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Ein letzter Blick zurück auf die Alben des Jahres 2014…


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Ein letzter Rückblick aufs Plattenjahr 2014 gefällig? Bei all den Bestenlisten der „Alben des Jahres“ konnte und kann man freilich schonmal den Überblick verlieren…

Während auf ANEWFRIEND das letzte Album der Post Hardcore-Rocker von La Dispute, „Rooms Of The House“ leicht vorn auf der Podiumsspitze lag, wählten die Kollegen der VISIONS etwas überraschungsarm das selbstbetitelte Debüt der The Mars-Volta Nachfolgeband Antemasque auf die Jahresendabrechungs-Pole-Position. Beim Musikexpress landete „Our Love“, das vierte Werk der Elektropopper Caribou auf Platz 1, der Rolling Stone wusste aus der Reihe zu tanzen, indem er mit „Niagara“ das neuste Werk des in europäischen Gefilden bislang völlig unbekannten Singer/Songwriters John Southworth vorn sah und die Online-Schreiberlinge von plattentests.de nahmen mit „Lost In The Dream“, dem im März vergangen Jahres erschienenen, höchst formidablen aktuellen Album von The War On Drugs an der Album-Spitze Abschied von 2014.

Nur: Wie sah es in internationen, englischsprachigen Gefilden aus? Diese Frage beantwortet albumoftheyear.org. Dort kann man sich, fein tabellarisch zusammengefasst, einen Überblick über die Favoriten von Online- und Printmedien wie dem Q Magazine, Uncut, SPIN, dem NME, Under The Radar, BBC Music, dem Guardian, Stereogum, Pitchfork, dem TIME Magazine, aber auch von internationeln Retailern wie Amazon verschaffen. Und siehe da: zumindest plattentests.de scheinen da einen guten (internationalen) Riecher gehabt zu haben. Oder haben The War On Drugs am Ende wirklich das „Konsens-Album 2014“ veröffentlicht? Alles, wie immer, reine Geschmacksache…

 

 

Rock and Roll.

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Bye Bye 2014 – Keine Tränen für Arschlochmomente, ein Prost trotz allem auf das Leben!


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Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht… (Heinrich Heine)

Zu behaupten, dass 2014 für mich persönlich ein „schwieriges“ Jahr gewesen sein, käme einer puren Untertreibung gleich. Kaum war ein „Brandherd“ gelöscht, kam schon wieder Feuer an anderer Stelle hoch, gern auch gleich mehrfach. Und obgleich wir alle Menschen sind (und damit weder perfekt, fehlerfrei noch unfehlbar – keiner von uns!), musste ich zu oft feststellen, dass manch einem das „Menschliche“ und „Professionelle“ vollkommen abhanden gekommen zu sein scheint – besonders und vor allem in der (deutschen) Berufswelt. Und obwohl auch einige wirklich schöne und besondere Momente bleiben werden (etwa das Ende meines knapp siebenjährigen Single-Daseins oder das Pearl Jam-Konzert in der wunderschönen Berliner Wühlheide gemeinsam mit meinem Vater, dem ich immerhin die Initialzündung für meinen Musikgeschmack zu verdanken habe) kann ich umso sicherer sagen, dass ich den letzten 12 Monaten im Rückblick kaum eine Träne nachweinen werde. Dem regelmäßigen Leser von ANEWFRIEND wird sicherlich auch nicht entgangen sein, dass daher von Zeit zu Zeit kleinere bis größere Lücken im Veröffentlichungsturnus klafften (etwa im vergangenen Mai). Wenn das Private leidet und das Berufliche straff anzieht, bleibt selbst für Dinge, die einem wirklich am Herzen liegen, wenig Energie übrig… leider.

First world problems… (Weird Al Yankovic)

Doch ich will mich nicht beschweren, denn bei allem, worüber wir in Europa lamentieren, handelt es sich noch immer um „first world problems“. Ganz gleich, wie beschwerlich uns unser Leben manchen Tages erscheinen mag, ganz egal, wie hart wir uns manchmal vom Schicksal gebeutelt fühlen – wir haben ein gutes Leben. Wir haben – an der Oberfläche und vergleichsweise – sichere Lebensumstände und glücklicherweise – zumindest wünsche ich das jedem von Herzen – allerhand Menschen um uns, die uns lieben, die uns wichtig sind und denen wir dasselbe bedeuten. Natürlich mag das nun – gerade zum Jahresabschluss – wie bloße Phrasendrescherei erscheinen, aber ein kurzer Blick auf die Nachrichtenschlagzeilen mit all ihren Kriegsmeldungen, Flüchtlingsgeschichten, Natur- und Flugzeugkatastrophen genügt wohl, um ein wenig dankbarer über die eigenen Lebensumstände zu sein. Und allein die Tatsache, dass wir ab und an die Zeit und Ruhe für einen so wundervollen Zeitvertreib wie Musik, Filme oder Reisen haben, sagt sicherlich auch einiges, oder?

Life is what happens to you while you’re busy making other plans… (John Lennon)

