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Chaplin auf Hynkel mit Hitler, 75 Jahre später – die potentiell wichtigste Rede aller Zeiten


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Obwohl der Mensch erdzeitgeschichtlich gesehen nicht mehr seien mag als ein recht trockener Furz in einer sich stetig verändernden Landschaft (insofern der parasitäre Furz etwas davon übrig lässt), haben so einige Personen der Menschheitsgeschichte ein klein wenig ihren Stempel aufgedrückt – gerade in den schnelllebigen Zeiten des 20. und 21. Jahrhunderts.

Dazu bedarf es eigentlich auch gar nicht allzu viel. Einige waren wohl einfach zur rechten Zeit am passenden Ort, und ließen da einen Spruch für die Ewigkeit in die Mikrofone schallen – man erinnere sich etwa an John F. Kennedys „Ich bin ein Berliner!“ vor dem Rathaus Schöneberg in Westberlin 1963, Ronald „der Cowboy aus Hollywood“ Reagans „Mr. Gorbachev, Team down this wall!“ 1987 unweit des Brandenburger Tors oder Martin Luther Kings „I have a dream!“, das dieser ebenfalls 1963 mehr als 250.000 begeisterten Demonstranten für Frieden und Gerechtigkeit vor dem Lincoln Memorial in Washington, D.C. entgegen schmetterte (bezeichnend auch, dass zwei dieser drei Personen wenig später Attentaten zum Opfer fielen). Wieder andere darf man wiederum gut und gern als Visionäre, als große Geister und zeitlose Denker bezeichnen: William Shakespeare etwa, dessen Werke knapp 400 Jahre nach dessen prognostiziertem Ableben (dass seine wahre Identität noch immer nicht zweifelsfrei enttarnt werden konnte, macht die Mystik um den englischen Dramatiker und Lyriker freilich nur noch größer) zeitloser, ja: universeller und grundgültiger kaum sein könnten. Oder auch Charles Spencer „Charlie“ Chaplin, bei dem den meisten von euch spontan wohl am ehesten der tollpatschige Tramp-Pantomimenkomiker mit Bärtchen, Melone und Gehstock in den Sinn kommen mag.

large_i9rN9JPbTHplRa9OLEwcymUAKvbAus heutiger Sicht war jedoch Chaplins Rolle des mehr oder minder fiktiven Diktators Adenoid Hynkel im 1940 uraufgeführten „Der große Diktator“ seine wohl wichtigste. Natürlich bedarf es wenig Fantasie und Geschichtskenntnis um auszumachen, dass die ewig große Hollywood-Legende mit dieser Rolle, mit diesem von ihm höchstselbst umgesetzten – und mit 125 Minuten für damalige Verhältnisse recht langen Zelluloidstreifen – Film einerseits Adolf Hitler, aber auch andere Despoten wie Benito Mussolini (Italien) oder Francisco Franco (Spanien) sowie die konservative Politikwelt der US of A mit scharfzügiger schauspielerischer Brillanz aufs Korn nahm. Und dass um sich um den erfolgreichen Filmklassiker selbst viele Anekdoten ranken, gehört wohl ebenso zu seiner Größe dazu (so hatten Hitler und Chaplin, neben einer ähnlichen Körpergröße, kurioserweise im selben Monat und Jahr Geburtstag, im April 1889, während der wahnsinnige Führer des „Deutschen Reiches“ seinen Schnauzbart bekanntermaßen ähnlich trug wie Chaplin). Was „Der große Diktator“ jedoch besonders und besonders zeitlos macht, ist wohl dessen „Final Speech“. Innerhalb von viereinhalb Minuten macht sich Charlie Chaplin schon allein mit den gewählten Worten – und (beinahe) ganz unabhängig vom freilich tollen Film selbst – unsterblich.

