
Dafür, dass sich die Truppe um die bemerkenswerte Sängerin Lena Woods bereits 2015 gegründet hat, haben es Nobody’s Cult in Sachen Studiobesuche bisher erstaunlich ruhig angehen lassen. 2017 ließ das Vierergespann aus dem französischen Rouen mit „Echoes From The Temple“ mal mit einer EP aufhorchen, zwischendurch gab’s hin und wieder eine Single, um die Hörerschaft bei Laune zu halten. Mit einem vollwertigen Album haben Nobody’s Cult aber bisher auf sich warten lassen. Umso schöner, dass im Juni endlich ihr Debüt-Langspieler „Mood Disorders“ das Licht der Musikwelt erblicken durfte…
Auf diesem zeigt sich die Band noch ein wenig auf der Suche. Der Opener „The Finish Line“ lockt zunächst mit stampfendem Garage Rock, der an The Dead Weather erinnert. „Everyone is someone else’s fool / Everyone is someone else’s freaking tool“, klagt Frontfrau Lena Woods auf einer Basis aus pulsierendem Bass, bevor ein schwerfälliges Schlagzeug den Rhythmus an sich reißt. Das folgende „Radio“ nimmt Tempo auf und hinterlässt eher einen zarten Hauch Queens Of The Stone Age, als an die angenehme Schwere der Eröffnungsnummer anzuschließen. „Freak Out“ setzt mit punkigem Gemüt und leicht überdrehtem Gesang auf Riot-Grrrl-Vibe, „Swan Song“ zerfließt in langsamem, düster-verruchtem Tempo, „Feel Blue“ sowie dessen an der Étretat-Küste in der Normandie auf 16mm-Flim gedrehtes Musikvideo versprühen bittersüße Nostalgie. „Nothing On Me“ könnte in einem anderen Kosmos auch ein Blues Pills-Song sein und sticht mit seinem walzenden Gitarrenriff und dem kraftvollen Gesang noch am ehesten aus der Masse an verschiedensten Stilistiken heraus. „Goodbye Honey“ und die Single „Hangover“ sind schließlich zackige Indie-Disco-Hits, die dem zuvor etablierten Blues- und Heavy Rock entgegenstehen. Zweiteres beginnt mit einem langsamen und zugleich lautstark pochenden Intro wie der typische Morgen nach einer durchzechten Partynacht, in der viel, eventuell gar zu viel Alkohol floss. “One hundred million shots blow up my brain / Each and every morning I reset the game” singt Lena Woods energisch im kraftvollen Refrain, bevor kurz darauf die nächste Strophe das Tempo wieder herunterfährt, ohne dabei jedoch an Lautstärke zu verlieren. Ganz im Sinne eines Hangovers bildet der Song so musikalisch geschickt zwischen Fuzz- und Heavy Rock die Stimmungsschwankungen am verhängnisvollen Morgen danach ab – perfekt eingefangen im dazugehörigen Musikvideo. Leider drückt sich das Quartett auf seinem Debütalbum geschickt um eine Antwort auf die Frage, wer sie denn nun sein wollen, denn alles in allem beweisen Nobody’s Cult mit „Mood Disorders“ zwar, dass sie verschiedenste Spielarten des Rock sicher und aus dem Effeff beherrschen, ihre eigene musikalische Identität hat bei dieser Vorführung technischen Könnens jedoch kaum eine echte Chance, in den Vordergrund zu treten.
Ein wenig erstaunt dass schon, denn Newcomer im klassischen Sinn sind die vier Franzosen keineswegs, immerhin fangen sie bereits seit nunmehr sechs Jahren in ihrer Musik eine Welt ein, die manchmal freundlich, manchmal aggressiv und jederzeit unberechenbar erscheint. In dieser Zeit haben Lena Woods, Vincent Fabert (Gitarre), Matteo Casati (Bass) und Grégory Jacques (Schlagzeug) gelernt, ihre Musik zu zähmen und im Dialog mit dem Publikum Abend für Abend neu zu entdecken. Denn erst auf der Bühne erwachen die Songs wirklich zum Leben, entwickeln sich im Laufe der Konzerte und finden schließlich ihre eigene Energie (wovon man sich aktuell anhand einiger Live Sessions auf YouTube überzeugen kann). Für die ganz besondere Note sorgt nicht nur der Gesang, sondern auch die oftmals eingesetzten verzerrten Harfenklänge der Frontfrau – ein besonderes Element, welches ja eventuell in Zukunft für etwas mehr Individualität in den Songs von Nobody’s Cult sorgen wird…
Rock and Roll.