In wenigen Stunden also ist 2014 ein sicherer Fall für die Geschichtsbücher. In wenigen Stunden geht dieser bescheidene Blog in sein viertes Jahr. Unglaublich, eigentlich – zumindest für mich selbst. Und wer weiß schon, was 2015 für jeden von uns bereithalten wird? Wir alle werden in den nächsten 12 Monaten möglichst viel lachen, möglichst wenig weinen (und wenn, dann bitteschön Freudentränen!), möglichst viel Neues und Schönes sehen. Haltet die, die euch am Herzen liegen und denen ihr am Herzen liegt, nah bei euch – selbst, wenn ihr nicht immer einer Meinung sein solltet. Denn ohne Liebe ist das Leben gleich ein großes Stückweit grauer. Behaltet im Hinterkopf, dass wir alle Menschen sind und keiner weniger wert ist als der andere – ganz gleich, wie er oder sie aussehen mag, welche Meinung er oder sie haben sollte etc. pp. . Keiner von uns hat seinen Geburtsort selbst bestimmt, und kaum weniger sind viele von uns für ihre Lebensumstände verantwortlich (vor allem nicht jene, die zur Flucht aus ihren Heimatländern gezwungen wurden). Nur wenn wir bedingungslos, ohne Hass und ohne Furcht füreinander einzustehen bereit sind, hat diese Welt eine echte Chance, ein klein wenig besserer Ort zu werden (dass er das als großes Ganzes eben gerade nicht ist, weiß jeder, der gewillt ist, zwischen den Zeilen von Castingmüll-Verdummung und Co. zu lesen). Und wenn ihr zwischen all dem Menschsein noch etwas Zeit für ANEWFRIEND findet, würde ich mich freilich auch freuen. Denn obwohl mir das Schreiben nach wie vor ebenso am Herzen liegt wie das Hören und Entdecken von neuer Musik selbst, so ist dieser Blog wahrlich kein Selbstläufer, und auch nicht zum bloßen Selbstzweck in den digitalen Sphären. Er lebt vom Input, von euren Kommentaren, von eurer Kritik.

Und grad deswegen: „Auf das Leben!“… (Jupiter Jones)

Mit diesen vielen – mal mehr, mal weniger – pathetischen Worten (was wohl an den Umständen gelegen haben mag, zumindest musste es raus) entlassen ich euch in die letzten Momente von 2014. Ganz egal, auf welche Weise: Vergesst nie, wer ihr seid und wo ihr herkommt. Bleibt euch – auf welche Art auch immer – selbst treu, denn am Ende des Tages seid ihr nur jenem Gesicht im Spiegel Rechenschaft schuldig, niemandem sonst. Lacht, weint, lebt – hört möglichst viel Musik, sehr möglichst viele Filme und möglichst viel von dieser Welt – ohne Scheuklappen, ohne Dogmen, und mit dem Mut zu Ecken und Kanten! Seid ganz einfach die Menschen, die ihr gern wärt. Und, natürlich: Bleibt ANEWFRIEND gewogen. Danke, von Herzen.

 

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Rock and Roll.

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Das Film- und Serienjahr 2014 in sechseinhalb Minuten? Läuft…


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Nachschlag für all jene, denen ANEWFRIENDs Serien– und Film-Jahresrückblicke entweder zu ausschweifend oder nicht komplett (slash allumfassend) genug waren: Die Youtube-Fanvideoseite „Pteryx“ hat sich, wie bereits im vergangenen Jahr, durch nicht weniger als 166 Film-, 84 TV-Serien- und fünf Animationsfilmhighlights der letzten Monate geschaut und daraus einen gerade einmal sechseinhalbminütigen Zusammenschnitt erstellt, der so ziemlich jeden ansprechen dürfte, auch wenn wirklich nur die größten Filmfanatiker jeden Ausschnitt in der Kürze der Zeit – und der Schnelligkeit des Schnitts – erkennen dürften (zudem wurde hier freilich nicht nur qualitativ hochwertige Vertreter berücksichtigt, es ist auch einiges an „seichterem Material“ und „Trash“ mit an Bord). Dem Rest bietet „Pteryx“ eine kleine kurzweilige Rückschau aufs Film- und Serienjahr 2014…

 

 

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2014 – Teil 4


Wie zum Ende bisher jeden Jahres seit… – Ja, wann eigentlich? Gefühlt bereits seit mehr als 10 Jahren! – gingen auch in diesem Jahr vor wenigen Stunden meine mittlerweile “traditionellen” Jahresmixtapes an die ersten Empfänger raus. Einziges Konzept, wie immer: die Songs mussten nicht zwingend von 2014 stammen, mich jedoch in diesem Jahr begeistert, erfreut, bewegt etc. haben. Und das ist bei diesen 91 Stücken beziehungsweise nahezu sieben Stunden Musik zweifellos der Fall. Außerdem dürften auch hier die regelmäßigen Blogwärte – sorry für den kleinen infantilen Wortwitz, der musste eben raus – aufmerken, denn der ein oder andere Song könnte ihnen natürlich durchaus bekannt vorkommen…

Fünf Mal querbeet durch meinen Kosmos der gehobeneren musikalischen Unterhaltung 2014, á la ANEWFRIEND – hier die Tracklists zum Nachjagen, Aufstöbern und Nachbasteln…

 
 
Vol. 1 – seht zu was kommt…
vol. 11. Against Me! – FUCKMYLIFE666
2. DEATH – Where Do We Go From Here???
3. Sivert Høyem – Handsome Savior
4. Marcus Wiebusch – Der Tag wird kommen
5. Jennifer Rostock – Ein Schmerz und eine Kehle
6. Chet Faker – Archangel (live session)
7. CHVRCHES – The Mother We Share (Alucard Session)
8. Lilly Wood and the Prick – Briquet
9. Damon Albarn – Lonely Press Play (live)
10. Balthazar – Leipzig (acoustic)
11. Elbow – Fly Boy Blue / Lunette
12. Soko – We Might Be Dead By Tomorrow
13. Conor Oberst – Desert Island Questionnaire
14. Gdansk – Adam’s Needle
15. Arcade Fire – Afterlife
16. Courtney Barnett – Bein’ Around
17. Spaceman Spiff – Vorwärts ist keine Richtung
18. Luke Sital-Singh – Nearly Morning (demo)

 
 
