeder für sich, bei genauerem Hinhören zu essentiellen kleinen Hymnen erheben, die erhaben sind und doch in sich ruhen, während sie andererseits vor Leidenschaft und Zielstrebigkeit nur so strotzen. Dennoch wählt Raye Zaragoza nie die Lautstärke als Mittel zum Kampf, ihre im Americana-Folk angesiedelten Melodien bleiben meist zurückhaltend und verführerisch tänzelnd, in jeder Sekunde durchdrungen von einer geradezu hypnotischen Aura, die den Hörer in ihren Bann zu ziehen vermag, ohne die Botschaften außer Acht zu lassen. Neben den oben genannten umschmeicheln besonders zwei Stücke, „Ghosts Of Houston Street“ und dem ihrer Mutter gewidmeten „Change Your Name“, in diesem Sinne den Hörer und hinterlassen so einen nachhaltigen Eindruck.

(Foto: Promo / Cultivate Consulting)

„Meine Erziehung und meine ethnische Identität waren immer eine treibende Kraft für meinen Wunsch, eine Geschichtenerzählerin sein zu wollen“, betont Zaragoza. „Farbige Frauen werden so oft aus der amerikanischen Erzählung ausgeklammert, und das möchte ich mit meiner Musik ändern. Bei dieser Platte geht es vor allem darum, wie wichtig es ist, diejenigen Geschichten zu erzählen, die so oft übersehen werden – vermisste und ermordete indigene Frauen, die Darstellung in den Medien, Gentrifizierung, Immigration und so weiter. Ich hoffe, dass meine neue Platte die Wichtigkeit des Erzählens verschiedener Geschichten hervorhebt.“

Raye Zaragoza, die als frühe musikalische Einflüsse Harry Chapin, Jewel, Selena oder Avril Lavigne nennt, sagt, sie sei auf einem mehr oder weniger großen Umweg zu der Entscheidung gekommen, Musik zu machen. „Ich habe in der Dienstleistungsbranche als Kellnerin, Barkeeperin und Hostess gearbeitet“, erinnert sie sich. „Dabei ging es darum, das Publikum, welches in diesem Fall am Tisch saß, glücklich zu machen und dafür ein Trinkgeld zu bekommen. In dieser Zeit wurde mir klar, dass ich das Gleiche als Musikerin tun konnte, indem ich einfach in einem anderen Teil des Raumes stehe und eine Gitarre in den Händen halte. Von da an spielte ich fünf bis sechs Tage pro Woche in Restaurants, Weingütern, Brauereien und auf Bauernmärkten. Das war meine erste Erkenntnis: dass ich, wenn ich hart arbeite, so viel verdienen kann, wie ich in einem Restaurant als Kellnerin verdiene, indem ich stattdessen für die Menschen Musik mache. Ich spiele keine Restaurant-Gigs mehr, aber es war eine erstaunliche Brücke, die mich dahin gebracht hat, wo ich jetzt bin.“

Produziert von Tucker Martine, einem Grammy-nominierten musikalischen Tausendsassa, der unter anderem bereits für Bands und Künstler wie die Decemberists, R.E.M., My Morning Jacket, Neko Case, Modest Mouse, First Aid Kit oder Sufjan Stevens hinter den Reglern saß, ist das im vergangenen Oktober erschienene Album typisch für Zaragozas entschlossene Haltung: Sie gräbt mit beiden Händen tief im Erbe des US-Folk, lässt politischen Aktivismus sowie ihre eigenen Erfahrungen mit einfließen und fördert so solide ausgefeilte Americana-Songs mit dezenten Indie-Rock-Noten zutage, die oft von funkelnden E-Gitarren, lebendigem Bass und beherzt zupackenden Perkussion-Instrumenten flankiert und manchmal gar von sparsamen Bläser-Arrangements und anschwellenden Streichern untermalt werden. Zaragozas eindringliche, wunderbar dunkel schimmernde Stimme bahnt sich ihren Weg durch starke, nicht selten feministisch geprägte Hymnen und zärtelnde Balladen, die in ihrem Unterboden Biografisches ebenso wie Historisches zu tragen scheinen, der Melancholie jedoch auch ausreichend Luft und Raum zum Tagtraum bieten. Politisch und persönlich, mutig und aufrichtig – Raye Zaragozas unerschütterlich ermutigende Story-Songs stellen sich allen Ungerechtigkeiten mit sorgenvoller Gewissheit und festem Glauben. Alles fürwahr keineswegs neu, dennoch schafft sie es im Herzen ihrer Songs, sowohl ihrem Stil als auch ihren Mantren treu zu bleiben.

