Nun muss auch der orangefarbene „Fake News!“-Toupet-Clown so langsam aber sicher einsehen, dass die Corona-Pandemie die „one nation under God“ (aka. die US of A) aktuell so sicher im Würgegriff hat wie kaum ein anderes Land der Welt…
Wohl auch deshalb haben die aus Los Angeles stammenden Künstler Paco Conde und Beto Fernandez eine Reihe recht bekannter Albumcover neu gestaltet, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig es derzeit im gemeinsamen Miteinander ist, mindestens einen Sicherheitsabstand von zwei Metern voneinander zu halten, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen (oder zumindest einzudämmen – #flattenthecurve und so). Soziale Distanz (oder eben „Social Distancing“) ist für viele von uns fast schon Normalität, und das wird wohl auch noch für eine Weile so bleiben…
Das Projekt mit dem Namen „6 Feet Covers„, bei dem die beiden Gründer der Kreativagentur Activista sowohl eine ernsthafte Botschaft als auch ein wenig Humoriges für alle #StayTheFuckHome-Geplagten im Sinn hatten, umfasst ikonische Kunstwerke wie das „Abbey Road“-Cover der Beatles, Blondies 1976er Debütalbum oder „The Man-Machine“ der Düsseldorfer Electro-Krautrock-Pioniere Kraftwerk. Paco Conde erzählte BuzzFeed, dass die Idee vor wenigen Tagen entstand, als er bemerkte, dass die Leute in der Schlange im Supermarkt die sechs Fuß (also etwa 1,8 Meter) umfassende Sicherheitsabstandsregel nicht respektierten. Also wählten er und sein Kreativ-Buddy Beto Fernandez einige berühmte Albumcover aus und änderten diese so ab, dass alle Bandmitglieder mindestens 6 Feet Abstand zueinander hatten. Näher kommen Musikkultur und Zeitgeist – allen Stream-Wohnzimmerkonzerten zum Trotz – in diesen Tagen kaum zusammen…
Coverbands gibt’s ja seit eh und je wie den Sand am schwülwarmen Südseestrand. Und die meisten sind? Mäßig interessant, mittelmäßig kreativ und kaum leidlich erfolgreich.
Dass es auch anders und in der Tat ungewöhnlich geht, bewiesen bereits in den Neunzigern die Finnen von Apocalyptica, die sich schon für ihr Debütwerk „Plays Metallica by Four Cellos“ die Songs ebenjener kalifornischen Metal-Ikonen vornahmen und in Gänze sowie höchsten Konzertsaal-Ansprüchen genügend instrumental auf vier Celli darboten. Man stelle sich nur einmal das dazugehörige Publikum vor, wie es in feinster, sündhaft teuerer Abendrobe zum überschwänglichen Headbang ansetzt…
Eine ganz ähnliche sympathische Verspultheit legen auch Apocalypticas Landmänner von Steve’N’Seagulls an den Tag. Doch anstatt von Celli bearbeiten die fünf Finnen bekannte Hardrock-Evergreens von AC/DC, Guns N’Roses, Iron Maiden, Deep Purple oder Metallica mit Akustikgitarren, Banjos, Waschbrettern und ähnlichen Instrumenten, welche man so im nordischen Hillbilly-Hinterländ finden könnte. Heraus kommen recht amüsante Bluegrass-Versionen von „Thunderstruck„, „You Shook Me All Night Long„, „Nothing Else Matters„, „Run To The Hills„, dem Foo-Fighters-Smasher „The Pretender“ oder eben dem ewig großen Guns N’Roses-Tränendrücker „November Rain“. Um nicht aus Versehen optisch mit den Originalen verwechselt zu werden, scheinen bei Steve’N’Seagulls, die das Wortspiel im Bandnamen denn mal auch bei ihren bisherigen zwei Alben „Farm Machine“ und „Brothers In Farms“ fortgesetzt haben, seltsame Hüte oder Kopfbedeckungen der Marke „überfahrenes Pelztier“ Pflicht zu sein. Die spinnen, die Polka-Finnen…
Ich geb’s ja freimütig zu: Ich war nie jemand, der sich freiwillig dazu bereit erklärt hätte, mehr als einen AC/DC-Song am Stück – geschweige denn ein ganzes Album – anzuhören. Zu rausgepresst der Gesang, zu retortenmässig die Gitarrenriffs (zumindest für meinen höchst eigenen Geschmack). Ein jeder Jeck ist halt anders…
Was man den australischen Hardrockern jedoch als Rock-affiner Musikhörer neidlos zugestehen muss: die Band hat seit den Siebzigern mehr als einmal – und trotz aller Widerstände – die Fähnchen für laut tönende Gitarrensaiten hoch oben im Wind gehalten. „Back In Black„, „Thunderstruck„, „Highway To Hell„, „You Shook Me All Night Long„, „T.N.T.„, „Hells Bells„… – die Liste der AC/DC’schen Evergreens ist lang, laut und umso bekannter.