Hört/Sieht man die Filmsequenz mit der berühmten Rede des „falschen Hynkel“ heute, so stellt man die Zeitlosigkeit der von Chaplin gewählten Worte fest. Dabei brauchte der 1977 im Alter von 88 Jahren (wem die Bedeutung der „88“ im Nazi-Jargon geläufig ist, darf hier gern ein weiteres Kuriosum vermuten) verstorbene britischer Komiker, Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor, Schnittmeister, Komponist und Filmproduzent nicht einmal sein Universalgenie anzuwenden. Er musste dem Menschen nur tief in die Seele schauen. Dass die Menschheit ganze sieben Jahrzehnte nach der Uraufführung von „Der große Diktator“ (in der BRD war der Film übrigens ab 1958, in der DDR gar erst 1980 zu sehen) – und trotz ihrem janusköpfigen technischen Fortschritt – kaum ein Stück weiter ist als in den Zeiten von Schwarz und weiß (womit hier die fehlenden Farben auf dem Zelluloid gemeint sind), ist traurig. Dass Chaplins „Final Speech“ dem Menschen, der Demokratie und dem Glauben an das Gute am Ende eine Chance gibt, bleibt jedoch ein Hoffnungsschimmer. Und den brauchen wir in Zeiten, in denen wahrlich alles auf Zwei vor Zwölf, auf Kipp und Knapp steht, umso dringender…

 

 

„Es tut mir leid, aber ich möchte nun mal kein Herrscher der Welt sein, denn das liegt mir nicht.
Ich möchte weder herrschen noch irgendwen erobern, sondern jedem Menschen helfen wo immer ich kann;
den Juden, den Heiden, den Farbigen, den Weißen.
Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, nur so verbessern wir die Welt.
Wir sollten am Glück des Anderen teilhaben und nicht einander verabscheuen.
Haß und Verachtung bringen uns niemals näher.
Auf dieser Welt ist Platz genug für jeden, und Mutter Erde ist reich genug um jeden von uns satt zu machen.
Das Leben kann ja so erfreulich und wunderbar sein, wir müssen es nur wieder zu leben lernen!
Die Habgier hat das Gute im Menschen verschüttet, und Mißgunst hat die Seelen vergiftet und uns im Paradeschritt zu Verderben und Blutschuld geführt.
Wir haben die Geschwindigkeit entwickelt, aber innerlich sind wir stehengeblieben. Wir lassen Maschinen für uns arbeiten, und sie denken auch für uns.
Die Klugheit hat uns hochmütig werden lassen und unser Wissen kalt und hart.
Wir sprechen zu viel und fühlen zu wenig. Aber zuerst kommt die Menschlichkeit und dann erst die Maschinen.
Vor Klugheit und Wissen kommt Toleranz und und Güte. Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe ist unser Dasein nicht lebenswert.
Aeroplane und Radio haben uns einander nähergebracht. Diese Erfindungen haben eine Brücke geschlagen von Mensch zu Mensch, die erfassen eine allumfassende Brüderlichkeit, damit wir alle Eins werden. Millionen Menschen auf der Welt können im Augenblick meine Stimme hören. Millionen verzweifelter Menschen , Opfer eines Systems, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Unschuldige zu quälen und in Ketten zu legen.
Allen denen, die mich jetzt hören, rufe ich zu ‚Ihr dürft nicht verzagen!‘.
Auch das bittere Leid, das über uns gekommen ist, ist vergänglich.
Die Männer die heut die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein!
Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen, und auch ihr Haß.
Die Freiheit, die sie den Menschen genommen haben, wird ihnen dann zurückgegeben werden.
Auch wenn es Blut und Tränen kostet, für die Freiheit ist kein Opfer zu groß.
Soldaten, vertraut Euch nicht Barbaren an, Unmenschen, die Euch verachten und denen Euer Leben nichts wert ist;
Ihr seid für sie nur Sklaven, Ihr habt das zu tun, das zu glauben und das zu fühlen. Ihr werdet gedrillt, gefüttert, wie Vieh behandelt und seid nichts weiter als Kanonenfutter. Ihr seid viel zu schade für diese verwirrten Subjekte, diese Maschinenmenschen mit Maschinenköpfen und Maschinenherzen. Ihr seid keine Roboter, Ihr seid keine Tiere, Ihr seid Menschen!
Bewahrt Euch die Menschlichkeit in Euren Herzen und haßt nicht! Nur wer nicht geliebt wird, haßt! Nur wer nicht geliebt wird.
Soldaten, kämpft nicht für die Sklaverei, kämpft für die Freiheit!
Im 17. Kapitel des Evangelisten Lukas steht: ‚Gott wohnt in jedem Menschen‘.
Also nicht in einem oder einer Gruppe von Menschen. Vergeßt nie, Gott lebt in Euch allen, und Ihr als Volk habt allein die Macht, die Macht Kanonen zu fabrizieren, aber auch die Macht Glück zu spenden. Ihr als Volk habt es in der Hand, dieses Leben einmalig kostbar zu machen, es mit wunderbarem Freiheitsgeist zu bedringen.
Daher im Namen der Demokratie: laßt uns diese Macht nutzen, laßt uns zusammenstehen!
Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine anständige Welt, die Jedermann gleiche Chancen gibt, die der Jugend eine Zukunft und den Alten Sicherheit gewährt.
Versprochen haben die Unterdrücker das auch, deshalb konnten sie die Macht ergreifen. Das war Lüge, wie überhaupt alles, was sie Euch versprachen, diese Verbrecher!
Diktatoren wollen die Freiheit nur für sich, das Volk soll versklavt bleiben.
Lasst uns diese Ketten sprengen, lasst uns kämpfen für eine bessere Welt, laßt uns kämpfen für die Freiheit in der Welt, das ist ein Ziel für das es sich zu kämpfen lohnt!
Nieder mit der Unterdrückung, dem Haß und der Intoleranz. Laßt uns kämpfen für eine Welt der Sauberkeit, in der die Vernunft siegt, in der Fortschritt und Wissenschaft uns allen zum Segen gereichen.
Kameraden! Im Namen der Demokratie, dafür laßt uns streiten!“