(Fotos: Promo / Ursula Vari)

„Ich habe das Gefühl, dass meine früheren Veröffentlichungen das Sprungbrett zu ‚Woman In Color‘ waren“, reflektiert die Folk-Musikerin, welche hierzulande immer noch als Geheimtipp zählen darf. „Mit [dem 2017 veröffentlichten Vorgängeralbum] Fight For You‚ war ich immer noch dabei herauszufinden, wer ich bin und wie ich meine Geschichte erzählen will. Es war ein gutes Album, um meine Stimme zu finden. ‚Woman In Color‘ fühlt sich wie eine Fortsetzung dieser Platte an, aber auch wie ein Abschluss mit allem, was ich in den Jahren, in denen ich ‚Fight For You‘ schrieb, zu finden versuchte. Ich habe mein eigenes Plattenlabel Rebel River Records auf Patreon gegründet, um dieses Album zu verwirklichen, und ich bin allen so dankbar, die diese Platte unterstützt haben und sich mit mir für diese zwar indie’eske, jedoch wichtige Veröffentlichung zusammengetan haben.“

Letztendlich ist Raye Zaragozas Engagement offensichtlich, und das ist auch die Botschaft, die bei jedem einzelnen Song des Albums mitschwingt. Die Musikerin möchte einen, anstatt, wie es etwa der – zum Glück! – scheidende 45. US-Präsident in den vergangenen vier Jahren seiner Amtszeit getan hat, zu spalten. Sie sucht nach Unterstützung für eine gemeinsame Sache und für all jene Gruppen, welche darum kämpfen, in der aktuell so vielfältigen US-amerikanischen Malaise gehört anstatt mit tumbem Nonsens übertönt zu werden.

„Ich denke, jede Bewegung, die für Gerechtigkeit und Gleichheit kämpft, hilft sich gegenseitig“, so Zaragoza. „Die ‚Black Lives Matter‘-Bewegung hilft der ‚Indigenous Rights‘-Bewegung und so weiter. Wir alle kämpfen darum, gehört und gesehen zu werden, und der Sieg für einen von uns ist ein Sieg für uns alle. Ich habe absolut das Gefühl, dass wir alle ein Teil einer größeren Gemeinschaft sind, die Gerechtigkeit fordert.“ Außerdem sie ihre Hoffnung, dass die Menschen aufhören ihr Leben von Habgier bestimmen zu lassen, denn „Habgier verblendet und verleitet Menschen dazu, schreckliche Dinge zu tun. Habgier wird unseren Planeten zerstören. Wir müssen dankbar für unsere Mutter Erde sein und ihr mit Respekt begegnen.“ Raye Zaragozas Songs leisten in jedem Fall ihren kleinen Beitrag zum großen Ganzen.

Via Bandcamp gibt’s „Woman In Color“ im Stream…

…und hier Musikvideos zu „They Say“…

…“Rebel Soul“…

…“Fight Like A Girl“…

…“The It Girl“…

…“Warrior“…

…oder „Run With The Wolves“:

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Moment! Aufnahme.


dataimagejpegbase649j4AAQSkZJRgABAQAAAQABAAD4gxYSU-338baa3a449f92142c77c4ecf3ecd850

 

Das Spiel der Major League Soccer (MLS) zwischen Montreal Impact und New England Revolution (0:1) hatte bereits begonnen, da kniete Thierry Henry immer noch. Erst als die Matchuhr 8 Minuten und 46 Sekunden anzeigte, erhob sich der Coach von Montreal aus der durch den US-Football-Quaterback Colin Kaepernick populär gemachten Protest-Pose.