Vol. 2 – a lot of loose ends…
vol. 21. Zack Hemsey – Vengeance
2. Fink (UK) – Pilgrim
3. The Afghan Whigs – Algiers
4. Gisbert zu Knyphausen & Kid Kopphausen Band – Staub und Gold
5. Trümmer – Wo ist die Euphorie
6. Beatsteaks – Make A Wish
7. Ryan Adams – Gimme Something Good
8. Luke Sital-Singh – Greatest Lovers
9. Fleetwood Mac – Go Your Own Way (live)
10. Hawthorne Heights – Ohio Is For Lovers (acoustic)
11. Noah Gundersen – Ledges
12. Tiemo Hauer – Sigur Rós im Regen
13. Sigur Rós – The Rains Of Castamere
14. Robert Plant & The Sensational Space Shifters – Embrace Another Fall
15. ABAY – Same Sane
16. Judith Holofernes – Havarie
17. Tex – St. Petersburg (TVNoir Headquartier Sessions)
18. Oliver Stangl und Lars Paetzelt – Irgendwann Regen
 
 
Vol. 3 – don’t just stand around…
vol. 31. Peggy Lee – Why Don’t You Do It Right
2. Stone Cold Fox – Seventeen
3. Mainland – West Coast
4. The Gaslight Anthem – Get Hurt
5. Arctic Monkeys – Why’d You Only Call Me When You’re High?
6. Those Darlins – Oh God
7. Alice Jemima – Nightcall
8. Beyoncé – Crazy In Love (Kadebostany Rework)
9. Coeur de Pirate – Slow Show
10. J. Cole – Be Free
11. Charles Bradley with The Menahan Street Band – Why Is It So Hard? (live)
12. Mark Kozelek – You Missed My Heart (live)
13. Against Me! – True Trans Soul Rebel (acoustic)
14. Dorit Jakobs – Erwarte nicht zu viel
15. Eddie Vedder – Imagine (live)
16. Locas In Love – Spoiler Warning
17. AnnenMayKantereit – Barfuß am Klavier
18. Curse – Menschen
19. Pianos Become The Teeth – Say Nothing
 
 
Vol. 4 – if you see me again…
vol. 41. Die Höchste Eisenbahn – I Can’t Make It On Time
2. Mine – Raus raus raus
3. Lilly Wood and the Prick – Prayer In C
4. Cheap Girls – Her And Cigarettes
5. Foo Fighters – Something From Nothing
6. Rhonda – I Need No Help
7. Garbage – Girls Talk (feat. Brody Dalle)
8. The Smith Street Band – Calgary Girls
9. The Wooden Sky – Shake For Me
10. TV Girl – Louise
11. The Irrepressibles – In This Shirt
12. Lana Del Rey – Old Money
13. Sun Kil Moon – Dogs
14. Strand Of Oaks – JM
15. Nouela – Black Hole Sun
16. Heliopause – I Seem Too Cold (FAULTY Remix)
17. Moose Blood – Cherry
18. The Callstore – The Letting Go
19. Wildlife – If It Breaks
 
 
Vol. 5 – a home for the hum of the insects…
vol. 51. Sia – Chandelier
2. Kye Alfred Hillig – Like God (edit)
3. Ray Scully – Teardrop
4. To Kill A King – Love Is Coal
5. Foxing – Rory (Audiotree Live Session)
6. Damien Rice – It Takes A Lot To Know A Man
7. Shakey Graves – Dearly Departed (feat. Esmé Patterson)
8. Lasse Matthiessen – Seven Ravens
9. July Talk – Summer Dress
10. Nils Christian Wédtke – Raubtier
11. Lynyrd Skynyrd – Freebird (Muscle Shoals OST version)
12. Kye Alfred Hillig – My Young Love Was As Blind As Ray Charles And Half As Cold As Heat
13. The Smashing Pumpkins – Landslide (acoustic)
14. Tom Odell – Real Love
15. Taylor Swift – Shake It Off (acoustic)
16. Vintage 1950’s Doo Wop – Timber
17. Molly and the Zombies – Sketchy (live)
 
 
Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2014 – Teil 3


Ein zwar nicht durch und durch hochkarätiges, jedoch ebenso wenig an tollen Veröffentlichungen armes Musikjahr 2014 neigt sich unausweichlich seinem Ende zu. Zeit also, ANEWFRIENDs “Alben des Jahres” zu küren und damit, nach der Rückschau aufs Film- und Serienjahr, auch die Königsdisziplin ad acta zu legen! Dem regelmäßigen Leser dieses Blogs werden sich wohl wenige Überraschungen offenbaren, schließlich wurde ein guter Teil der Alben meiner persönlichen Top 15 im Laufe des Jahres bereits besprochen. Bleibt nur zu hoffen, dass auch 2015 ein ähnlich gutes Niveau an neuen Platten und Neuentdeckungen bieten wird… Ich freue mich drauf.

 

 

LaDispute_ROTH1.  La Dispute – The Rooms Of The House

Wildlife„, La Disputes zweites, 2011 erschienenes Album, brauchte wahrlich keine Wiederholung, immerhin lieferte die Post Hardcore-Band aus Grand Rapids, Michigan bereits damals ihr Meisterwerk ab, in welchem sie die instrumental-brachialen Tour-de-Force-Rhythmen der Band mit der stellenweise brillanten und noch viel öfter erschütternden Alltagsbeobachtungslyrik von Sänger und Frontmann Jordan Dreyer zu einem wahnhaft faszinierenden einstündigen Albummonolithen verband. Der Nachfolger „Rooms Of The House“ gibt sich da – sowohl musikalisch als auch textlich – weitaus differenzierter, stellenweise gar zurückgenommener und introspektiver. Dreyers Musik gewordene Geschichten scheinen wie zufällig zu Boden gefallene alte Familienfotografien, die nach langer Zeit wieder in die Hand genommen werden, und dann die ein oder andere biografische Wunde aufreißen. Und doch ist alles auf „Rooms Of The House“ an seinem Platz. La Disputes drittes Album ist zwar anders als noch „Wildlife“, jedoch kaum weniger faszinierend.

