„The Birdman“ – Ein Archivar, Messie und Musikjunkie stemmt sich gegen die Zeichen der Zeit…


The BirdmanIst das noch Zufall? Schrieb ich noch wenige Zeilen weiter unten von der aussterbenden Gattung des altmodischen Musiknerds, so machte mich der feine Blog Schallgrenzen heute auf die preisgekrönte Kurzfilm-Dokumentation „The Birdman“ aufmerksam…

Darin begleitet der Filmemacher Jessie Auritt den „Birdman“ durch seinen Alltag. Denn der schrullige alte Mann mit Buckel und grantiger Gesichtsstruktur gehört als Besitzer und Betreiber eines kleinen Plattenladens im New Yorker East Village längst selbst einer aussterbenden Art an. Doch aufgeben? Niemals!

Doch sein Laden mit dem unscheinbaren Namen „Rainbow Music 2002“ ist selbst im Big Apple etwas Besonderes. Dabei sieht von außen noch alles ganz normal aus. Jeden Morgen folgt der „Birdman“, der sich seinen Spitznamen vor Jahren durch seinen hohen Konsum von Geflügelfleisch verdient hat, einer festen Routine: Den Eingangsbereich vom groben Schmutz der letzten Nacht säubern (heißt: Müll und Papierschnipsel werden galant zum nachbarischen Laden herüber gekickt), die Rollläden hochziehen, die Ladentür aufschließen. Im Inneren erwartet ihn, der in jungen Jahren – kaum vorzustellen – einer dieser Finanzhaie im Wall Street-Dschungel war und mit 35 Jahren genug Geld gemacht hatte, um in Ruhestand zu gehen, das tagtäglich gewohnte Bild: im vorderen Ladenbereich stapeln sich mehr als 100.000 CDs, LPs, DVDs und Musikkassetten, im hinteren Bereich müssen es – insofern man den Aussagen des „Birdman“ trauen mag – noch einmal über 20.000 Tonträger sein. Ein entspanntes Stöbern schließt sich für die Besucher, die dann und wann noch den Weg in den kleinen Plattenladen in St. Mark’s finden, bei diesen Bergen an Musikalien, die über die Jahre zusammengekommen sind, von vornherein aus – und sobald sich mehr als ein Interessent im „Rainbow Music 2002“ befindet, wird’s eng… Stattdessen nennt man dem „Birdman“ den gesuchten Interpreten, und der wunderliche Alte, der weder einen Computer noch ein Mobiltelefon – geschweige denn ein Ordnungssystem – besitzt, begibt sich auf die Suche (und bittet den Gast dann schonmal, später wieder zu kommen). Mittlerweile hat sich der zum Messietum neigende Nostalgiker selbst in der Millionenmetropole einen Namen gemacht und hat den ein oder anderen gleichsam wunderlichen Stammkunden, dem er immer wieder gern in monotonen Sätzen von einer Zeit erzählt, in der es in der Gegend noch nicht von den immergleichen Schilderwald aus „Starbucks“, „Dunkin‘ Donuts“ oder „Subway“’s wimmelte… Längst haben auch viele Plattenlädenkonkurrenten die Segel streichen müssen. Doch er? Hält unbeugsam weiter durch, sitzt zwischen bedrohlich hohen Bergen und Türmen musikalischer Kulturgeschichte und wartet auf Kundschaft. Bis dass der Mietvertrag sie scheidet…

birdman

 

 

Rock and Roll.

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