Was dahinter steckt, sollte mittlerweile jedem klar sein, denn exakt so lange hatte am 25. Mai in den US of A ein weißer Polizist auf den Hals des Schwarzen George Floyd gekniet, ehe dieser keine Luft mehr bekam und verstarb. Der gewaltsame Tod hatte bekanntlich weltweit breite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst.

Während des gesamten Spiels trug Henry außerdem ein schwarzes Shirt mit dem mittlerweile weltweit bekannten Protest-Slogan Black Lives Matter. Es ist keineswegs das erste Mal, dass der ehemalige französische Nationalspieler und Weltklasse-Stürmer von Arsenal und Barcelona ein Zeichen gegen Rassismus setzt. Erst vor einigen Wochen rief er in einem via Twitter veröffentlichten offenen Brief zur Verbesserung der Situation auf: „Wieso klatschen die gleichen Rassisten für jemanden einer ethnischen Minderheit, solange er für ihr Team spielt und misshandeln ihn, wenn er einfach jemand von der Straße ist?“, fragte Henry darin unter anderem.

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Sunday Listen: SAULT – „UNTITLED (Black Is)“


sault-black-is-100~_v-gseapremiumxl

Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd durch weiße Polizisten gehen die Proteste gegen Rassismus – mal mehr, mal weniger öffentlichkeitswirksam – weltweit weiter. Auch am 19.06., am sogenannten „Juneteenth„, dem Tag, an dem an das Ende der Sklaverei der afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten erinnert wird, zog es in den US of A landesweit Menschen auf die Straßen. Und: Genau an diesem Tag veröffentlichte die britische Band SAULT völlig überraschend ihr nächstes Album mit dem Titel „UNTITLED (Black Is)“. Zeitlos und doch so verdammt relevant. Ein Protestalbum, welches leider perfekt in diese Zeit passt…

We present our first ‘UNTITLED’ album to mark a moment in time where we as Black People, and of Black Origin are fighting for our lives. RIP George Floyd and all those who have suffered from police brutality and systemic racism. Change is happening… We are focused. SAULT x

Um die noch recht frische Band aus London ranken sich seit jeher ein paar Banksy-würdige Mysterien. Ihre Veröffentlichungen erscheinen aus dem Nichts (wie etwa im vergangenen Jahr gleich zwei Werke titels „5“ und „7„), Hintergrundinformationen existieren kaum und öffentliche Auftritte gibt es –  zumindest bisher – nicht. Aus den Credits der Songs ist jedoch zu erfahren, dass sowohl Dean „Inflo“ Josiah (unter anderem Produzent für Little Simz, Jungle oder The Kooks) als auch Sängerin Cleopatra „Cleo Sol“ Nikolic ihre Finger im Spiel haben.  So veröffentlichten SAULT ihr neuestes Werk einmal mehr ohne Vorankündigung als Free Download auf ihrer Website sowie via Bandcamp. Auf dem Album sind auch die aus Chicago stammende Rapperin Melisa „Kid Sister“ Young, Soul-Musiker Michael Kiwanuka oder die Poetry-Künstlerin Laurette Josiah vertreten.