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Pianos1-640x6402.  Pianos Become The Teeth – Keep You

Zumindest ich hatte die Band noch vor kürzerer Zeit zwar auf dem Zettel (beziehungsweise kannte ich deren Namen), jedoch so gar nicht in meiner rotierenden Playlist. Eine stilistische Beinahe-Einhundertachtzig-Grad-Wende und deren Ergebnis „Keep You“ haben das endgültig geändert. Kaum ein Album ging mir in den vergangenen Monaten mehr zu Herzen, bei keinem anderen finde ich weniger Worte, zu erklären, woran das nun tatsächlich liegt. Muss man ja aber auch nicht. Die Musik übernimmt für 44 Minuten all das, was nicht auszusprechen ist, bevor der krönende Albumabschluss „Say Nothing“ Note für Note davon getragen wird… Indierock, der von schweren Herzen erzählt, selbige damit nicht selten erst erweicht – und dann mit flinken Stichen flickt.

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noah-gundersen-ledges3.  Noah Gundersen – Ledges

Kein Album der Sparte „Singer/Songwriter“ lief öfter bei mir in diesem Jahr, in keines bin ich lieber und tiefer eingetaucht. Dem Debütalbum des 24-jährigen Noah Gundersen aus Seattle, Washington wohnt als Ganzes etwas Spirituelles, Heilsames und Reinigendes inne, dem der Hörer sich nur schwerlich entziehen kann. Große Vergleiche dürfen bereits jetzt angestellt werden, für die Zukunft sollte man den Herren und seine mitmusizierenden Geschwister auf dem Zettel haben. (M)Ein Geheimtipp? Noch.

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1196f14f-MW_Konfetti_Final4.  Marcus Wiebusch – Konfetti

„Der Tag wird kommen“ ist für Kettcar-Frontmann Marcus Wiebusch wohl Segen und Fluch zugleich. Zum einen ist das monumentale Stück, in welchem Wiebusch Homophobie im Profifussball offen und ganz Frank und frei thematisiert, samt dem dazugehörigen, via Crowdfunding finanzierten Kurzfilm, eine der besten, richtigsten und wichtigsten Sachen, die der deutscher Musik und Kulturgesellschaft in diesem Jahr passieren konnten. Andererseits überschattet der Song jedoch völlig zu unrecht seine zehn Kollegen auf Wiebuschs Solodebüt „Konfetti“, denn vor allem „Nur einmal rächen“, „Haters Gonna Hate“ oder der Abschluss „Schwarzes Konfetti“, bei welchen der gebürtige Heidelberger und Wahlhamburger Musiker mit Sozialisierung im DIY-Punk – stilistisch wie textlich – viele neue Wege geht und dabei so einiges richtig macht. Besser war 2014 wohl kaum ein deutschsprachiger Musiker, wichtiger und relevanter definitiv nicht.

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strand of oaks - heal5.  Strand Of Oaks – Heal

Timothy Showalter ist schon ein komischer Kauz. Freilich, das ist der 32-jährige Träger von amtlichem Vollbartes und Headbangermähne nicht eben erst seit „Heal“, dem vierten Album seines Band gewordenen Projektes Strand Of Oaks. Doch ausgerechnet auf Showalters rein textlich bisher persönlichstem und bitterstem Werk stellen sich all der schmerzhaften Lyrik ausgerechnet poppig anmutende Melodien und nicht wenige Fuzz- und Bratz-Gitarren (für ein, zwei Solos konnte er gar Dinosaur Jr.-Legende J. Mascis gewinnen) in den Weg, die dieses Album zu einer wahren Freude mit allerhand Repeat-Garantien machen. Man ist fast versucht, hier von „Hörspaß“ zu sprechen, wären die zehn Songs nicht eine derart tiefe Schlüssellochschau in die Wunden einer auf Kipp stehenden Beziehung.

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against-me-transgener-dsphoria-blues6.  Against Me! – Transgender Dysphoria Blues

Ein Album, dessen Ursprünge wohl – der Biografie von Against Me!-Frontfrau Laura Jane Grace wegen – lange in der Vergangenheit fußen, das – aller Eingängigkeit, allen Hooklines zum Trotz – einen durch- und überaus ernsten Themenanspruch besitzt, und wohl vor allem deshalb so aufrichtig zu Herzen gehen geraten ist. All das ist das so eigenartig wie passend betitelte „Transgender Dysphoria Blues“, da erste seit dem Outing von Ex-Frontmann Tom Gabel als Transgender-Frau, durch welches sie – also Laura Jane Grace, wie sich Gabel jetzt nennt – leider auch einen guten Teil der eigenen Band zum Abgang bewegte. Doch trotz so einiger dunkler Anklänge ist das sechste Studioalbum der Punkrock-Band aus Gainesville, Florida durch und durch kämpferisch, denn weder Gabel, die nach Erscheinen des Albums im Januar in der Webserie „True Trans“ Gleichgesinnte (im Sinne einer Geschlechtsidentitätsstörung) traf und mit ihnen über ihr neues und altes Leben sprach, noch seine Songs geben sich in einer trist-dunklen Ecke zufrieden, sondern kämpfen sich zurück ins Leben.

