Auf dem Radar: Flora Cash


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Es waren einmal eine Schwedin und ein US-Amerikaner, die beide mit Leidenschaft Musik machten. Sie teilten ihre Songs über Soundcloud und stießen irgendwann – dem Word Wide Web sei Dank – auch auf die kreativen Ergüsse des jeweils anderen. Aus gegenseitiger Bewunderung wurde ein loser Kontakt und dann ein erstes Treffen, gemeinsame Musik und ein Jahr später gar eine Hochzeit. Was sich lesen mag wie ein modernes Internet-Märchen, bei dem sich ein findiges Soap-Opera-Team mit Schlafmangel und Koffeinüberschuss wild ausgetobt hat, ist tatsächlich die gemeinsame Geschichte von Shpresa Lleshaj und Cole Randall, die seit 2012 Partner sind – sowohl musikalisch als auch romantisch. Als Duo wählen die Dame aus Stockholm und der Herr aus Minneapolis den zwar kryptischen, jedoch dennoch stylish-vielsagenden Namen Flora Cash und veröffentlichen noch im selben Jahr eine erste gemeinsame EP titels „Mighty Fine“ – eine Fusion aus Folk, Country und Singer/Songwriter-Pop auf drei durchaus ansprechenden Songs. Dabei überzeugen Shpresa und Cole jeweils mit starken Einzelstimmen, die sich in bester Fleetwood Mac-Manier (Stevie Nicks! Lindsey Buckingham!) abwechseln oder im Duett übereinander legen. Neu mag diese Idee mit all ihren weiteren Beispielen von The Civil Wars über Angus & Julia Stone, Isobel Campbell und Mark Lanegan oder jüngst Lola Marsh zwar kaum sein, jedoch seit Jahr und Tag recht erfolgreich.

Bis zur nächsten EP „Can Summer Love Last Forever?“ lässt man sich immerhin vier Jahre Zeit, in denen die beiden mit weiteren Singles an der richtigen Indie-Pop-Melange feilen. Dafür geht es dann Schlag auf Schlag: 2017 erscheint das Debütalbum „Nothing Lasts Forever (And It’s Fine)“. Bereits der Titel legt schon nahe: Flora Cash beschäftigen sich eingehend mit zwischenmenschlichen Beziehungen, ganz besonders natürlich mit romantischen. Dieser Themenkosmos wird mal mit gezupften akustischen Gitarren vertont, die man – ja klar – vor dem Folk-Background der beiden erwarten kann, aber auch für große Dramatik- und Pathos-Bühne mit Streichern und schallenden Drums haben Flora Cash ein Faible – Lana Del Rey und ihre bittersüß-sepiafarbenen Californian Sixties’n’Seventies lassen nett grüßen…

Man höre etwa…

Gerade in der heutigen – vor allem im Musikgeschäft – oft schnelllebigen Zeit, welche selbst aktuell (Jung-)Stars wie Billie Eilish im Zweifel schnell fressen wird, als man „kontemporäre Eintagsfliege“ buchstabieren kann, könnte man meinen, dass Flora Cash mit jenen ersten Veröffentlichungen bereits den persönlichen Stil-Zenit erreicht hätten, aber ihre größten Hits landet das Duo danach, vor allem nach Aufritten in James Cordens „The Late Late Show“ (im Jahr 2018) sowie mit der im letzten Jahr erschienenen, fünf Songs starken „Press EP“. Mit den schweren Klavierakkorden von „I Wasted You“ und „They Own This Town“ gibt es einmal mehr Melancholie und Dramatik im Pop-Gewand, doch vor allem „You‘re Somebody Else“ ist dann der Song, der so richtig einschlägt. Der Folk-Blueprint trifft auf Rhythmen aus der Drum-Machine, während Cole sich mit seiner Kopfstimme an Justin „Bon Iver“ Vernon orientiert und eine Person besingt, die er nicht wiedererkennt. Das Video zum Song sammelt fleißig Millionen von Klicks auf YouTube und trotzdem geht das Duo für diesen Erfolg keine musikalischen Kompromisse ein, im Gegenteil: In der Bridge stottert Coles Stimme rückwärts und beweist einiges an Experimentierfreude.

Obendrein funktioniert der Song auch in reduzierter Form:

Auch danach geht es für Flora Cash im großen Format weiter: Mit „Missing Home“ wünscht man sich von den Tourbühnen in die heimischen vier Wände und landet einen weiteren (Mini-)Hit, mit „Born In The Slumber“ platziert man einen Song auf dem Soundtrack für das erfolgreiche Blockbuster-Konsolen-Spiel „Death Stranding“. Gerade letzteres Stück deutet an, was auch die Single „You Love Me“ bestätigt: Die gemeinsame Reise geht weiter in Richtung gefühligen Synthesizer-Pop.

81BKOfbofaL._SY355_Das Tasteninstrument kommt auf den Neulingen von Flora Cash mehr denn je zur Geltung und leiten „You Love Me“ dröhnend ein. Zu den Synthie-Klängen passt auch der verschleppte, gewichtige Schlagzeug-Rhythmus, der an den Dream-Pop von Bands wie Beach House erinnert. Inhaltlich verhandelt das schwedisch-amerikanische Paar ein komplexes romantisches Thema: Man fühlt sich nicht gut genug für die andere Person, wünscht ihr etwas Besseres, aber die Liebe ist zu stark, um loszulassen. Die beiden Strophen zeigen auf spannende Weise, wie verschieden die Stimmen von Cole und Shpresa sind, nur um dann in der Hookline trotzdem wieder mit gemeinsamen Harmonien aufeinander zu treffen. Mit „Born In The Slumber“, „You Love Me“ oder dem wunderbar aufs Nötigste reduzierten Pop-Song „Honey Go Home“ haben Flora Cash ihren – vermeintlich – bisher wohl größten musikalischen Sprung gewagt, nun bleibt abzuwarten, ob es mit dem dieser Tage erscheinenden zweiten Langspieler „Baby, It’s Okay“ weiter in diese elektronische Richtung oder zurück zum Folk-Sound geht…

 

 

Rock and Roll.

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