Das Cover der Platte ziert eine schwarze, in die Luft gereckte Faust auf pechschwarzem Grund – das Artwork ist bewusst minimalistisch gehalten und sagt doch eigentlich alles. Musikalisch bekommt man eine gleichsam vielfältige wie reduzierte Mischung afroamerikanischer Musikstile zu hören: Soul, Afrofunk, Motown, Gospel, R&B, DooWop, Hip Hop und Spoken Word-Interludes, an mancher Stelle klingen gar New Wave, Post Punk, Dub oder Trip Hop an. Außerdem ungewöhnlich: Mitte Juni spielte DJ Gilles Peterson „UNTITLED (Black Is)“ in seiner BBC-Radiosendung, noch bevor es irgendwo sonst zu hören war. Und zwar – allein das spricht bereits Bände und geschah vorher nur ein einziges Mal – komplett. Als den „ersten Klassiker der Ära der ,Neuen Realität“ bezeichnete die DJ-Koryphäe für schwarze Musik das Album vorab auf seinem Twitter-Account.

Noch viel spannender sind jedoch die Themen, mit denen sich SAULT auf dem Album beschäftigen. Sie bieten dem Hörer einen Einblick in ein Leben voll von systematischem Rassismus und Polizeigewalt. Schließlich dürften beide Band-Köpfe wissen, wovon sie reden: Sängerin Cleo Sol hat jamaikanische, serbische und spanische Wurzeln, Produzent Inflo ist schwarz. In den Songs thematisieren sie die permanente Angst, den immanenten Stress, unter denen Farbige (also nur nicht Schwarze, sondern etwa auch Hispanics) in den US of A – und freilich nicht nur da – stehen. Weil sie bei jeder Polizeikontrolle immer mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Weil zunächst einmal ihre Hautfarbe gesehen wird, selten der Mensch dahinter. Man spürt die Wut, die Angst, Trauer, all diese Ungerechtigkeit – und doch bleibt am Ende die Hoffnung auf eine bessere, eine friedvollere Welt bestehen.

Wildfires“ positioniert sich dabei als das Herzstück des Albums und dürfte mit Zeilen wie „We all know it was murder“ schon jetzt einer der eindringlichsten Songs des Jahres sein. Ein berührendes, beat-getriebenes Soul-Statement, dem jede(r) sein (oder ihr)  Gehör schenken sollte. Anderswo, in „Hard Life„, einem schwermütigem Track mit schleppenden TripHop-Beats und wummerndem Bass, heißt es „Everyday feels like a battle“. In „Bow“ gibt Michael Kiwanuka mal nicht den zugänglichen Soul-Folkie, sondern chantet über einen Afro-Beat. Er, dessen Eltern einst aus Uganda nach London flohen, zählt so einige afrikanische Länder und Städte auf und fordert am Ende: „We got rights!“„Wir haben Rechte!“„Don’t Shoot Guns Down“, ein Aufschrei im gleichnamigen Song, ist unterlegt von Polizeisirenen sowie Sprechchören bei einer Demonstration. Und dazwischen immer wieder poetische Momente wie in „Black Is„: Spoken Word meets Gospel, und in den Lyrics heißt es „Black is beautiful / Black is excellent, too / In me, in you“. Der Band gelingt dabei das Kunststück, niemals bitter zu klingen, sondern ein stolzes Statement schwarzer Selbstbestimmung zu formulieren. This generation cares. 

All diesen formidabel-löblichen Aktionismus mal außen vor, bleibt natürlich zu hoffen, dass das Thema nicht wieder in den Hintergrund tritt, bis der nächste sinnlose, rassistisch motivierte Todesfall die Medien erreicht, da die öffentliche Aufmerksamkeitsspanne bei so vielen wichtigen Themen leider immer recht kurz ist (und Dank unserer digitalen Reizüberflutung immer kürzer gerät). Jeder Mensch sollte versuchen sich daran zu beteiligen, die Missstände weiter auszuräumen und Rassismus weiter zu bekämpfen. Sich selbst hinterfragen, weiterbilden, andere sensibilisieren. Change is happening? Let’s hope so.