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we-were-promised-jetpacks-unravelling-album-cover-300-3007.  We Were Promised Jetpacks – Unravelling

Unter all den fantastischen schottischen Gitarrenrockbands waren die fünf Bleichgesichter von We Were Promised Jetpacks bislang auf die Abteilung „Indiediscohit“ abonniert, immerhin boten die beiden Vorgängeralben „These Four Walls“ (2009) und „In The Pit Of The Stomach“ (2011) so einige davon – man nehme nur  „It’s Thunder And It’s Lightning“, „Quiet Little Voices“ oder „Roll Up Your Sleeves“, zu denen sich wohl so einige Indiekids die Röhrenjeans und Chucks schweißnass getanzt haben dürften.  Nur die aus Edinburgh stammende Band selbst hat scheinbar die Lust an Mitgröhlrefrains und allzu repetitiv-zackigen Gitarrenakkorden verloren, denn auf Albumlänge ist – zumindest im Fall von „Unravelling“ – Schluss damit. Eventuell liegt es ja auch an Band-Neuzugang Stuart McGachan, der gleich sein Keyboard mitbringt und den neuen Songs ein vertrackteres, tieferes und ernsthafteres Outfit verpasst. Natürlich verzichten die Schotten weder auf prägnante Melodien (wie im Opener „Safety In Numbers“ oder „Peace Sign“) noch auf den signifikant-sympathischen Schotten-Slang von Sänger Adam Thompson, allerdings sind es 2014 die ungewöhnlichen Stücke, die besonders überzeugen, wie das Abschlussdoppel aus dem instrumentalen Sechseinhalbminüter „Peace Of Mind“ und dem getrommelt ausfadenden „Riccochet“. Dann nämlich steht die Band bereits mit einem Bein wahlweise im Post Punk oder Post Rock – und ist am Ende doch ganz bei sich selbst.

 

 

damon-albarn-everyday-robots8.  Damon Albarn – Everyday Robots

Kaum zu glauben, dass Damon Albarn, der in seinen 46 Lebensjahren schon so einige relevante Fußabdrücke im popmusikalischen Universum hinterlassen hat (vom Britpop von Blur über den megalomanischen Bastardpop der Gorillaz bis hin zu „Superband“-Geheimtipps wie The Good, The Bad & The Queen oder Ausflügen in die Opernwelt und Weltmusik Peter Gabriel’scher Couleur), erst 2014 sein offizielles Solodebüt „Everyday Robots“ vorlegte. Umso besser, dass Albarn das lange Warten nun auch mit Qualität belohnt. Wer die Karriere des Londoner Weltbürgers aufmerksam verfolgt hat, dem dürfte eh klar gewesen sein, dass Albarn kaum etwas mehr zu wurmen scheint als Wiederholungen. Folglich haben die zwölf neuen Stücke kaum etwas bis gar nichts mit seinen früheren Bands und Projekten gemein. Stattdessen jubelt Damon Albarn dem Hörer 2014 allerhand kleine verträumt-melancholische Kleinode unter, in welchen, wie in „Lonely Press Play“, Klaviernoten einsame Schleifen zieht, während Elektrobeats verschlafen pluckern. Anderswo hoppelt zu Kindergitarrenakkorden und Gospelchor in „Mr. Tembo“ ein kleiner Elefant durchs Steppengras, während sich der Musiker kurz darauf – in „Hollow Ponds“ – zurück zu den Plätzen seiner Kindheit begibt. All das gipfelt im hymnischen, gemeinsam mit Brian Eno und Chören entstandenen „Heavy Seas Of Love“. In „Everyday Robots“ lässt Damon Albarn tief in seine eigene Seele blicken – und die reicht ebenso ins nachdenkliche Gestern wie weit ins futuristisch-befremdliche Morgen.

 

 

damien rice MFFF9.  Damien Rice – My Favourite Faded Fantasy

Fast hatte man ihn vergessen, und längst noch weniger Hoffnungen auf eine Rückkehr von Damien Rice gehegt. Nach zwei ganz und gar bezaubernden Alben („O“ und „9“), die auch heute noch jeden in ihren Bann ziehen, der die Stücke zum ersten oder tausendsten Mal hört, nach der privaten wie künstlerischen Trennung von seiner kongenialen (Duett)Partnerin Lisa Hannigan verschwand Rice acht lange Jahre lang ganz und sonders von der Bildfläche. Die Ankündigung seines dritten Albums im September diesen Jahres muss sich daraufhin angefühlt haben, als würden die USA von heute auf morgen ihre Armee abschaffen und fortan einen Staat nach kommunistischen Maximen führen. Doch am Ende der acht Songs von „My Favourite Faded Fantasy“ ist doch wieder vieles beim Alten. Der irische Singer/Songwriter weidet in den gemeinsam mit Produzentenass Rick Rubin (!) in Studios zwischen Los Angeles und Island (!!) entstandenen Songs in der eigenen Seelenpein, dass auch diesmal nicht wenige männliche wie weibliche Herzen schwer werden, während ihm die Akustische, das Piano und ganze Heerscharen von Streichern aufopferungsvoll zu Hilfe eilen. Vermeintliche „Hits“, wie es sie früher noch mit „Volcano“, „The Blower’s Daughter“, „Cannonball“ oder „9 Crimes“ gab, sucht man indessen auf „My Favourite Faded Fantasy“ vergebens – dafür sind die neuen Stücke, von denen nur einer unterhalb der Fünf-Minuten-Marke liegt, zu elegisch, zu introvertiert. Unverhofft schön ist Damien Rices Rückkehr jedoch allemal.

 

 

SKM21021410. Sun Kil Moon – Benji

Viele Dinge mögen außer Frage stehen. Dass der öffentlich ausgetragene Musikerstreit zwischen Mark Kozelek und The War On Drugs-Frontmann Adam Granduciel (über die Hintergründe weiß Google freilich Antworten zu liefern) einerseits verdammt albern war, andererseits aber auch den – wenigstens für kurze Zeit – amüsanten Kozelek-Songkommentar „War On Drugs: Suck My Cock“ hervor brachte. Dass Mark Kozelek – ob nun mit Jimmy LaValle oder den Kollegen von Desertshore im vergangenen Jahr, unter dem eigenen Namen und solo oder mit seiner aktuellen Hauptband Sun Kill Moon – einer der bewegendsten, produktivsten und brillantesten musikalischen Geschichtenerzähler unserer Zeit ist. Denn genau das macht der grantige US-Amerikaner nun mal: er erzählt, während die jeweilige Instrumentierung stets nur Mittel zum Zweck bleibt. Das Bewegende daran ist, dass all diese Geschichten seinem Leben und Erlebten entspringen, und somit auch 2014 eine erstaunliche thematische Bandbreite aufweisen, die vom tragischen Tod einer Cousine zweiten Grades (der Opener „Carissa“) über Attentate in den eben nicht so glorreichen US of A („Pray For Newtown“) bis hin zu Episoden aus Kozeleks Sexualleben („Dogs“) und die Freundschaft zu Death Cab For Cutie-Frontmann Ben Gibbard (der Abschluss „Ben’s My Friend“) reichen. Klar mögen viele Dinge außer Frage stehen: Dass Mark Kozelek wohl privat ein vom Leben zynisch geformtes Arschloch ist. Dass seine Songs eine immer schönere karge Klarheit ausstrahlen, derer man sich so schnell nicht entziehen kann. Dass man das Arschloch für Stücke wie die auf „Benji“ auch gern weiterhin in Kauf nimmt.