Umso trauriger ist, dass der geneigte Musikhörer seit einigen Jahren quasi live am Verfall der Band teilhaben kann (oder eher: muss). Klar, für Die-Hard-Fans waren AC/DC nach dem Tod ihres legendären Frontmanns Bon Scott, welcher 1980 im Alter von 34 Jahren, mutmaßlich an einer „Alkoholvergiftung“ (Rock’n’Roll eben), starb, Rock-Historie. Trotzdem ging es über Dekaden hinweg höchst erfolgreich weiter: alle paar Jahre ein Album mit neuen stoischen Riffstandards, denen gigantische, frenetisch umjubelte Ochsentouren rund um den Erdball folgten. Dass auch Rocker, die mehr als 200 Millionen Plattenverkäufe vorzuweisen haben, nur Menschen sind, zeigten die letzten Jahre. Erst manövrierte sich 2015 Schlagzeuger Phil Rudd, der immerhin seit den Siebzigern – mit einer etwa zehnjährigen Pause in den Achtzigern und Neunzigern – Teil der Band war, durch etliche private Verfehlungen (Anklage wegen versuchtem Mord, diverse Drogenprobleme) ins Aus, dann musste auch noch Bon Scotts Schiebermützen tragender Nachfolger am Mikrofon, Brian Johnson, die Segel streichen, da ihm, laut Diagnose seiner Ärzte, ansonsten „permanente Taubheit“ drohte (noch so ein eigentlich klassisch-trauriger Treppenwitz der Rockgeschichte). Und wurde für die anstehenden Konzerte im Jahr 2016 von einem gewissen Axl Rose (Sie wissen schon: von den angehenden Jungspunden von Guns N’Roses) ersetzt. Auch wenn sich diese notgedrungene Paarung komisch lesen mag – es ging glücklicherweise irgendwie gut…
Viel schwerer traf die Band jedoch der Verlust von Malcolm Young. Immerhin war es der 1953 im schottischen Glasgow in die Welt geriffte Rhythmus-Gitarrist, der im Alter von zwanzig Jahren AC/DC gründete und bald darauf seinen Bruder Angus in die Band holte. Als AC/DC im September 2014 verkündeten, dass Malcolm, der infolge eines Schlaganfalls an Demenz litt, AC/DC nicht länger angehören würde (und von seinem Neffen Stevie Young ersetzt wurde), blieb Angus Young, der gerade mal 1,57 Meter kleine Typ, dessen hüpfender Stil, im Schuljungen-Outfit Gitarre zu spielen, vielleicht mehr als alles andere zu Ikonographie der Band beigetragen hat, das einzig verbliebene Mitglied der Originalbesetzung.
Heute ist Malcolm Young im Alter von 64 Jahren in Australien gestorben. Eines steht fest: Seit dem 18. November 2017 sind auch AC/DC endgültig Rockgeschichte. Alles andere wäre Leichenfledderei. Und bei all dem Geld, was sich mit den Hits der Band, mit Ochsentouren und möglichen neuen Alben freilich noch verdienen ließe, ist auch seinem jüngeren Bruder Angus zuzutrauen, dass er – im Alter von 62 Jahren – seine Truppe in die redlich verdiente Rockerrente entlässt.
For those about to rock – we salute you. Mach’s gut, Malcolm Young.
Er galt als einer der – wenn nicht gar der – Förderer der Beatles, Paul McCartney sprach von ihm stets in höchsten Tönen als „teacher“, später brachte er gar einem gewissen Angus Young, der dann mit seinen australischen Kumpels unter dem Bandnamen AC/DC Weltruhm erlangte, das Gitarrenspielen bei: Tony Sheridan.
Nachdem er Anfang der Sechziger einer der ersten britischen Musiker war, die in Hamburg auftraten (mit seiner damaligen Band The Jets), blieb der am 21. Mai 1940 in Norwich geborene Brite seiner norddeutschen Wahlheimat treu, lebte mit seiner Frau Anna zuletzt im schleswig-holsteinischen Seestermühe bei Pinneberg.
„Tony konnte immer ein helles Licht am Ende des dunklen Weges sehen – jetzt hat er dieses helle Licht selbst erreicht. Möge er in ewigem Frieden ruhen.“
(Ted „Kingsize“ Taylor, einer von Sheridans Wegbegleitern aus der Hamburger Club-Szene)
Wer ein wenig mehr wissen mag, findet etwa hier oder hier erste kurze Nachrufe.