SAULT haben dazu mit „UNTITLED (Black Is)“, das in digitaler Form gratis angeboten wird und  auch als Vinyl vorbestellt werden kann (die Einnahmen sollen an Charity-Organisationen gehen), auf jeden Fall einen bedeutsamen Teil beigetragen – weniger als Musik schaffende Band, sondern vielmehr als Dokumentaristen und Chronisten. Ein wichtiges Album für diese wegweisende Zeit…

 

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: The Killers – „Land Of The Free“ (2020 version)


csm_the-killers-single-1_afb6e60452

Nachdem sich Brandon Flowers und Gitarrist Dave Keuning vor fast zwanzig Jahren über eine Zeitungsannonce kennen lernten, gründeten sie die Band The Killers und casteten mit Mark Stoermer (Bass) sowie Ronnie Vannucci Jr. (Schlagzeug) weitere Bandmitglieder. Heute weiß man: alles richtig gemacht, denn schon mit ihrem Debütalbum „Hot Fuss“ wurde das Quartett aus Las Vegas, Nevada zu einer der bekanntesten und erfolgreichsten Rock-Bands der Nuller-Jahre.

Mit ihrer auch heute noch unkaputtbaren Debüt-Single „Mr. Brightside“ haben The Killers Musikgeschichte geschrieben (und so für die ein oder andere gänsehäutige Neuinterpretation gesorgt), anschließend folgten allerlei weitere erfolgreiche Songs wie „Somebody Told Me“, „When You Were Young“ (mein persönlicher Band-Favorit!), „For Reasons Unknown“ oder – klar – das ewiglich unsägliche „Human“. Insgesamt veröffentlichte die Band seit 2004 bisher fünf Studioalben und sicherte sich damit ihren Ruf als feste, gern schon mal Stadien oder Festival-Crowds füllende Größe der Rock-Szene. (Und wer die letzten gut 15 Jahre musikalisch hinterm Mond verbracht haben sollte, der kann das Verpasste gern anhand der 2013er Best Of „Direct Hits“ nachholen).

In den letzten Jahren ist es jedoch merklich still(er) um Frontmann Brandon Flowers und Co. geworden, ihr letztes Album „Wonderful Wonderful“ erschien 2017. Allerdings kündigten The Killers bereits 2019 an, dass dieses Jahr mit einem neuen Album names „Imploding The Mirage“ zu rechnen sei, veröffentlichten im März und April mit „Caution“ und „Fire In Bone“ gar erste Vorab-Singles. Das Album hätte Ende vergangenen Monats erscheinen sollen, jedoch wurde die Veröffentlichung auf ein bislang unbekanntes Datum hin zum Jahresende verschoben.

71k33SKT0iL._SS500_Die ersten Anspielungen auf ein neues Album wurden bereits im letzten Jahr von einer Single namens „Land Of The Free“ begleitet. Auf dieser kritisieren The Killers heftig Donald Trumps Politik sowie dessen gleichsam irrwitzigen wie zynischen Plan, eine Mauer an der US-Grenze zu Mexiko zu errichten – überraschend, vor allem, wenn man bedenkt, dass etwa Mormone Brandon Flowers in der Vergangenheit des öfteren seine Sympathie für republikanische Wahlinhalte bekundete (andererseits haben sogar ehemalige republikanische Politik-Größen wie Ex-Außenminister Colin Powell oder Ex-Präsident George W. Bush angekündigt, bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen Trump und für dessen demokratischen Kontrahenten zu stimmen). Zu dem gelungenen klavierlastigen Song gab es außerdem ein sehenswertes Musikvideo von Kult-Regisseur Spike Lee, der an der mexikanischen Grenze das Leben von Migranten filmte.