 

 

…und auf den weiteren Plätzen:

Foxing – The Albatross

The Afghan Whigs – Do To The Beast

Foo Fighters – Sonic Highways

Ryan Adams – Ryan Adams

Warpaint – Warpaint

 

 

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2014 – Teil 2


Während man bei all den beindruckenden Bildern, die vor allem US-amerikanische Serien Woche für Woche abliefern (von „The Walking Dead“ über „Lost“ bis hin zu „Breaking Bad“, „Game Of Thrones“ oder „House Of Cards“ waren da ja in der Vergangenheit massig Bespiele dabei) und die stets qualitativ auf höchstem Niveau erzählten BBC-Fernsehserien („Luther“, „Sherlock“) auch den „alten Kontinent absolut würdig dastehen lassen, bekommt man spätestens bei den Aufzählung all jener namenhaften alten und neuen Hollywood-Recken, die sich mittlerweile beinahe ins Serienfach zu flüchten scheinen, den Eindruck, dass Hollywood im Jahre 2014 einer der Kulissen gleichen müsse, durch die Clint Eastwood einst im 50 Jahre jungen Italowesternklassiker „Für eine Handvoll Dollar“ ritt – imaginäre Heuballen und Mundharmonikamelodien inklusive. Dass aber auch die großen Leinwände in diesem Jahr so einiges zu bieten hatten, zeigen einige von ANEWFRIENDs Filmhighlights der letzten zwölf Monate (den letzten „Hobbit“-Teil exklusive, da mir als Fanboy eine Bewertung kaum möglich erscheint)….

 

 

Guardians Of The Galaxy“ (2014)

18b149286ca6f2920e017bd5d2ffcbf5Ein mit mehr Glück als Verstand ausgestatteter Mensch, ein in verführerisches Grün getauchter weiblicher Killer-Cyborg, ein Kopfgeldjäger-Duo bestehend aus einem vorlauten Waschbären und einem äußerst wortkargen Baummenschen und ein auf Blutrache sinnender muskelbepackter, volltätowierter entflohener Sträfling mit wohlgewähltem Wortschatz – dass solch‘ eine Bande den auch sonst nicht eben wenig kreativen Köpfen der Marvel-Studios entspringt, ist freilich keine all zu große Überraschung. Dass „Guardians Of The Galaxy“ am Ende des Filmjahres 2014 aber ein derart großer Erfolg sein würde, der selbst die „Avengers“ in den Schatten stellt, war keineswegs selbstläuferisch abzusehen. Denn etwas spinnert kommt die Storyline schon daher. Das Beste: selbst dort weiß James Gunns (vorher u.a. „Dawn Of The Dead“, „Super – Shut Up Crime!“, „Scooby Doo“) Regiestück irgendwie zu überzeugen.

Peter Quill (Chris Pratt), der als Kind in den späten Achtzigerjahren von der heimischen Erde entführt wurde, hält sich für den größten Outlaw der Galaxie und nennt sich hochtrabend „Star-Lord“. Doch nachdem er eine geheimnisvolle Kugel gestohlen hat, steckt er plötzlich so richtig im Schlamassel, wird er doch das Opfer einer unerbittlichen Kopfgeldjagd. Ronan the Accuser (Lee Pace) hat es auf das von Quill auf einem Wüstenplaneten entwendete Artefakt abgesehen und nichts Gutes damit im Sinn – die Ziele des mächtigen Bösewichts bedrohen nicht weniger als die Sicherheit des gesamten Universums! Um dem hartnäckigen Ronan und seinen Schergen zu entgehen, ist Quill gezwungen, einen nicht gerade einfach einzuhaltenden Waffenstillstand mit einem Quartett von ungleichen Außenseitern einzugehen. Dazu gehören der waffengeile Waschbär Rocket (im englischen Original gesprochen von Bradley Cooper), der ebenso wortkarge wie gutmütige Baummensch Groot (hier lieh Von Diesel Groots wiederholten Onelinern seine Stimme), die gleichsam tödliche und rätselhafte grüne Cyborg-Grazie Gamora (Zoë Saldaña) und der rachsüchtige entflohene Sträfling Drax the Destroyer (Dave Bautista). Als Peter dann die wahre, äußerst gefährliche Macht der begehrten Kugel kennenlernt, muss er sein Bestes geben, um die vom Schicksal zusammengewürfelten Rivalen für einen letzten, verzweifelten Widerstand zur Rettung der Galaxie zu vereinen…