Seit Jahren ist Mark Kozelek einer der wohl umtriebigsten Musiker im Geschäft. Dass dieser Fakt – und auch der Künstler selbst – wohl nur den wenigsten ein Begriff sein wird, ist an und für sich auch kein Wunder, denn der 46-Jährige ist seit als Leisetreter in jeder Beziehung bekannt. Das war bereits mit seiner ersten, 1989 gegründeten Band Red House Painters so, es setzte sich mit seiner neuen, nach dem Red House Panters-Split 2002 formierten – und noch immer aktuellen – Band Sun Kil Moon fort, und während seiner zahlreichen Solo-Ausflüge durfte man auch keine „Besserung“ erwarten. Klar erlauben sich die durchaus jam-erfahrenen Vollblutprofis, hier und da auch einmal kleine E-Gitarren-Dissonanzen mit einfließen zu lassen. Natürlich hing – und hängt – nicht jede Note kerzengerade von den Saiten. Aber am Ende stand und steht da immer dieser US-Amerikaner, der zur Akustischen ruhige, melancholische Geschichten vom Leben erzählt. Und wäre da nicht diese Stimme, wer weiß, wie viele ihm zuhören würden…
Und der Mann hat definitiv immer neue Geschichten zu erzählen, denn allein in den letzten 13 Jahren gehen gut und gern 20 Veröffentlichungen auf sein Kreativitätskonto, veröffentlichte er unter anderem gar Alben, auf welchen er Stücke von Modest Mouse (das Sun Kil Moon-Album „Tiny Cities“ von 2005) oder AC/DC (das Soloalbum „What’s Next To The Moon“ von 2001) als puristisch-entlarfende Akustikversionen darbietet. Und so er sich den nicht in (s)einem Aufnahmestudio befindet, so kann man sich sicher sein, dass Kozelek wohl gerade auf Tournee ist – nur im dann wieder einen Live-Zusammenschnitt der aktuellsten Auftritte zu liefern… (Ob man selbst als absoluter Fan des Singer/Songwriters wirklich alle diese Live-Alben benötigt, muss am Ende jeder selbst entscheiden.)
Dass Mark Kozelek seine Gewohnheiten für’s Jahr 2013 ändern würde, war wohl kaum abzusehen. Und so sind allein für den Februar vier Neuerscheinungen angesetzt: das letzte Sun Kil Moon-Album „Among The Leaves“ wird auf LP veröffentlicht, zwei neue Konzerte seiner letzten Tourneen – diesmal mitgeschnitten in Melbourne und in Peking/Shanghai – wurden für die heimische Anlage archiviert, und Kozelek bringt erneut eine Platte mit Coverversionen unter seine Hörerschaft – „Like Rats“ beinhaltet erneut eine höchst differenzierte Künstlerschaft, deren Ausgangssongs Kozelek, wie so oft nur „bewaffnet“ mit Akustikgitarre und Ausnahmestimme, zu (s)einem homogenen ganzen formt.
„Like Rats“ setzt sich aus folgender Tracklist zusammen…
01. I (Bad Brains)
02. Like Rats (Godflesh)
03. Free-For-All (Ted Nugent)
04. Young Girls (Gary Puckett & The Union Gap)
05. Right Back Where We Started From (Maxine Nightingale)
06. Time Is Love (Josh Turner)
07. Silly Girl (Descendents)
08. Onward (Yes)
09. Carpet Crawlers (Genesis)
10. 13 (Danzig)
11. Green Hell (Misfits)
12. I Killed Mommy (Dayglo Abortions)
13. I Got You Babe (Sunny & Cher)
…und kann bereits hier in Gänze vorgehört werden. Wer es bewegter haben mag: hier kann man sich das Video zum Titelstück ansehen…
Und auch danach gönnt sich Kozelek keine Pause, denn bereits im April wird „Perils From The Sea“, die Zusammenarbeit seiner Band Sun Kil Moon mit dem Jimmy LaValle-Projekt The Album Leaf erscheinen (mehr Infos auf der Seite des Labels, Caldo Verde, welche auch Höreindrücke bietet).
Klar, wen all die Vorgänger bisher recht kalt ließen und eher zum Gähnen denn zum Träumen animierten, den werden wohl weder die kommenden noch die zukünftigen Veröffentlichungen von Kozelek und Band(s) begeistern können. Ich jedoch liebe den Mann, liebe seine Lieder, liebe vor allem seine Erzählweise und seine Stimme. Und allein für den Song „Have You Forgotten“ (bekannt geworden als Teil des Soundtracks zum Cameron Crowe-Film „Vanilla Sky„) sollte man Kozelek, diesem stillen Geschichtenerzähler, einen Altar errichten.