Diesen Song haben The Killers nun am Sonntag aus gegebenem Anlass in einer aktualisierten Live-Version auf Instagram und Co. geteilt. Die neuen, überarbeiteten Lyrics nehmen Bezug auf die aktuellen Geschehnisse in den USA, namentlich die Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten sowie der daraus entstandenen anhaltenden „Black Lives Matter„-Protestwelle. Für die neue Version änderte Sänger Brandon Flowers denn auch Teile des Texts: „How many killings must one man watch in his home?“, heißt es in einer Zeile, „8 measured minutes and 46 seconds / Another boy in the bag / Another stain on the flag“ in einer anderen, welche auf die Zeit verweist, die der weiße Polizist, der ihn tötete, mit dem Knie auf seinem Hals verbrachte, bis Floyd starb.

Die Reaktionen auf den Instagram-Post und die neue Version von „Land Of The Free“ waren dennoch gemischt: Während einige User meinten, dass das Video nichts bringe und die Band unter anderem aufforderten, stattdessen lieber Ressourcen gegen Rassismus zu posten oder zu spenden, waren andere der Meinung, dass Brandon Flowers und seine Bandkumpane mit diesem neuen Songtext ein starkes Statement gegen Polizeigewalt setzen würden.

 

Hier kann man sich selbst ein Bild von der 2020er Variante von „Land Of The Free“ machen:

 

„Can’t wipe the wind-blown smile from across my face
It’s just the old man in me
Washing his truck at the Sinclair station
In the land of the free
His mother Adeline’s family came on a ship
Cut coal and planted a seed
Down in them drift mines of Pennsylvania
In the land of the free

Land of the free, land of the free
In the land of the free
Land of the free, land of the free
Land of the free, land of the free
In the land of the free
(I’m standing crying)

When I go out in my car, I don’t think twice
But if you’re the wrong color skin (I’m standing crying)
You grow up looking over both your shoulders
In the land of the free
We got more people locked up than the rest of the world
Right here in red, white and blue
Incarceration’s become big business
It’s harvest time out on the avenue

Land of the free, land of the free
In the land of the free
Land of the free, land of the free
Move on there’s nothing too see
Land of the free, land of the free
In the land of the free

I’m standing crying, I’m standing crying
So how many daughters, tell me how many sons
Do we have to have to put in the ground before we just break down and face it
We got a problem with guns
In the land of the free
Down at the border, they’re gonna put up a wall
Concrete and rebar steel beams (I’m standing crying)
High enough to keep all those filthy hands off of our hopes and our dreams (I’m standing crying)
People who just want the same things we do
In the land of the free

Land of the free, land of the free
In the land of the free
Land of the free, land of the free
Land of the free, land of the free
In the land of the free
Land of the free, land of the free
Land of the free, land of the free
Land of the free, land of the free
Land of the free, in the land of the free
(I’m standing crying)“
 

(der Songtexte stammt von der ursprünglichen, 2019 veröffentlichten Version)

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: Kevin Devine – „Freddie Gray Blues“


kevin-devine-563x353

Wie wir alle wissen, ist das Thema „Rassismus“ nach dem Tod von George Floyd durch Polizeigewalt mittlerweile selbst bei jenen – zumindest in gewissem Maße – angekommen, denen die Lebensrealität farbiger US-Amerikaner, aber auch Mitmenschen hierzulande, ansonsten ferner kaum sein könnte. Endlich? Klar. Ob sich denn auch endlich in unser aller Köpfe etwas zum Positiven, zu einem gerechteren Miteinander bewegt? Bleibt inständig und von ganzem Herzen zu hoffen, warten wir’s ab…

Was auch bekannt sein sollte, ist, dass Floyds Tod am 25. Mai bei Weitem nicht der erste seiner Art in den US of A war. Man denke etwa auch an Breonna TaylorAhmaud Arbery oder jüngst Tony McDade. Oder an Amadou Diallo, ein politischer Asylant, der am frühen Morgen des 4. Februar 1999 vor seiner Haustür von vier New Yorker Polizeibeamten erschossen wurde, die ihn zunächst mit einem gesuchten Serienvergewaltiger verwechselten und gleich darauf ein zweites Mal irrten, als sie Diallos Griff in seine Jacke, um seinen Ausweis vorzuzeigen, mit dem Ziehen einer Waffe verwechselten. Bruce Springsteen widmete ihm postum den bewegenden Gänsehaut-Song „American Skin (41 Shots)“ – ebensoviele Schüsse gaben die Cops, welche übrigens in einer nachfolgenden Gerichtsverhandlung allesamt freigesprochen wurden, insgesamt auf den unbewaffneten Mann ab, den 19 davon tödlich trafen.