 

 

Hope… I’m sorry but I don’t want to be an Emperor – that’s not my business – I don’t want to rule or conquer anyone. I should like to help everyone if possible, Jew, gentile, black man, white. We all want to help one another, human beings are like that.

We all want to live by each other’s happiness, not by each other’s misery. We don’t want to hate and despise one another. In this world there is room for everyone and the earth is rich and can provide for everyone.

The way of life can be free and beautiful.

But we have lost the way.

Greed has poisoned men’s souls – has barricaded the world with hate; has goose-stepped us into misery and bloodshed.

We have developed speed but we have shut ourselves in: machinery that gives abundance has left us in want. Our knowledge has made us cynical, our cleverness hard and unkind. We think too much and feel too little: More than machinery we need humanity; More than cleverness we need kindness and gentleness. Without these qualities, life will be violent and all will be lost.

The aeroplane and the radio have brought us closer together. The very nature of these inventions cries out for the goodness in men, cries out for universal brotherhood for the unity of us all. Even now my voice is reaching millions throughout the world, millions of despairing men, women and little children, victims of a system that makes men torture and imprison innocent people. To those who can hear me I say ‚Do not despair‘.

The misery that is now upon us is but the passing of greed, the bitterness of men who fear the way of human progress: the hate of men will pass and dictators die and the power they took from the people, will return to the people and so long as men die [now] liberty will never perish…

Soldiers – don’t give yourselves to brutes, men who despise you and enslave you – who regiment your lives, tell you what to do, what to think and what to feel, who drill you, diet you, treat you as cattle, as cannon fodder.

Don’t give yourselves to these unnatural men, machine men, with machine minds and machine hearts. You are not machines. You are not cattle. You are men. You have the love of humanity in your hearts. You don’t hate – only the unloved hate. Only the unloved and the unnatural. Soldiers – don’t fight for slavery, fight for liberty.

In the seventeenth chapter of Saint Luke it is written ‚the kingdom of God is within man‘ – not one man, nor a group of men – but in all men – in you, the people.

You the people have the power, the power to create machines, the power to create happiness. You the people have the power to make life free and beautiful, to make this life a wonderful adventure. Then in the name of democracy let’s use that power – let us all unite. Let us fight for a new world, a decent world that will give men a chance to work, that will give you the future and old age and security. By the promise of these things, brutes have risen to power, but they lie. They do not fulfil their promise, they never will. Dictators free themselves but they enslave the people. Now let us fight to fulfil that promise. Let us fight to free the world, to do away with national barriers, do away with greed, with hate and intolerance. Let us fight for a world of reason, a world where science and progress will lead to all men’s happiness.

Soldiers – in the name of democracy, let us all unite!

Look up! Look up! The clouds are lifting – the sun is breaking through. We are coming out of the darkness into the light. We are coming into a new world. A kind new world where men will rise above their hate and brutality.