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Am Ende der äußerst unterhaltsam und kurzweilig geratenen 120 Minuten weiß man gar nicht, was man am neusten – und bislang besten – Zelluloidwerk der Marvel-Studios (u.a. „The Avengers“, „Thor“, „Hulk“, „Iron Man“) zuerst loben soll: Den Mut, eine derart abgefahrene und selbstverliebt mit SciFi-Nostalgie-Zitaten spielende Storyline aufs Kinopublikum loszulassen? Die schiere Masse an Witz, die beinahe jede der dazu auch noch actionreichen Minuten versprüht? Den Unterhaltungswert, den diese gelungene Hauptfigurenkonstellation („I Am Groot!“ als Filmzitat des Jahres? Nehmich!) bietet? Die dazu noch tolle 3D-Umsetzung? Die Comic-Adaption „Guardians Of The Galaxy„, welche bereits in den ersten drei Monaten seit ihrem Kinostart im August mehr als 750 Millionen US-Dollar eingespielte, hat – dies ist zumindest meine bescheidene Meinung – im Grunde alles, was Popcornkino 2014 im positivsten Sinne ausmachen sollte. Macht unterm Schlussstrich nah dran an „perfekt“ und meinen persönlich unterhaltsamsten Film des Jahres. „I Am Groooooooot!“

 

 

 „Stereo“ (2014)

stereoIns ländliche Idyll, mitten ins Wald-und-Wiesen-Nirgendwo, hat sich Erik (Jürgen Vogel) zurückgezogen. Er betreibt eine kleine Motorradwerkstatt, die freie Zeit verbringt er mit seiner neuen Freundin Julia (Petra Schmidt-Schaller) und deren kleiner Tochter. Doch diese scheinbar heile Welt aus Vater-Mutter-Kind findet ein jähes Ende, als der mysteriöse Henry (Moritz Bleibtreu) auftaucht und sich rücksichtslos in Eriks Leben drängt. Damit aber nicht genug. Bald melden sich weitere zwielichtige Gestalten, eiskalte Verbrecher, die vorgeben, den vermeintlich freundlichen Mechaniker zu kennen und ihn auffordern, alte Schulden zu begleichen. Erik zweifelt an seinem eigenen Verstand, denn einerseits kann scheinbar nur er Henry wahrnehmen, andererseits haben diese „Schulden“ so gar nichts mit ihm zu tun. Oder doch? Und: er muss handeln – ob er will oder nicht.

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Vor dem Hintergrund des deutschen Kinos mag die Behauptung wohl erst einmal mutig erscheinen, aber: „Stereo“ ist ein Biest von einem Thriller. Einerseits mutet die zweite Filmregiearbeit von Maximilian Erlenwein („Schwerkraft“) wie der deutsche Bastard aus David Finchers monumentaler Kapitalismus-Apokalypse „Fight Club“ und „Face/Off – Im Körper des Feindes“ an, denn ebenso wie Brad Pitt und Edward Norton (in „Fight Club“) beziehungsweise John Travolta und Nicolas Cage (in „Face/Off“) liefern sich Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu ein mit viel fiebrigen Wahnfantasien geführtes böser Alter Ego-Duell, dessen Ausgang wohl nur die Wenigsten erahnen. Beide liefern in ihrem ersten gemeinsamen Film, dessen Drehbuch Erlenwein sowohl Vogel als auch Bleibtreu im wahrsten Sinne auf den Leib geschrieben hat, gewohnt großartige Leistungen ab, sodass der kundige Freund deutschen Genre-Kinos, das beide Schauspieler seit Jahren mit nicht selten großen und mutigen Leistungen füllen (etwa Vogel in seiner Rolle als Vergewaltiger in „Der freie Wille“ von 2006, für die er mit dem Silbernen Bären der Internationalen Filmfestspiele Berlin ausgezeichnet wurde), voll auf seine Kosten kommen wird. Allein dass der Regisseur in seiner Hommage an den Hollywoodklassiker „Mein Freund Harvey“ (1950), in dem James Stewart mit einem imaginierten menschengroßen Hasen spricht, etwas zu zwanghaft versucht, mit immer unglaublicheren Wendungen zu überraschen, und dabei Milieu- und Charakterzeichnungen etwas außer Acht lässt, kann man dem Film ankreiden. Ein recht düsterer Mindfuck mit Vogel und Bleibtreu entschädigt aber in jedem Falle auch hierfür.

 

 

Gone Girl – Das perfekte Opfer“ (2014)

Gone-Girl-DE-PosterNorth Carthage, Missouri. Amy Dunne (Rosamund Pike) verschwindet an ihrem fünften Hochzeitstag spurlos. Alle Indizien rücken den Ehemann Nick Dunne (Ben Affleck) ins Zentrum der mutmaßlichen Straftat, sein eigenartiges Verhalten trägt zu den sich mehrenden Verdachtvermutungen seiner Umgebung und der Medien nicht unwesentlich bei. Eigentlich galt er in ihrer Heimatstadt als perfekter Ehemann und die beiden als „nette, junge Nachbarn von nebenan“, doch mit dem Fortgang der polizeilichen Ermittlungen wird klar, dass dieses Bild zwar nur allzu trügerisch und oberflächlich war, doch auch Amy, Nicks verschwundene Ehefrau, nicht die sanfte Person gewesen zu sein scheint, die ihre Umgebung kannte. Mit dem Fund von Amys Tagebuch und einer mysteriösen, silbernen Geschenkbox, die sich gut versteckt in ihrem Schlafzimmer befand und offensichtlich geleert wurde, geraten die Ermittler in einen Strudel aus Lügen und Täuschungen. Doch während die gesamte Kleinstadt an der zerstörten Illusion einer perfekten Ehe zu verzweifeln droht, beteuert Nick weiterhin ebenso standhaft wie verzweifelt seine Unschuld…