Oder an Freddie Carlos Gray Jr. Der 25-jährige US-Afroamerikaner wurde am 12. April 2015 in Baltimore, Maryland von mehreren Polizeibeamten festgenommen, nachdem er Blickkontakt mit einem der Beamten hatte, welcher vermutete, dass Gray ein Messer bei sich trug, und dann wegrannte. Er wurde gefesselt in einen Polizeitransporter verfrachtet, wobei er sich fatale Rückenverletzungen zuzog. Denn nicht nur ignorierten die beteiligten Polizeibeamten wiederholt seine Bitten um medizinische Behandlung, Gray wurde auch von  keinem der Beamten während der Fahrt zur Wache angeschnallt. Freddie Gray fiel bereits bei ebenjenem Transport ins Koma und wurde ins Krankenhaus gebracht, wo er eine Woche nach seiner Festnahme verstarb. Ermittler gingen im Nachhinein davon aus, dass sich der junge Mann während der Fahrt im Polizeitransporter das Genick brach. Auch hier wurden insgesamt sechs US-Polizisten wegen klarer Verstöße gegen die Polizeirichtlinien angeklagt, auch hier wurden alle freigesprochen – soviel zum Thema „the land of the free and the home of the brave“…

81WMcI0ai6L._SS500_Umso wichtiger, dass nicht nur Prince (mit dem Song „Baltimore„), sondern auch Kevin Devine seinerzeit auf den – ähnlich wie derzeit George Floyds sinnloser Tod – im Grunde einfach nur sprachlos machenden Fall aufmerksam machte. 2016 veröffentlichte der New Yorker Singer/Songwriter auf seinem Album „Instigator“ den Song „Freddie Gray Blues„, der nicht nur dem zu jung, zu sinnlos, zu unschuldig verstorbenen Freddie Gray, sondern auch allen anderen Opfern von Polizeigewalt ein bewegendes Denkmal setzt, und mit Zeilen wie „And I know not every cop / Is a racist, murdering cop / But this is bigger than the people I love / The system’s broken / Not breaking / It’s done…“ zur schonungslos offenen Abrechnung gerät, nach der man selbst sich im Grunde lediglich wundert, dass jene Proteste, die sich – mal mehr, mal weniger friedlich – derzeit durch die gar nicht mal so „Vereinigten“ Staaten von Amerika und Großstädte wie Philadelphia, New York, Atlanta, Los Angeles oder Washington, DC ziehen, nicht bereits viel eher in diesem Maße und dieser Vehemenz stattfanden…

 

Im Jahr 2017 gab Kevin Devine bei einer Live Session für „uniFM“ in Freiburg nicht nur eine reduzierte Akustik-Version von ebenjenem „Freddie Gray Blues“ zum Besten, sondern auch von „No History„, einer kaum weniger Hühnerpelle erzeugenden, in Worte und Töne gefassten Post-9/11-Bestandsaufnahme. Sollte man gehört haben. ❤️

 

„I’m talking Freddie Gray blues
I’m talking what happened to you
You were just 25
When they ended your life
When ‚to serve & protect‘
Meant break your leg, snap your neck
Meant to kill you, to sever your spine

No matter what, there’s no good reason why

When I’m talking these killer cop blues
I’m kinda talking my family to you
See, my dad was a cop
And his dad was a cop
And my uncles were cops
And my cousins were cops
I’m partly here because of cops
And I love all those cops
And I know not every cop
Is a racist, murdering cop
But this is bigger than the people I love
The system’s broken
Not breaking
It’s done

