
Müsste man die Musik von komparse in ein, zwei Worten beschreiben, dann würde es „himmelhohes Schluchzen“ wohlmöglich am besten treffen. Das liegt vornehmlich am Gesang von Bodo von Zitzewitz, der fast immer so klingt, als sei er gerade erst verlassen worden. Jemand, der versucht, all seinen Frust, all seine Wut in galgenhumorige Worte zu packen und dabei irgendwann mit leicht brüchiger Stimme in Tiraden verfällt, den Tränen nahe und irgendwie aus dem letzten Liedermacherloch pfeifend. Kombiniert mit verzerrten Gitarren und scheppernden Drums würde hier gewiss astreiner Emopunk herauskommen, doch der Kölner Musiker wählt eine ganz andere, deutlich dezentere musikalische Verpackung: Das rhythmische Fundament besteht aus reduzierten elektronischen Beats und knarzigen Bässen, den warmen Kontrast dazu bilden repetitive Akustikgitarrenpickings, aufgelöste E-Gitarrenakkorde, Harmonium-, Bläser- oder Synthieflächen sowie Glockenspielklänge, welche im Gros allesamt für eine wohlig-melancholische Atmosphäre sorgen. Das Ergebnis ist ein Singer/Songwriter-Indietronic-Sound par excellence.
„Minimalistische Hymnen. Dem Alltag entrissen und gewidmet. Sie kommen und gehen, diese Songs, aus dem Nichts, wie die Momente, die sie vertonen.“ (Christoph Schrag – Radio Fritz)
Und obwohl nur die wenigsten bereits Wind von diesen gar nicht mal so üblen Songs bekommen haben dürften, existiert komparse schon seit geraumer Zeit: seit 2010 zunächst als Solo-Projekt, dann als Trio in der Besetzung Bodo von Zitzewitz (Gitarre, Gesang), Christoph Ohrem (Harmonium, Synthie) und Andy Hafner (Beats, Glockenspiel), und nun, nachdem von Zitzewitz nach einer Reihe von EPs seine beiden Mitstreiter abtrünnig wurden, irgendwie wieder als notgedrungene One-Man-Show. Freilich gibt es vor allem in puncto Gesang gleich ein paar Namen, die sich als Referenzen geradezu aufdrängen: ClickClickDecker, Gisbert zu Knyphausen, Niels Frevert oder Moritz Krämer (und seine Höchste Eisenbahn) etwa. Ein Umstand, den Bodo von Zitzewitz auch gar nicht von der Hand weisen möchte: „Mich freut der Vergleich, aber in der deutschsprachigen Musik gibt es oft einen gewissen Sprachduktus. Die Wörter sind lang und ab einer bestimmten Anzahl entsteht etwas Sprechgesanghaftes. In der englischen Sprache ist es hingegen viel getragener.“
Und obwohl die Musik wie gemacht scheint für missmutige Hände-in-den-Taschen-Spaziergänge durchs nasskalte Dezemberwetter, möchte der Indie-Liedermacher seine Texte gar nicht allzu negativ verstanden wissen: „Vieles ist einfach ein Ventil für Sachen, die einen schlicht nerven, oder Sachen im Kopf, die ein bisschen Ordnung brauchen – ein menschliches Grundbedürfnis.“ Wobei es ihm wichtig ist, weg von den Befindlichkeiten, hin zu den Geschichten zu kommen: „Am Ende ist das Spannende, was jemand anderes aus dem Text macht und wie er ihn versteht.“ Das kann man nun auch auf dem unlängst erschienenen neuen Album „Der Letzte seiner Art„, dessen Titel eine Hommage an den Science-Fiction-Roman des deutschen Autors Andreas Eschbach in sich trägt, nachhören. Und Bodo von Zitzewitz wünschen, dass aus komparse und all diesen feinen Hadern-mit-der-grauen-Welt-Songs nun endlich und baldigst mehr wird als einer der jahrelang bestgehütetsten deutschsprachigen Geheimtipps…
Rock and Roll.