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Kann David Fincher enttäuschen? Nun, mit „Gone Girl“ fügt er seiner ohnehin schon beeindruckenden Regie-Vita – „Alien 3“ (1992), „Sieben“ (1995), „The Game“ (1997), „Fight Club“ (1999), „Panic Room“ (2002), „Zodiac – Die Spur des Killers“ (2007), „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ (2008), „The Social Network“ (2010), und „The Girl With The Dragon Tattoo“ (2011) – einen weiteren großartigen Film hinzu. Klar gerät auch die Adaption des Bestseller-Thrillers aus der Feder von Gillian Flynn mit satten 150 Minuten nicht eben kurz – unter zwei Stunden und mal eben kurz und knackig geht eben nicht mit dem 52-jährigen Regisseur. Dafür überzeugt der Film mit derart wuchtigen Storytwists, dass schon bald nicht mehr klar ist, wer hier Täter ist und wer Opfer. Außerdem erneut an Bord: Nine Inch Nails-Mastermind Trent Reznor und Atticus Ross, welche sich zum dritten Mal seit „The Social Network“ (damals gabs für beide ja zurecht eine Oscar-Auszeichnung) gewinnbringend für den Soundtrack eines Fincher-Zelluloidwerks verantwortlich zeichnen, sowie „How I Met Your Mother“-Darling Neil Patrick Harris, der als Amy Dunnes irrer Ex-Freund Desi Collings beweist, dass sein Schauspiel eben deutlich mehr her gibt als den „ewigen Barney Stinson“. Und ich mag mir nicht helfen: Ben Affleck, der in Kürze als neuer „Batman“ auch den schwarzen Ritter mit seit jeher fehlender Schauspielkunst mutmaßlich zugrunde richten wird, wirkt in seiner Rolle als von allen Seiten attackierter Ehemann reichlich hilf- und haltlos. Aber wer Fincher, dieses alte, detailversessene Regieass, diesen Künstler und Großmeister der cineastischen Wendungsführung, kennt, den würde auch nicht verwundern, wenn selbst das eventuell ja im Drehbuch auch so vorgesehen war… Auf eine erste echte Enttäuschung durch Fincher durfte man also auch 2014 nicht wetten.

 

 

Auch toll…

Her-poster-417x586Her“ (2013)

Joaquín Phoenix verliebt sich in Spike Jonzes neustem SciFi-Märchenstreich, in dem der eh schon längst auf Charaktere abseits der Spur abonnierte Hollywood-Schauspieler den introvertierten, beziehungsgescheiterten Liebesbriefschreiber Theodore Twombly ein schnauzbärtiges Teddybärimage verleiht, in Scarlett Johansson – oder besser: in deren Stimme. Denn „Samantha“ ist in gar nicht allzu fern erscheinender Zukunft eben nicht aus Fleisch und Blut, sondern lediglich ein durchaus menschliches AI-Computerprogramm, das Menschen wie Twombly über ihr traurig-tristes Alleinsein hinweg helfen soll… Verträumt, dramatisch, märchenhaft und in schönen, weichen Bildern – all das geht bei Jonze Hand in Hand. „Her“ ist da nur der neuste Beweis.

 

DBCOS_156_V7Dallas Buyers Club“ (2013)

Keine Frage, sowohl der diesjährige Oscar als „Bester Hauptdarsteller“ für Matthew McConaughey als auch der des „Besten Nebendarstellers“ für Jared Leto gehen absolut in Ordnung, denn beide spielen in Jean-Marc Vallées aktuellem Film „Dallas Buyers Club“ sprichwörtlich um ihr Leben – McConaughey als mit HIV infizierter Redneck Ron Woodroof, Leto als an AIDS erkrankte Transferau Rayon, beide (anfänglich) mehr vom Schicksal aneinander gekettet als von irgendwelchen Idealen und Wertvorstellungen. Umso bewegender sind ebenjene zwei Stunden für den Zuschauer, sodass am Ende wohl kaum ein Auge trocken bleiben wird. Das, ja das vermag nur wahre Schauspielkunst…

 

charles_bradley_soul_of_america_xlgCharles Bradley: Soul of America“ (2012)

Ein neuer Interpret, das alte Lied: Ein nur allzu böser Wink des Schicksals (ihr wisst schon: die „falsche Zeit“, der „falsche Ort“) verhindert zu unrecht, dass ein im Grunde grandioser Künstler eine faire Chance erhält. Dass diese durchaus prädestinierte Hollywood-Drehbuchidee eben nicht aus den imaginativen Traumfabriken von Los Angeles stammen muss, sondern sich tatsächlich so noch und nöcher und bereits zigtausendfach in US-amerikanischen Groß- und Vorstädten abgespielt hat, haben bereits die beiden preisgekrönten und nach wie vor absolut sehenswerten abendfüllenden Musik-Dokumentationen „Searching For Sugar Man“ und „A Band Called DEATH“ bewiesen (beide Stories trugen sich kurioserweise in Detroit zu). Mit „Charles Bradley: Soul of America“ kommt nun eine weitere hinzu. Dabei ist weniger ausschlaggebend, wie Regisseur Poull Brien die Geschichte des heute 66-jährigen R&B- und Soul-Sängers, der in Armut im New Yorker Stadtteil Brooklyn aufwuchs, mehrfach und an verschiedenen Orten seinen Durchbruch als Sänger suchte, immer abgewiesen wurde und schließlich als sich als billig-günstiger James Brown-Imitator und mit Gelegenheitsjobs durchschlagender Nobody fast jede Hoffnung verloren hatte, bevor ihm vor wenigen Jahren – Charles Bradleys fabelhaftes Debütalbum „No Time For Dreaming“ erschien 2011 (!) – doch noch der verdiente Durchbruch gelang. Es gibt sie noch, die Gerechtigkeit – in einer Welt, in der tausend kleine Justin Bieber-Klone aus ihren Elfenbeintürmen stürzen, vor deren Toren so liebenswerte, herzenswarme – und an all dem Unrecht nie verbitterte – wahre Charaktere wie Bradley warten. Sie kommt spät, die Gerechtigkeit, aber es gibt sie. Karma, Baby. Ansehen, unbedingt!

(Kleiner Tipp: in voller Länge gibt’s die Musikdokumentation hier bei Youtube…)

 

 

Rock and Roll.

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