„Fitter, happier, more productive / Comfortable / Not drinking too much / Regular exercise at the gym / (Three days a week) / Getting on better with your associate employee contemporaries / At ease / Eating well / (No more microwave dinners and saturated fats) / A patient better driver / A safer car / (Baby smiling in back seat) / Sleeping well / (No bad dreams) / No paranoia / Careful to all animals / (Never washing spiders down the plughole) / Keep in contact with old friends / (Enjoy a drink now and then) / Will frequently check credit at (moral) bank (hole in the wall) / Favors for favors / Fond but not in love / Charity standing orders / On Sundays ring road supermarket / (No killing moths or putting boiling water on the ants) / Car wash / (Also on Sundays) / No longer afraid of the dark or midday shadows / Nothing so ridiculously teenage and desperate / Nothing so childish, at a better pace / Slower and more calculated / No chance of escape / Now self-employed / Concerned (but powerless) / An empowered and informed member of society / (Pragmatism not idealism) / Will not cry in public / Less chance of illness / Tires that grip in the wet / (Shot of baby strapped in back seat) / A good memory / Still cries at a good film / Still kisses with saliva / No longer empty and frantic like a cat tied to a stick / That’s driven into frozen winter shit / (The ability to laugh at weakness) / Calm / Fitter / Healthier and more productive / A pig in a cage on antibiotics.“
(Radiohead, „Fitter Happier“)
„Schmerz sieht gut an anderen aus – dafür sind sie da.“ Kate Harff (Natalia Belitski), Berlinerin und Ende Zwanzig, zieht die Reißleine. Am Neujahrsmorgen zieht sie mit Sack und Pack, mit MacBook und iPhone in die Psychiatrie und lässt sich freiwillig in die Depressionsstation einweisen. Denn zwischen Alltagstrott und Metropolenpartydickicht, zwischen Youtube, Youporn, Twitter, Instagram, Facebook, WhatsApp und Google hat sie zwar allerhand Oberflächenzerstreuung gefunden, jedoch die Hauptsache verloren: sich selbst. Denn welchen ihrer 429 Freunde kennt sie schon wirklich, wer würde sie wirklich vermissen? Sicher: „Vielleicht vermissen sie mich.“ Aber: „Im Moment vermiss‘ nur ich mich.“ Was sagen all die Interessenangaben, all die „Likes“ schlussendlich über den Menschen hinter dem bunten Facebook-Profil aus? Wieviel soziale Interaktion herrscht noch in ihrem Leben, die über oberflächliches „Social Life“-Geplänkel hinausgeht? Wenn ihr Statusfeld sie allmorgendlich fragt, was es Neues gibt, trägt Kate lediglich ein: „Nichts. Wie immer.“ Sie ist zum Netzzombie verkommen, der dem Diktat der tumben virtuellen Masse folgt – eine blasse Datenleiche, die längst die Kontrolle verloren zu haben glaubt und deren liebevolle Macken im weltweiten Netz untergegangen sind…
In „About: Kate“ folgt der Zuschauer in 14 Folgen zu je knapp 30 Minuten Länge einer jungen Frau aus der Mittelschicht kurz vor ihrem 30. Geburtstag in die „Klapse“, wo sie bei Therapiesitzungen, Korbflechten und Entspannungsrunden einen halbgaren (man bedenke: MacBook & Co. liegen noch immer griffbereit!) Versuch startet, sich selbst irgendwo wiederzufinden. Das Revolutionäre dabei ist, dass dem Zuschauer neben der „regulären“ Sendereihe (jeden Samstag um 23.45 Uhr auf Arte) zusätzliche weitere mediale Möglichkeiten offen stehen: längst lässt sich Kates Profil auf Facebook finden, dazu gibt es eine umfassend gestaltete Seite auf der Arte-Homepage sowie eine App (welche am Samstag zum Start der ersten Folge natürlich nicht funktionieren wollte) – Fernsehen 2.0 quasi, bei dem sich die Serie von Regisseurin und Autorin Janna Nandzik schlussendlich (gezielt?) in den eigenen Schwanz beisst, denn dem Zuschauer wird hier ausgerechnet jenes All-Inclusive-Überangebot bereitgestellt, das zum „Netzabsturz“ der Protagonistin geführt hat. Und auch das Empfinden selbst wird all jenen, die eben nicht mit den popkulturellen Codes der Social Media-Süchtigen, all dem Wirrwarr aus schnellen Clicks durch Links, Bits und Bytes, vertraut sind, seltsam fremd blieben, denn: „it takes one to know one“. Klar, die Thematik mag längst keine neue mehr sein – siehe Aldous Huxleys „Schöne neue Welt„, siehe Radioheads „OK Computer“ (aus welchem übrigens auch der eingangs zitierte „Song“text zu „Fitter Happier“ stammt). Dennoch stellt das von Christian Ulmens Produktionsfirma UlmenTV gestartete Crossmedia-Projekt „About: Kate“ eine kleine aber feine Sensation in der deutschen Sendelandschaft dar, eben weil es sich einem zeitgeistigen Phänomen mit hintergründigem Anspruch nähert, und die Social Media-affine Zielgruppe über die „Second Screen“-Aktionshintertür dazu bringt, so einige eigene lieb gewonnene Alltäglichkeiten zu hinterfragen. iPhone, iPod, iMac, iGod, iLife? iAbsturz, iVerlust, iTod. Darauf eine Twitter-Nachricht!
(Wer’s bei lauter Facebook-Statusmeldungen verpasst hat: hier kann man sich die erste Folgen noch einmal anschauen…)
Rock and Roll.