The soul of man has been given wings – and at last he is beginning to fly. He is flying into the rainbow – into the light of hope – into the future, that glorious future that belongs to you, to me and to all of us. Look up. Look up.“

 

 

Wer ein paar mehr Informationen zur Entstehung und den Hintergründen zu „Der große Diktator“ haben möchte, der findet all das übrigens in diesem aktuellen Artikel auf Spiegel Online…

 

Rock and Roll.

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Vorsicht vs. Nachsicht – Darf der Schwabenstern werbewirksam das Hakenkreuz platt machen?


Foto: Tobias Haase

Foto: Tobias Haase

Werbung muss auffallen, sich – bestenfalls – innerhalb weniger Sekunden vom restlichen Werbefilmcheneinerlei als mal nervige, mal willkommene Unterbrechung von Filmen, Fussballübertragungen oder Fernsehsendungen absetzen und unterscheiden. Ob sie das am Ende durch große Effekte, starke Bilder, plumpe Emotionshascherei oder gar zweischneidige Provokation tut, steht auf einem anderen Blatt…

Speziell der deutsche Autobauer Daimler hat sich seine Werbekampagnen in den letzten Jahren einiges kosten lassen – und mit dem investierten Geld auch den ein oder anderen gelungenen Werbespot produzieren lassen. Man erinnere sich da zum Beispiel an jene Reklame, welche vor wenigen Monaten in der Halbzeit des Super Bowl 2013 ihre Premiere feierte. Und die wohl eh schon sauteuren Werbesekunden dürften wohl durch die Beteiligung von Prominenz wie dem Schauspieler Willem Dafoe, Model Kate Upton oder R’n’B-Hüpfer Usher wohl kaum billiger geworden sein… Alles in allem ist die Vorstellung eines neuen Mercedes-Modells jedoch schön anzusehen:

 

 

Nun jedoch sorgt das neuste Ergebnis einer von Daimler unterstützten Förderkampagne für geteilte Meinungen. In dem etwa einminütigen Werbeclip von Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg stoppt die Mercedes-Limousine auf dem Weg durch ein historisch anmutendes Dorf in Österreich dank des Fahrerassistenzsystems automatisch, wenn spielende Kinder auf die Straße rennen. Nur auf den kleinen Adolf steuert das Auto unbeirrt zu – und überfährt ihn. Am Ende bleibt das Kind auf dem Boden liegen, seine Gliedmaßen formen ein Hakenkreuz. Die moderne Limousine verlässt Braunau am Inn, bevor die letzte Einblendung erscheint: „Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen.“

Dabei begibt sich das vom 1981 in Dresden geborenen Jungregisseur Tobias Haase geleitete Filmprojekt gleich doppelt auf dünnes Eis: Darf man in einem Werbeclip ein Kind überfahren lassen? Und: Darf man mit einer Person wie Hitler Werbung machen? Am Ende sind wohl die Antworten auf diese Fragen immer auch eine nach Pietät und Humorverständnis. Die Macher des Clips mussten in das Video auf ausdrücklichen Wunsch des Autoherstellers nachträglich Hinweise einfügen, dass Daimler mit dem Spot nichts zu tun hat. Und auch die Stellungnahme des schwäbischen Konzerns fiel erwartetermaßen reserviert aus: „Wir sind der Überzeugung, dass es unangemessen ist, den Tod eines Menschen beziehungsweise eines Kindes sowie Inhalte mit einem Bezug zum Nationalsozialismus in einem Werbespot zu verwenden, auch wenn es sich hier nur um einen ‚fiktiven‘ Werbespot handelt.“

Meiner Meinung nach dürften gern mehr solcher Werbespots im bundesdeutschen Fernsehen laufen. Denn so provokant diese Reklamesekunden auch sein mögen, so versteht am Ende doch jeder Zuschauer die mehr oder minder unterschwelligen Botschaften. Plus: Die tatsächlich beworbene technische Neuerung wird ebenso höchst schwarzhumorig wie anschaulich erklärt. Oder wie es der Macher Tobias Haase ausdrückt: „Es gibt unglaubliches Potenzial, tolle Filme zu machen, aber die Firmen wollen zumeist ihre technischen Neuerungen gezeigt haben. Das ist langweilig.“ Witzig, ironisch, innovativ, einprägsam – und Daimler dürfte es – Abstandnahme hin oder her – am Ende wohl mehr positive als negative PR gebracht haben. Wer sich da aufregt, ist kleinkarierter Spießbürger aus Berufung…

 

 

Rock and Roll.

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