I’m talking white privilege blues
I’m talking confession to you
I don’t know what it’s like
To be afraid all my life
Looking over my shoulder
Behind each officer, a coroner
Entrenched inequality
No access, no empathy
Crushed in stacked decks
Institutions & death
This is not my reality
I’m afforded the luxury
Of shaking my head
I shut the screen, go to bed
I can turn off what you never can
And watch it happen again and again (and again and again and again and again, and again)

I’m talking Freddie Gray blues
I’m talking Freddie Gray blues…“

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: Machine Gun Kelly & Travis Barker  - “Killing In The Name“


mgk-protests

Colson Baker, der – zumindest in den US of A – besser bekannt unter seinem street name Machine Gun Kelly sein sollte, und Blink-182-Schlagzeuger Travis Barker haben ein Cover des Rage Against The Machine-Klassikers „Killing In The Name“ veröffentlicht. Motiviert wurden die beiden Musiker hierbei von der„Black Lives Matter“-Bewegung, die nach George Floyds Tod durch unverhältnismäßige Polizeigewalt erneut weltweit Demonstrant*innen auf der Straße versammelt und sich lautstark gegen den leider noch immer grassierenden Rassismus speziell in den derzeit gar nicht mal so Vereinigten Staaten (aber freilich auch hierzulande) stark macht.

Die recht nah am unkaputtbaren Original gehaltene Coverversion selbst entstand, nachdem MGK, der in den letzten Jahren vor allem als Rapper und Gelegenheitsschauspieler (etwa in „Birdbox“) in Erscheinung trat, und Barker gemeinsam an einer ebenjener Demos in Los Angeles teilgenommen hatten. „Sie schrieben den Song 1992. Das ist 28 Jahre her und jedes Wort trifft immer noch zu“, erklärt Machine Gun Kelly die fast schon offensichtlich folgerichtige Songwahl via Twitter. Den allseits bekannten Textzeilen “Fuck you, I won’t do what you tell me!” fügt Machine Gun Kelly die entschlossenen Worte “To the protesters in these streets / Fight the system! / Fuck the system! / We will be heard!” hinzu.

Im dazugehörigen, in schwarz-weiß gehaltenen Clip sieht man die beiden Musiker, die Schilder mit Aufschriften wie “STOP ARRESTING PROTESTORS! ARREST KILLER COPS!” und “NO JUSTICE. NO PEACE.” in den Händen halten und jüngst bereits den ein oder anderen Song gemeinsam aufgenommen hatten, im Studio neben Zusammenschnitten von aktuellen Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. „End systematic racism“, heißt es am Ende des Videos – welch‘ frommer Wunsch, für den sich in den Neunzigern bereits Zack de la Rocha, Tom Morello und Co. stark gemacht haben…

 

 

„Killing in the name of

Some of those that work forces
Are the same that burn crosses…

Uh!

Killing in the name of…

Now you do what they told ya…
And now you do what they told ya…
But now you do what they told ya
Well, now you do what they told ya

Those who died are justified
For wearing the badge, they’re the chosen whites
You justify those that died
By wearing the badge, they’re the chosen whites
Those who died are justified
For wearing the badge, they’re the chosen whites
You justify those that died
By wearing the badge, they’re the chosen whites

Some of those that work forces
Are the same that burn crosses…

Uh!

Killing in the name of…

Now you do what they told ya…
And now you do what they told ya
(Now you’re under control) And now you do what they told ya…

Those who died are justified
For wearing the badge, they’re the chosen whites
You justify those that died
By wearing the badge, they’re the chosen whites
Those who died are justified
For wearing the badge, they’re the chosen whites
You justify those that died
By wearing the badge, they’re the chosen whites
Come on!

Ugh!
Yeah!
Come on!
Ugh!

Fuck you, I won’t do what you tell me…
Motherfucker
Ugh!“

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,
%d Bloggern gefällt das: